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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin
Autoren: Gunter Tschauder
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begab sich mehr auf die Jagd und trieb sich mehr in den Villen der Medici außerhalb von Florenz herum. Eine unglückliche Zeit brach für Bianca herein, in der sie sich den Tod herbeisehnte. Sie liebte Francesco ungleich mehr als zuvor. Doch musste sie erkennen, dass ihre Bemühungen, seine Traurigkeit und seinen Trübsinn in ein fröhliches Leben umzuwandeln, nicht von Erfolg gekrönt waren. Die Liebe zwischen ihnen hatte sein mürrisches Gehabe nur überdecken können. Nur in den Zeiten, als ihre Schönheit den Alltag erhellte, und in den Wochen und Monaten der glanzvollen Feste konnte sie an seiner Seite ein Lächeln in seine Augen zaubern. Mit dem Verfall ihrer eigenen Schönheit fiel Francesco zurück in ein trauriges, apathisches Leben.
     
    Im Kreise von Literaten und Philosophen besprach sie das Bedrückende ihres Daseins nur andeutungsweise. Niemals hätte sie ihre Nöte, ihre Leiden und Sorgen mit Francesco beim Namen genannt. Sie kam nicht auf den Gedanken, bei sich selbst einmal nachzuforschen, welche Gedanken und Ziele ihr eigenes Leben und das Leben Francescos bestimmt hatten. Hatte sie mit einundvierzig Jahren ihre Jugend und ihr Leben verspielt? Noch mehr. Wie stand es mit den vielen anderen Leben, die sie beeinflusst hatte? Das Leben ihres Vaters, das Leben Pietros, seiner Mutter, das Leben Johannas, das Leben Cosimos und Francescos und selbst das Leben Ferdinandos?
    „Oh Gott, welche Schuld ich auch immer auf mich geladen habe, verzeihe mir“, sprach sie in ihrer Kammer. Sie schaute sich bei diesem Gebet in dem wertvollen Spiegel selber an und wusste nicht, wohin sie das Gebet richten sollte.
    „Hat es überhaupt einen Sinn?“
    Fand sie noch eine Möglichkeit, ihrem Leben ein lohnendes Ziel zu geben?

Sturm in der Sommerresidenz
    Mehr und mehr erkannte sie, wie ihr Leben aus Selbstbeschäftigung bestand.
    Was könnte noch auf sie zukommen, was tat Francesco meist in seinen Villen, wenn er den Palazzo mied und sich in das Umland flüchtete? Die Unsicherheit zermürbte sie.
    Poggio a Caiano, nordwestlich vor den Toren von Florenz, schenkte den Besuchern in dieser heißen nachsommerlichen Zeit ein wenig Schatten und Erholung. Umgeben von dunkelgrün schimmernden Olivenbäumen, überragt von hohen Pinien, durchzogen von einzelnen Wassergräben und umrankt von Wasser speienden Figuren und munter plätschernden Springbrunnen, erwarteten den Besucher zumindest des Abends die kühlen mit Feuchtigkeit angereicherten Lüfte. Ein Platz, an dem es sich zu erholen lohnte, ein Refugium mit weiter Stille und besinnlicher Einsamkeit.
    Francesco zog sich gerne hierhin zurück, gab seine alchimistischen Studien nicht auf, suchte nach Gold, dem wirklichen Rezept zur Erstellung des feinsten chinesischen Porzellans und nach neuem Reichtum schöpfenden Mineralien. Er konnte von diesem Bereich nicht ablassen, verbrachte die meiste Zeit mit diesen Experimenten.
    Es war eine verzweifelte Suche, die nun schon seit vielen Jahren anhielt und eine Form des Wettlaufs mit dem Tod angenommen hatte.
    Es war eine Leidenschaft, die ihm sein Vater Cosimo ins Blut gespritzt hatte, und die er stets zu vertiefen suchte, worüber er das Regieren in Florenz vergaß. Seine Staatssekretäre hatten die Verantwortung in der Toskana übernommen. Ihm war sie zu langweilig. Lieber vergrub er sich zwischen den Glaskolben und giftigen Pulvern und Körnern. Sein Meister in der Fonderia, der Schmelze und alchemistischen Destillation, hatte sich schon seit je beklagt, ein einheitliches Arbeiten sei nicht möglich. Es gäbe mehrere Werkstätten, er aber dürfte nie mit dem Großherzog in die anderen Werkstätten wie Pratolino und Poggio a Caiano reisen. Auch diesmal nicht.
    Nach der friedensstiftenden Krönung des „venezianischen Mädchens“ zur Großherzogin in der Toskana war die Angst der Bianca Cappello, von Venedig noch immer entführt zu werden, mit einem einzigen wohltuenden Regenguss verschwunden.
    Der venezianische Botschafter Gussoni war längst zum Freund des Hauses avanciert. Auch diesmal besuchte er das Paar in Poggio a Caiano. Er war es, der die florentinischen Werke und Schöpfungen durch seine Mitteilungen zu neuem Leben bringen sollte.
    Bianca und Francesco zeigten dem venezianischen Botschafter auch die Kunstwerke aus ihrer Fonderia. Sie nahmen ihn mit von den Werkstätten in Florenz nach Pratolino und führten ihn wieder bis nach Poggio a Caiano. Für diesen umfassenden Besuch hatte Francesco seinen Freund und Alleskönner
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