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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe
Autoren: Arto Paasilinna
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Mäkitalo erlebte einen der glücklichsten Au­ genblicke seines Lebens.
    Aus Richtung der Wurstfabrik waren die Stimmen der anderen zu hören. Mäkitalo schloss die Augen und tat, als ob er schliefe.
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    Die Französinnen wurden auf der Fähre verständnisvoll und gastfreundlich aufgenommen. Als erste Maßnahme wurde ihnen Fleischbrühe verabreicht, dann zog »Dok­ tor« Seppo Sorjonen seinen weißen Arztkittel an und holte seine medizinischen Instrumente hervor. Die Teil­ nehmerinnen des Überlebenstrainings stellten sich in einer Reihe vor dem Krankenzelt an. Sorjonen unter­ suchte jede Hungerkünstlerin einzeln. Er stellte fest, dass alle Frauen jung und durchtrainiert waren, ihre Lungen waren in Ordnung. Ihr Puls beschleunigte sich während der Untersuchung allerdings ein wenig. Das Untergewicht war der einzige Missstand, der nach Be­ handlung verlangte. Sorjonen kam zu dem Schluss, die ganze Gruppe leide an Anorexia nervosa, krankhafter Essensverweigerung. Dafür hatte er in seinem Lazarett eine fast unerschöpfliche Menge an Gegenmitteln, näm­ lich Tausende Kilo bestes Fleisch, das hinter Leitbulle Eemeli durchs Moor zog.
    Es wurde beschlossen, das Lager der Französinnen ans Seeufer zu verlegen. Sorjonen und Rytkönen errich­ teten einen doppelwandigen Unterschlupf und überlie­ ßen den schwächsten und elendsten Frauen eines ihrer beiden Zelte als Krankenlager. Der Unterschlupf wurde mit Nadeln abgedeckt, und den Boden bedeckten sie mit dicken Schichten Laub.
    Sorjonen verordnete den Französinnen Bettruhe. Die beiden Männer vom Balkan bereiteten für die erschöpf­ ten Überlebenskünstlerinnen eine schmackhafte Will­ kommensmahlzeit zu.
    Girill Jugrazar und Georg Skutarin beschlossen, im großen Wasserkessel Güwetsch anzusetzen, einen bal­ kanischen Fleischtopf. Girill sagte, er bereite das Gericht nach alter herzegowinischer Klosterart zu. Es handelte sich um eine deftige balkanische Delikatesse, die die beiden Köche bestens geeignet fanden, um die ausge­ hungerten Französinnen wieder zu Kräften zu bringen.
    In den Topf kamen zunächst zehn Kilo bestes Rind­ fleisch wie Filet, Schulter und Sattel, alles in Würfel geschnitten, sowie drei Kilo grob gehackte Zwiebeln.
    Diese Zutaten wurden auf dem Boden des Kessels in zwei Litern Speiseöl und ein wenig Wasser angeschmort. Als das Fleisch angebraten war und die Zwiebeln gold­ gelb geworden waren, wurden hinzugefügt:
    1 Kilo geschnittene Paprika
    2 Kilo Tomaten
    2 Liter Erbsen
    1 Hand voll weißer Pfeffer
    1 Zopf gemahlener Knoblauch
    4 Liter Wasser
    3 Hand voll Salz
    Diese Zutaten wurden mit dem Fleisch vermischt und geschmort, und zwar so, dass das Fleisch knapp mit der kochenden Flüssigkeit bedeckt war.
    Kurz vor Ende der Garzeit wurden noch hinzugefügt: 2 Flaschen Weißwein
    1 Hand voll Rosmarin
    5 Esslöffel trockene Minze
    5 Lorbeerblätter
    In einem zweiten Topf wurden zehn Kilo Kartoffeln und drei Kilo Möhren gekocht.
    Die Mahlzeit wurde direkt aus dem Topf serviert: Die ausgehungerten Französinnen stellten sich in einer Reihe an, die balkanischen Köche füllten ihnen großzü­ gig die Teller, Rytkönen goss Schnaps in Pappbecher, Sorjonen schnitt Brot.
    Die Küche des Balkan wird nicht umsonst gerühmt. Dieses Güwetsch schmeckte köstlich, das Aroma war unvergleichlich gut, der kräftige Geschmack des Flei­ sches wurde durch die richtige Beimischung der Gewür­ ze hervorgehoben, das gute Öl und der edle halbtrocke­ ne Weißwein führten den Geschmack zur Vollendung. Das Essen war außerordentlich kräftig, es hatte ein wenig von der Wildheit des Gebirges, doch zugleich auch ein geradezu göttliches Aroma; zu Recht wurde es das Güwetsch nach Klosterart genannt.
    Als sich die knochigen Französinnen über diese über­ wältigende Delikatesse hermachten, lockerten sich ihre vom Hunger angespannten Gesichtsmuskeln zu einem euphorischen Lächeln, und die vor Entsagung glanzlo­
    sen Augen wurden feucht vor dankbarer Rührung. Sie aßen und aßen und dankten Gott für ihre Rettung. Sie waren dem Hungertod nahe gewesen.
    Von der ausgezeichneten Qualität des nach Klosterart zubereiteten Güwetsch zeugte auch die Tatsache, dass keine einzige der Französinnen, die dieses Festmahl genossen hatten, Magenprobleme oder Durchfall bekam. Das Essen war zwar sehr deftig, doch es war abgemil­ dert worden durch das gründliche Garen des Fleisches und geschicktes Würzen, wobei zu große Spannungen zwischen den einzelnen Gewürzen
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