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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin
Autoren: Gunter Tschauder
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die vereinnahmten Gase loszuwerden, schaffte es aber dadurch nur, seinen Körper weiter zu ruinieren, sich zu schwächen und sich unglücklich zu fühlen. Anstatt aus dem Blei Gold zu machen, erreichte er die Zunahme des Bleis in seinem ohnehin vergifteten Körper. Seine Energie verbrauchte sich, seine Gedanken richteten sich von außen nach innen. Und auch dort fraßen sich, unsichtbaren Chemikalien gleich, die dunklen Elemente hindurch. Seinen seelischen Zerfall bemerkte er am wenigsten. Er hielt es für die Sorge um sein Leben, um das Wohlergehen für seine Gemahlin.
    Seine Lenden waren geschwächt, die jugendliche Haut zerfallen, der Glanz der braunen Augen verblasst. Das, was er in jeder freien Sekunde versucht hatte, mit der Transmutation des Bleis zu schaffen, war ihm mit seiner Seele nicht in den Sinn gekommen. Sein innerstes Wesen hatte keine der Möglichkeiten erhalten, sich ein wenig aufzufrischen, seine Traurigkeit und Trübsal hinweg zu polieren.
    Er war müde geworden auf dem langen, falschen Weg, und als er merkte, sinnlos einen nie enden wollenden Berg zu besteigen, ließen seine Kräfte nach.
    Die erfrischende Ruhe in Poggio a Caiano sollte das Leben in Liebe noch einmal aufbauen und ein neues gegenseitiges Vertrauen begründen.
    „Wie kann ich deine Seele erheitern, wie soll es mir gelingen, Helligkeit in das Dunkel deiner Gedanken zu bringen? Du allein bist mein einziger Gebieter, siehe mein Bemühen, dich zu labsalen.“
    Mit flehenden Worten kniete sie in den finstersten Momenten ihres unglücklichen Lebens vor ihrem Gemahl.
    Unwillig wich der Herrscher von Florenz einen Schritt zurück.
    „Was willst du von mir, warum quälst du mich? Was sind deine Gedanken, die mich in den Tod zu stürzen suchen? Wie willst du meine Seele erheitern, da du doch selber zu einem lichtlosen Abbild deiner einstmaligen Schönheit geworden bist?“
    Bianca erschrak über seine groben Worte.
    „Francesco, mein geliebter Gemahl, erkunde deine Seele, finde den Weg hinaus aus den finsteren Gedanken.“
    „Beeile dich, dich selbst zu retten, lass mich meinen Weg gehen. Er ist heiterer als der Deinige“, erwiderte er mürrisch.
    Mit einer unwilligen Drehung wandte er sich von der Großherzogin ab.
    „Es wird andere geben, die dich aufheitern, wenn du noch Zeit hast, andere zu finden“, ließ er sich zynisch vernehmen.
    Entsetzt hörte sie seine Worte, blickte in sein gealtertes Gesicht. Ihr war es nicht entgangen, dass sich der Großherzog in den letzten Wochen und Monaten von ihr abgewandt hatte, sie nicht mehr an seiner Seite dulden mochte. Starre überfiel ihren Körper, die Beine wurden schwer, ihr Kopf schien eine einzige Masse zu sein. Das Unglück überwältigte sie, in ihrem Körper schienen Abertausende von Ameisen die einzelnen Zellen aufzufressen und konnten nicht über die wie Metall so starre Haut nach draußen gelangen. Das Unglück hatte sich herangefressen, ihre Tage kahler und trüber werden lassen. Hier in Poggio a Caiano wollte sie die Aussprache suchen, sich ihm erklären, wenn er sich ihr erklären würde.
    Mit einer solch feindseligen Attacke, wie die soeben erlebte, hatte sie nicht gerechnet. Darauf war sie nicht vorbereitet. Das Gemüt ihres Gemahls verfinsterte sich erschreckend schnell. Er war seinem Vater, dem alten Cosimo ähnlich geworden, unwillig, ungeduldig, grausam und brutal, jedoch auch leidend, selbstzweifelnd und ratlos.
    Mit schönen Worten hatte sie versucht, ihn wieder in die bunte, fröhliche Welt des Genießens zurückführen. Mit einem Schlag hatte er diese Hoffnung zunichtegemacht, ihre Bemühungen abgewiesen. Vorbei war die Zeit des großherzoglichen Glanzes, der fröhlichen Feste, des Wunsches nach Macht und strahlenden Ehrungen. Was war nur geschehen? Sie liebte ihn, liebte ihn immer noch. Aber was hatte er vor? Was hatten seine Worte zu bedeuten? War er eifersüchtig? Nahm er ihr die kleinen Nettigkeiten mit anderen etwa übel, oder noch schlimmer, konnte er ihr diese Kleinigkeiten etwa nicht verzeihen?
    Neben der Traurigkeit über den verlorenen Gatten erschuf sie wohlüberlegte Gedanken, die ihr Gefahr signalisierten. Sie suchte sich an seine Worte zu erinnern.
    „Es wird andere geben, die dich aufheitern, wenn du noch Zeit hast, andere zu finden“, hatte er gesagt.
    Was sollte das alles bedeuten? Wollte er sterben, wenn er sagte, dass es „andere geben wird, die dich aufheitern?“ Und erst recht die Worte..“wenn du noch Zeit hast andere zu finden?“
    Hieß
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