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Der Schwur der Venezianerin

Der Schwur der Venezianerin

Titel: Der Schwur der Venezianerin
Autoren: Gunter Tschauder
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sich in ihrem Leben gelohnt? Was könnte sie sich noch mit ihrer Macht, mit ihrem Geld zulegen, um ihr Glück zu fördern? Sie hatte sich nie damit auseinandergesetzt, folglich fand sie auch keine Antwort. Wo blieb ihr machtvoller Spruch, den sie sich bereits in Venedig als Mädchen über das Bett gehängt hatte? „War es womöglich ein verfehltes Ziel?“, fragte sie sich.
    War sie einem falschen Sinn des Lebens gefolgt? Diese Erkenntnis versetzte Bianca in eine noch hilflosere Hektik, zu retten, was zu retten war. Doch wie sollte sie das tun? Dazu erreichte sie zunehmend die tödliche Angst, Francesco würde sie nicht mehr lieben, schlimmer noch, er würde sie, auf welche Weise auch immer, verstoßen. Wenn er nur in die duftenden Blüten und das grün leuchtende Blattwerk einer Linde verliebt war, was machte er dann mit der Linde im Winter? Ließ er sie abhacken?
    In ihrem Schminkzimmer, neben ihrem Ankleideraum, saß sie auf einem Stuhl vor einem braunen Tisch aus afrikanischem Edelholz. Darauf und in den Schränken vor ihr und neben ihr hatte sie ihre Hunderte von Schönheitscremes und Tinkturen für die Haare und die Haut versammelt. Noch immer konnte sie sich ihre Haare blonder machen, als sie ohnehin waren. Sie tat es mit den alten Rezepten. Mit einer Pflanzenasche wusch sie sich ausgiebig ihre lange Mähne, zerrieb sich anschließend trockene Pflanzenasche in die Schädeldecke und setze sich ein paar Stunden der Sonne aus. Nach einem erneuten Waschvorgang benutzte sie ein Präparat, dessen Rezept sie aus Venedig mitgebracht hatte, um die Restfarbe der Haare zu bleichen. Lange zog sie anschließend einen Elfenbeinkamm durch ihr Haar. Erst dann ließ sie eine Haarpflegerin an ihre langen Locken, die auch die Aufgabe hatte, Pomaden und Cremes richtig zu verteilen. Ihre Schönheitskünstlerin entfernte anschließend die Haare und Härchen an Stellen, wo sie nicht hingehörten. Es wurde zusehends schwieriger diese Aufgabe zur Zufriedenheit der Großherzogin zu erfüllen. Natürlich kannte die Großherzogin mit der Zeit alle die Tricks und Behandlungsmethoden.
    Bianca wurde wütend. Die Mädchen schienen nichts Neues zu lernen. Dagegen dauerte ihre Schminkprozedur von Tag zu Tag länger. Sie benötigte bereits zwei Stunden am Tag, die Reparaturen in Gesicht und am Körper vorzunehmen.
    Verärgert zeigte Bianca auf die angeschwollenen Stellen an den Gelenken.
    „Na, und hier, was kannst du hiermit machen? Bringe das in Ordnung.“
    Längst hatte das Mädchen erkannt, worum es sich handelte. Es war nicht ihr Gebiet.
    „Hoheit, das ist Sache eines Arztes oder eines anderen Heilkundigen, meine Kenntnisse hören dort auf.“
    „Was heißt hier Sache eines Heilkundigen. Willst du sagen, ich bin krank?“
    „Nein, Hoheit, das habe ich nicht gesagt. Aber ich bin sicher, ein Heilkundiger kann Euch dies hier beseitigen.“
    „Nun, so nenne mir einen“, herrschte Bianca sie an.
    Bald erschien ein Heilkundiger, der ihr Schröpfgläser und Blutegel aufsetzte.
    „Ist das nicht für zu hohen Blutdruck?“
    Bianca wurde ärgerlich. Sie jagte den Heilkundigen außer Haus. Ihre eigenen Mittel, die sie aus der Alchemie kennengelernt hatte, versagten ebenso.
    Wieder vor ihrem Spiegel versuchte sie mit Schminke die Aufmerksamkeit eines Betrachters zu den hübscheren Plätzen ihres Körpers zu lenken. Auch im Bett mit Francesco war die Wassersucht nicht länger zu verbergen. Seine geliebte Bianca verlor zusehends an Schönheit.
    „Es macht nichts“ beruhigte sie Francesco, „wir werden alle älter.“
    Ja, auch in seinem Gesicht erkannte sie mehr Falten, der Glanz aus seinen Augen war verschwunden, sein Gesicht hatte zugenommen und auch die Körperformen waren rundlicher.
    „Ja, wir werde älter“, bestätigte sie ihren Mann.
    „Was soll das heißen“, fuhr er sie an, „soll das heißen, du tust nichts gegen dein Aussehen. Soll das heißen, ich habe bald eine fette Wachtel in meinem Bett liegen, die vor lauter Wasser im Gesicht nicht mehr aus den Augen schauen kann. Also bemühe dich, tue etwas dagegen.“
    Einen alternden Großherzog würden auch noch junge Dinger lieben wollen. Mit einem faltenreichen, traurigen Großherzog würden noch die edelsten Damen ins Bett steigen. Das würde nicht das Problem Francescos sein. Eine schwindende Liebe allerdings könnte sie in höchste Gefahr bringen, zumal ein männlicher Nachfolger noch immer ausgeblieben war.
    In dieser Zeit hörte er auf, sie im Bett zu lieben. Francesco
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