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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe
Autoren: Arto Paasilinna
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rühmte die Französinnen als außerordentlich nette Frauen.
    Die Stimmung war so aufgeladen, dass Seppo Sorjo­ nen Proviant in ein Boot packte und seiner Braut zur Versöhnung einen Ausflug vorschlug. Inmitten des Sees, in Rufweite, befand sich die Insel Rimmenmaa, dort wollte er ihr die Situation erklären.
    Auf Rimmenmaa ging es hoch her, Sorjonen lernte erstmals die galligen Seiten seiner Braut kennen. Seine Überredungskünste wurden auf eine harte Probe ge­ stellt.
    Frieden und Eintracht konnten schließlich zwar wie­ derhergestellt werden, doch darüber verging der ganze Tag. Zum Glück hatte Sorjonen Proviant mitgenommen. Er grillte leckere Fleischspieße über dem Feuer und bot sie Irmeli beflissen an. Er breitete eine Decke auf dem Moos aus und ließ sie darauf Platz nehmen. Er servierte ihr Kaffee und versicherte sie seiner Treue.
    Der Tag war wunderschön. Weiße Wölkchen wander-ten über den blauen Sommerhimmel. Auf dem sanft gewellten See trieben Schaumkronen. Die Möwen kreischten, im Schilf schwamm eine Wildentenmutter mit einer Schar flaumiger Küken.
    Irmeli Loikkanen lag auf der Decke und mochte nicht mehr beleidigt sein. Sie begann zu verstehen, dass in Österbotten manchmal auch Ausländer unterwegs waren, zumal jetzt in der Touristensaison. Und wenn diese zufällig Frauen waren und Hunger hatten, so musste das nicht notwendigerweise zu irgendwelchen Ausschweifungen führen.
    Ein Sommertag ist lang und die Versöhnung süß. Das Liebespaar blieb bis in die Nacht auf der Insel. Die bei­ den planten ihre gemeinsame Zukunft, badeten, aßen Fleisch, vergnügten sich auf dem Moosbett. Als sie auf dem Rücken lagen und den Wolken am blauen Himmel zuschauten, erzählte Sorjonen seiner Irmeli von der Zerstörung des Mäkitalo-Hofes und von Taavetti Rytkö­ nen, der ein gewinnender alter Herr war. Vorige Woche sei er während der Bullenjagd plötzlich stehen geblieben und habe das Elchgewehr auf die Erde geworfen. Er sei zu ihm, Sorjonen, gekommen und habe verlangt, dass dieser sich Notizen mache über seine Idee zur Lösung der Energieprobleme der Welt.
    »Manchmal haben Leute mit Demenz bemerkenswerte Einfälle.«
    Sorjonen erklärte Rytkönens Idee: Diese basierte auf der Anziehungskraft der Erde, beziehungsweise auf der Anziehungskraft, die von der Sonne ausgeht und die Schwerkraft genannt wird. Wenn die Erdkugel um die Sonne kreist, müsste nur ihre unerschöpfliche und gewaltige Bewegungsenergie durch geeignete Methoden für die Industrie nutzbar gemacht werden. Anstelle der gedachten Erdachse sollte eine wirkliche Achse veran­ kert werden, die über Zahnräder mit einem Kraftwerk verbunden wäre. Wenn sich die Erdkugel dreht, würde die Achse die Zahnräder bewegen, und diese wiederum würden Turbinen in Kraftwerken antreiben. Dadurch würde mehr Strom erzeugt, als die Menschheit benötigt. Solche Achsen könnte man an geeigneten Stellen auf den einzelnen Kontinenten anbringen, jedoch nicht am Äquator, denn dort drehe sich die Erdkugel ja nicht. Je nördlicher das Kraftwerk gelegen wäre, desto größer wäre der Nutzen.
    Irmeli dachte gründlich über die Idee nach. Für Physik hatte sie sich nie sonderlich interessiert, doch sie wollte vor ihrem Bräutigam auch nicht dumm dastehen.
    »Ein solches Kraftwerk hätte zumindest den Vorteil, dass es nicht zur Umweltverschmutzung beitragen würde, wenn es die Energie nur aus der Bewegung der Erdkugel bezieht.«
    Dann erwachte ihre Besorgnis: »Aber wenn nun die Erde aus ihrer Bahn gerät, weil die Achse zu sehr bean­ sprucht wird?«
    Sorjonen beruhigte sie: »Das braucht man nicht zu befürchten, die Erdkugel ist ja so schwer, dass sie das alles aushält. Rytkönen sagte, die Erfindung muss noch ein bisschen weiterentwickelt werden. Man muss im Weltall einen stabilen Fixpunkt finden, an dem man die Anziehungskraft der Erde festmachen kann.«
    »Er als Vermessungsrat wird diesen Punkt schon fin-den«, vermutete Irmeli Loikkanen.
    »Sicherlich, wenn er es nur nicht vergisst.« Die beiden kehrten erst spät in der Nacht auf die Fäh­
    re zurück. Sie ruderten leise plätschernd über eine Mondbrücke, allein mit der Zeit, und lauschten dem traurigen Schrei eines Brachvogels. Im Lager schliefen bereits alle: die Französinnen in ihrer doppelwandigen Hütte, Rytkönen in der einen Ecke des Zeltes und das Ehepaar Mäkitalo in dem breiten Krankenhausbett. Heikkis Gipsbein lag an Annas Hüfte. Ohne jemanden zu stören, krochen die Brautleute in den
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