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Der silberne Sinn

Titel: Der silberne Sinn
Autoren: Ralf Isau
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Morgen mit der Post eingetroffen. Als Absender hatte sich ein gewisser Ken Frielander zu erkennen gegeben, der diesjährige Pulitzerpreisträger in der Kategorie »Dienst an der Öffentlichkeit«.
    Auf die enorme Wirkung seiner Enthüllungsstory angesprochen, versäumte es Frielander nicht, seinen Informanten zu danken, die bescheiden auf eine namentliche Nennung oder gar eine Co-Autorenschaft verzichtet hatten. Ansonsten zelebrierte die Los Angeles Times ihren Preisträger angemessen und fasste noch einmal die Höhepunkte des Artikels zusammen, dem er seine Auszeichnung verdankte.
    Ohne Frielanders Enthüllungen, begründete das Preiskomitee der Columbia University in New York seine Entscheidung, hätte es mit ziemlicher Sicherheit einen blutigen Bürgerkrieg in Russland gegeben. Dieser wäre keineswegs eine logische Folge der zunehmenden Destabilisierung im Herzen der ehemaligen Sowjetunion gewesen, sondern die kaltblütig geplante Konsequenz einer außer Kontrolle geratenen, streng geheimen CIA-Abteilung. Diese habe unter der Leitung von Jefferson H. Flatstone gestanden, der Gerüchten zufolge bei einer Expedition in Südamerika ums Leben gekommen sei. Der Chef von Stheno Industries, einer inzwischen Konkurs gegangenen Tarnfirma des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes, habe westlich von San Jose ein geheimes Labor betrieben, das nur ein Ziel verfolgte – die »kaskadierende Suggestion« möglich zu machen. Darunter verstehe man eine Form der Gefühlskontrolle, die sich der Gesetzmäßigkeiten der Massenhysterie bediente. Man habe eine kleine Gruppe russischer Terroristen emotionell so manipulieren wollen, dass sie eine Kettenreaktion auslösten, die zu dem besagten Bürgerkrieg führen solle.
    Inzwischen gelte der Fall als gelöst, weil die graue Eminenz des so genannten Stheno-Projektes, ein gewisser Sam Arthur Moltridge, Deckname Sam Iceberg, ein umfassendes Geständnis abgelegt habe. Bis vor einem Jahr leitete der Topagent unter dem Namen Stanley A. McFarell die Anthropologische Fakultät der Universität von Kalifornien in Berkeley. Als Kronzeuge trat gegen ihn unter anderem Lars Bellman an, der dem CIA fast drei Jahrzehnte lang als menschliches Versuchskaninchen gedient habe. Bellman sei der Vater von Professor Yeremi R. Bellman, die kürzlich durch die Entdeckung des Silbernen Volkes Furore machte. Sie sei es auch gewesen, die als Erste auf eine mögliche Verbindung zwischen MK-Ultra und früheren Gedankenkontrollprogrammen des CIA mit dem so genannten Medusa-Projekt Adolf Hitlers hingewiesen habe.
    Wie Frielander anhand zahlreicher Dokumente nachweisen konnte, hieß es in dem Artikel weiter, gehe auch das so genannte Jonestown-Massaker von 1978 auf das Konto der Stheno-Gruppe. Es gelte nun als erwiesen, dass weit weniger Menschen im Dschungel von Guyana freiwillig in den Tod gingen, als bisher angenommen wurde. Der angebliche Massenselbstmord sei vielmehr eine groß angelegte Vertuschungsaktion von Moltridge und Flatstone gewesen. Diese Darstellung werde unter anderem durch die Zeugenaussage der kalifornischen Senatorin Jackie Tailor und den vom FBI freigegebenen Film des in Jonestown ermordeten NBC-Kameramanns Bob Brown gestützt. Der unter Leitung Tailors tagende Untersuchungsausschuss des Kongresses sehe es weiterhin als erwiesen an, dass der CIA-Kritiker Ryan von ebendiesem Geheimdienst liquidiert wurde, weil er kurz davor stand, die eigentliche Bedeutung von Jonestown zu entlarven.
    Über die wahren Motive Flatstones könne nur spekuliert werden. Es heißt, er habe bei seinen Kriegsplänen weniger die Sicherheit seines Landes im Auge gehabt als die Auftragsbücher seiner Rüstungsfirmen. Der CIA distanzierte sich ausdrücklich von dem Treiben Flatstones, Moltridges und ihres Teams. Wie aus Regierungskreisen verlautet, hätten sie sich durch geschickte Manipulationen der Kontrolle durch die vorgesetzten Stellen entzogen…
    Frau Silbermann ließ die Zeitung zu Boden gleiten, weil ihre Gedanken zu einem fernen Gespräch abschweiften. Rhythmisch streichelte ihr Daumen über die Wange des allmählich erwachenden Babys. Ihr Gatte räkelte sich neben ihr auf seiner Liege. Damals hatte er sich verraten, bei jener Unterhaltung, in der es um den Bau der Hohlpyramiden unter dem Dach des Waldes in den Wassarai-Bergen Guyanas ging. Er sagte, als die drei großen Hallen nach acht Silberjahren endlich eingeweiht werden konnten, habe sich der Wunsch des Hüters erfüllt. Acht Silberjahre waren sechsundneunzig
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