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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten
Autoren: Juliet Marillier
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befand sich nichts, nicht ein einziger Vogel schwamm auf dem spiegelglatten Wasser. Ich blinzelte und rieb mir die Augen. Das Bild blieb, Gefieder wie eine Schneewehe im Winter, ein anmutig gebogener Hals, Augen so farblos wie klares Wasser und tief, so tief.
    Das hast du gut gemacht, Liadan. Es war die Stimme meines Onkels Finbar. Du bist eine Meisterin in diesen Dingen, und ich grüße dich.
    Du bist der Meister. Du hast mir alles gezeigt und beigebracht.
    Ich hätte nicht tun können, was du getan hast. Ich wäre nicht im Stande gewesen, die Dunkle herauszufordern und einen Mann, der an der Schwelle des Todes stand, zurückzuholen. Deine Kraft verblüfft mich. Dein Mut erstaunt mich. Ich werde mit großem Interesse weiter beobachten, welchen Weg du gehst – und welchen Weg er gehen wird. Vergiss mich nicht, Liadan. Du wirst mich brauchen, später einmal. Das Kind wird mich brauchen.
    Plötzliche Kälte überfiel mich. Wie meinst du das? Was siehst du?
    Aber draußen auf dem Wasser löste sich die wunderbare Gestalt des Schwans auf, das Weiß breitete sich über die Oberfläche aus und war verschwunden.
    ***
    Drei Tage später waren wir bereit, weiterzuziehen. Ich musste sehr streng sein und dafür sorgen, dass Bran aß und trank und sich ausruhte, denn wenn ich es zugelassen hätte, hätte er versucht, seinen Körper schon jetzt dazu zu zwingen, zu sein, was er vorher gewesen war, und das hätte katastrophale Folgen gehabt. Dennoch, er verschwendete keinen Augenblick. Wenn er sich ausruhen musste, war er immer noch mit Planen beschäftigt, gab Befehle und sehnte sich unruhig danach, wieder aufspringen und aktiv sein zu können. Was die Nächte anging, so schlief ich von ihm getrennt, obwohl es mir anders sehr viel lieber gewesen wäre. Ich teilte das Farnbett mit meinem Sohn, und Bran sagte nichts dazu. Ich war in jener Nacht mutig gewesen, mutig genug, um mich auszuziehen und seine Haut mit meiner eigenen zu wärmen. Nun war ich ein wenig verlegen, denn was zwischen uns war, war neu und zerbrechlich, und es waren viele Menschen in der Nähe. Außerdem kam es mir so vor, dass einige Dinge lieber warten sollten, bis er seine Kraft wiedergefunden hatte.
    Sie machten Pläne. Die Bande sollte sich in drei Gruppen teilen. Sie hatten viel zu tun. Otters Gruppe sollte mit einem Auftrag, über den nicht weiter gesprochen wurde, nach Süden ziehen. Schlanges Gruppe ging nach Nordwesten, nach Tirconnell. Unsere eigene Gruppe machte sich auf den Weg nach Norden, an den Ort, wo das Unternehmen schließlich stattfinden sollte, um einen Blick auf die Insel zu werfen, bevor die letzten Entscheidungen getroffen wurden. Wolf würde versuchen herauszufinden, wie zugänglich die Insel für Schiffe mit Baumaterial war. Möwe würde sehen, was an Hilfe in der Nähe zu haben war, und abschätzen, welchen Empfang die Ortsansässigen einem solchen Unternehmen bereiten würden. Zur verabredeten Zeit würden sich die anderen wieder mit uns treffen, und dann würden wir über die Zukunft der Bande entscheiden. Bran hatte deutlich gemacht, dass er nichts übereilen würde. Zu viel hing davon ab.
    Ich musste mich sehr anstrengen, ihn davon abzuhalten, nach Süden zu eilen, sobald er sich für fähig hielt, wieder in den Sattel zu steigen, und Blutrache zu nehmen. Ich hatte erklären müssen, welche Art Handel ich abgeschlossen hatte, um ihn und Möwe aus Sidhe Dubh herauszubekommen, und dass ich im Austausch für ihre Freilassung Schweigen versprochen hatte.
    »Ein Versprechen gegenüber einem solchen Menschen ist nichts wert«, sagte er zornig. »Nach dem, was er dir angetan hat, ist der Tod noch zu gut für ihn. Wenn ich mich nicht um ihn kümmere, werden es zweifellos dein Vater oder dein Bruder tun, sobald sie die Wahrheit erfahren.«
    »Sie werden sie nicht erfahren«, sagte ich. »Nicht von mir und nicht von dir oder Möwe oder irgendeinem dieser Männer. Diese Geschichte kann nicht erzählt werden. Ich habe Eamonn mein Wort gegeben, dass ich schweigen würde, und das mit gutem Grund. Er mag ein Mann sein, den seine Machtgier und seine Begierde dazu treiben, sich dem gegenüber, was richtig ist, blind zu stellen. Aber niemand kann abstreiten, dass er ein starker Anführer ist. Er ist wohlhabend, einflussreich und klug. Und er hat keine Erben – noch nicht. Wenn er jetzt umkommt, wird ein Machtkampf um sein Land stattfinden, der die Allianz in vollkommene Unordnung stürzt. Seamus Rotbart ist alt und sein Kind noch klein. Von allen
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