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Sieben Suenden

Sieben Suenden

Titel: Sieben Suenden
Autoren: Peter Bold
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Das Vorwort
     

     
    Vor einigen Jahren dachte ich, dass es doch sehr fein wäre, als Mentalist kein Arsenal an Blöcken, Tafeln, Zetteln und Clipboards zu präsentieren und statt krakeliger Schrift auf zerrissenen Zettelchen lieber Gedanken zu lesen. Nicht etwa, dass ich der Meinung gewesen wäre, Zuschauer würden ob meiner bunt gemischten Büroausstattung auf die widersinnige Idee kommen, ich sei gar nicht aus der Twilight Zone entsprungen, sondern nur ein simpler Trickser. Nein, ich bin einfach eine faule Sau und leide unter dieser seltenen Form von Gedächtnisverlust, die immer beim Packen meiner Requisiten auftritt. Man stopft stundenlang Zeug in seinen  Koffer und schleppt ihn quer durch die Welt, um dann zu bemerken, dass man heute doch keine Gedanken lesen kann, weil man zwar fünf Stifte eingepackt hat, aber nicht den mit dem lustigen, kleinen Magneten drin.
    Außerdem ist es auch total entspannend, am Flughafen nicht erklären zu müssen, warum in einem Schreibblock zwei Kilo feinste japanische Hardware eingebaut sind. Unter diesen Bedingungen fallen die meisten Methoden der  Mentalmagie leider flach. Blieb als Möglichkeit, die Einsamkeit des tibetanischen Hochgebirges aufzusuchen, um bei einem erleuchteten Meister die wahren Mysterien zu erlernen. Dafür muss man aber den weltlichen Freuden abschwören, Wickelröcke tragen und sein gesamtes Barvermögen der Sekte überlassen. Na, dann vielen Dank. Ich habe also meinen Kurs im rituellen Trommeln bei Jeff McBride storniert und mir lieber eine andere, tricktechnische Lösung ausgedacht. Freundlicherweise kann ich so nicht nur mein Geld behalten, sondern auch eine eigene Sekte gründen, den Zaster der Mitglieder einstreichen und selbst aussuchen, wer den Wickelrock tragen muss. Schon besser!
     
“Aber Peter, was hat dich denn nun davor bewahrt, Wein, Weib und Gesang auf ewig abschwören zu müssen?”
     
    Ich sag´s ja schon, es war das Progressive Anagramm. Weil die Idee so gut ist, hatten Sie auch schon ein paar andere Jungs. Zum ersten Mal wohl um 1920 Stanley Collins ( Non Pario Book Test ) später, unter anderen, auch noch Stewart James, Ray Grismer ( What´s My Sign ), Aaron Fisher ( Dead Presidents / Play Dough ), Michael Weber, Max Maven ( Contimental ) und Felix Farell. Meinen Dank für die Inspiration an diese Herrschaften und meinen ganz besonderen Dank an Florian Severin und Theresa Marx.
    Mit diesem Manuskript werdet nun auch ihr lernen, wie man Gedanken liest, ohne, dass eure Zuschauer irgendetwas aufschreiben, in Büchern nachschlagen oder eines von 25 in Folie eingeschweißten Kärtchen ziehen müssen, die man noch nirgendwo in der Welt der Menschen gesehen hat. Stattdessen geht es um Charakterzüge, die so interessant zu sein scheinen, dass die Kirche gleich auf die Idee kam, sie zu verbieten – die Sieben Sünden. Das Beste dabei: Ihr müsst euch nur sieben Wörter und eine Reihe aus sechs Buchstaben merken. Was sag ich, mit der Flow-Chart könntet ihr die Sünden sogar jetzt sofort am Telefon vorführen. Viel Spaß wünscht euch und eurem Publikum dabei.
     
     
    Peter Bold

Die Sünden
     
    Was sind denn nun eigentlich die Sieben Sünden? Das ist zum Glück für den Mentalisten eine ziemlich lange Geschichte, die im 4. Jahrhundert nach Christus damit begann, dass ein in Ägypten ansässiger Mönch namens Euagrios Pontikos auf die Idee kam, die acht Hauptlaster zusammenzufassen, mit denen man als Dämon einen armen Einsiedler vom rechten Weg abbringen kann. Ja, es waren mal acht und eigentlich sind es auch keine Sünden, sondern Laster, von denen sich Sünden ableiten können, aber lassen wir die theologischen Haarspaltereien für einen Moment beiseite. Wenig später wurde die Idee vom Religionstouristen Johannes von Masillia in den Westen eingeschleppt und setzte sich damit im lateinischen Sprachraum fest. Nach ungefähr 2 Jahrhunderten nahm sich dann der oberste Hirte, zur damaligen Zeit Papst Gregor der I., der Sache an und strukturierte die Liste ein wenig um. So kürzte er sie auf die heute noch gebräuchlichen sieben Sünden, indem er alte Sünden zusammenfasste und neue Sünden hinzufügte. Ihm haben wir es also zu verdanken, dass Traurigkeit jetzt doch keine Sünde mehr ist.
    Wie im damaligen Schriftverkehr üblich, wurde die Liste in Latein verfasst, weshalb wir heute beim Zusammenstellen des Anagramms einfach die am besten passenden Übersetzungen wählen können.
                               
     
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