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Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.

Titel: Der seekranke Walfisch. Oder: Ein Israeli auf Reisen.
Autoren: Ephraim Kishon
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Herberge mit süßen Zimmerchen, deren billigstes etwas dreißig Dollar kostet.
    Auch gut. Schließlich wollten wir hier ja nur den Rest der Nacht verbringen.
    Zeitig am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zu unsrem Bestimmungsamt. Ich winkte ein Taxi herbei und gab mit souveräner Gleichmäßigkeit das Fahrtziel an: »Officio Stampa!«
    Eine halbe Stunde später waren wir am Forum Romanum gelandet, einem weiträumigen, außerordentlich eindrucksvollen Platz (wenn man von den abscheulichen Ruinen absieht). Ich wies den Fahrer auf die geringe Wahrscheinlichkeit hin, daß wir hier ein »Officio« finden würden, ganz zu schweigen von »Stampa«, aber auch er verstand nur Italienisch und setzte die Fahrt in Richtung Bologna fort. Unterwegs zu dieser wichtigen oberitalienischen Industriestadt widerfuhr uns das erste Wunder: Unser Wagen wurde kurz vor Siena von einem Verkehrspolizisten aufgehalten, der ein paar Worte französisch sprach und uns informierte, daß »Officio Stampa« nicht, wie wir geglaubt hatten, der italienische Ausdruck für »Außenministerium« war, sondern so viel wie »Pressebüro« hieß, was natürlich die verschiedensten Deutungen zuließ.
    Der Fahrer entschuldigte sich für das Mißverständnis, und von jetzt an lief alles wie am Schnürchen.
    Das italienische Außenministerium erstreckt sich über rund dreihundert Morgen fruchtbaren Landes und ist in spätem Mussolini-Stil ganz aus Marmor gebaut. Um keine weitere Zeit zu vergeuden, steuerten wir direkt auf die beiden cherubinischen Schwertträger zu, die den Eingang bewachten, und fragten sie nach dem Weg zum Pressebüro. Der eine Cherub erwies sich als taubstumm und der andere verstand nur den lokalen Dialekt, nämlich italienisch. Um diese Zeit hatte die lebensspendende Mittelmeersonne ihren Zenit längst überschritten, so daß unsere Mägen vor Hunger die seltsamsten Geräusche von sich gaben. Es klang, als holperte eine alte Postkutsche über eine schlechtgepflasterte Straße. Auf diese Weise fanden wir das Officio.
    Ein freundlicher Beamter empfing uns und lauschte mit großem Interesse unsrer weitschweifigen Erzählung vom Sonder- Ermäßigungs-Ausweis, der uns bei ihm erwarten sollte. Unglücklicherweise hatte der Beamte als einzige Sprache die seiner Mutter erlernt, einer Italienerin. Es fiel uns auf, daß aus dem Schwall seiner sichtlich von Komplimenten strotzenden Gegenrede immer wieder ein Wort hervorsprang, das »subito« hieß und weiter nichts zu bedeuten schien.
     
    Dessenungeachtet.
    Die beste Ehefrau von allen verlor dessenungeachtet nicht den Kopf und hielt dem Beamten in jähem Entschluß unsere heimische Presselegitimation unter die Nase, worauf er selig zu lächeln begann und ein übers andre Mal »Israel! Israel!« ausrief. Dann stürzte er ins Nebenzimmer und kam mit einem ändern Beamten zurück, den wir sofort als Jude agnoszierten, denn er hatte schwarzes Haar und begleitete seine Worte mit heftigen Gesten, wie alle Italiener. Wir waren gerettet. Der ewige Jude umarmte uns, faßte uns abwechselnd an den Schultern und jauchzte in einwandfreiem Hebräisch: »Eichmann! Eichmann!«
    Wir machten ihm klar, daß wir den versprochenen Ermäßigungsausweis dringend benötigten, weil wir sonst der Räuberbande vom Grand Hotel noch weitere dreißig Dollar in den Rachen werfen müßten. Der ewige Jude versank in tiefe Gedanken. Dann sagte er: »Eichmann!«
    Das war keine ganz befriedigende Antwort, aber zum Glück erschien in diesem Augenblick der Direktor des Officio, ein eleganter, weltmännischer Typ, der fließend italienisch sprach. Er untersuchte meine Presselegitimation eine halbe Stunde lang, murmelte etwas, das wie »un momentino« klang, und schloß sich mit seinen Hilfskräften in einem nahe gelegenen Konferenzzimmer ein.
    Gegen Abend kam er heraus und richtete eine gebärdenreiche Ansprache an mich, die kein Ende nehmen wollte. »Sir«, unterbrach ich ihn schließlich und stützte mich, wie in allen derartigen Fällen, auf meine Englischkenntnisse.
    »Warum sprechen Sie italienisch mit mir, wo Sie doch sehen, daß ich kein Wort verstehe?«
    Der Direktor jedoch verstand kein Wort, denn er sprach nur italienisch.
    Abermals kam uns der ewige Jude zu Hilfe: »Wir haben ja Interpret!!« rief er und klatschte sich mit der flachen Hand auf die Stirne.
    Das bedeutete eine entschiedene Wendung zum Besseren, vielleicht gar einen Schritt zur Verwirklichung des Sozialismus in unserer Zeit. Wir sausten auf die Straße,
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