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Der schlafende Gott

Der schlafende Gott

Titel: Der schlafende Gott
Autoren: Jesco von Puttkamer
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herumzurätseln? Sie wissen doch, Park, daß ich z.b.V. gestellt bin.«
    Parkinson nickte. »Ja, so steht es in den offiziellen Listen. Es erscheint nur eigenartig, daß es an Bord noch zwei weitere zbV-Männer gibt. Ein bißchen viel, nicht wahr?«
    Matchett zuckte die Achseln. »Bei einer Besatzung von tausend Mann? Wohl kaum. Doch was zum Teufel kann ich dafür?«
    Parkinson grinste. »Nun, wir sind alle nicht von gestern, und ich kann mir denken, daß es sich hier um eine Art Staatsgeheimnis handelt. Ich beabsichtige auch nicht im geringsten, auf Ihrem Gebiet herumzuschnüffeln. Wenn die Expeditionsleitung etwas vor uns geheimhält, wird sie schon ihren Grund dafür haben. Ich wollte Sie nur von den Gerüchten in Kenntnis setzen, die unter den Technikern kursieren, Doug.«
    »Gerüchte?« fragte Matchett interessiert. Vor ihm öffnete sich die Tischplatte, und das von ihm beim Küchencomputer bestellte Mahl glitt auf einem kleinen Tablett heraus. »Was erzählt man sich denn so?«
    »Irgend jemand hat Ihre Tätigkeit mit jener hermetisch versiegelten Sektion im Kielraum des Schiffes auf dem ›Off Limits‹-Deck in Verbindung gebracht. Ich glaube, Sie wurden einmal dabei beobachtet, wie Sie diese Abteilung betraten, obwohl sie für gewöhnliche Sterbliche praktisch tabu ist. Wahrscheinlich hat einer der Wachposten geschwatzt. Man vermutet … nun«, – er lächelte und zuckte verlegen die Schultern – »eine verrückte Möglichkeit, natürlich, aber den Gerüchten zufolge soll sich einer der schlafenden Götter an Bord befinden.«
    Matchett kaute eifrig, den Mund zu voll, um sofort zu erwidern. Jedenfalls wollte er es so erscheinen lassen. »Tatsächlich eine verrückte Möglichkeit«, nickte er dann. »Fast zu verrückt, um wahr zu sein. Haben Sie schon einen meiner Leute gefragt?«
    Parkinson grinste. »Ich nicht, aber jemand anderes. Eine unserer attraktiveren Damen. Ohne großen Erfolg jedoch. Ihre Leute scheinen ausnahmslos mit Stummheit geschlagen zu sein, die Bedauernswerten!« Matchett war abrupt ernst. »Hören Sie, Park. Mir gefällt das nicht. Es gibt im irdischen Sonnensystem 50 Milliarden Menschen, aber kein einziger von ihnen ist für die Menschheit so unermeßlich wichtig, wie die beiden schlafenden Götter. Natürlich ist es eine verrückte Vorstellung, eines dieser buchstäblich unersetzlichen Wesen den Gefahren einer intergalaktischen Expedition auszusetzen, aber möglich wäre es angesichts der Größe dieser Aufgabe schon. Jedenfalls kann man annehmen, daß die Geheimhaltungsvorschriften der Expeditionsleitung einen triftigen Grund haben, wenn sie sich tatsächlich mit der Anwesenheit eines der beiden Wesen befassen. Sie können versichert sein, Park, daß die Expeditionsleitung das Geheimnis lüften wird, wenn sie den richtigen Zeitpunkt für gekommen erachtet, aber vorher verurteile ich es aufs schärfste, wenn man die Herumspioniererei nicht im Keim erstickt. Sollte nämlich tatsächlich einer der schlafenden Götter an Bord weilen, dann steht zu viel auf dem Spiel, als daß man versuchen dürfte, das Geheimnis auf eigene Faust zu lüften.«
    Er schloß ernst: »Jedenfalls bin ich im Augenblick z.b.V. gestellt, und bis auf weiteres müssen sich Ihre Freunde mit Latrinenparolen zufriedengeben. Sagen wir, jener abgeriegelte Sektor enthält meinen Harem, wenn Sie wollen.«
    Parkinson, der während Matchetts Rede mehrmals nachdenklich genickt hatte, lächelte jetzt belustigt. »Gut, Doug«, sagte er. »Ich werde das Gerücht verbreiten, daß es sich tatsächlich um nichts anderes handelt, als um Ihren Harem. Wozu der allerdings gut sein soll – in Anbetracht der 250 weiblichen Expeditionsmitglieder an Bord –, weiß ich nicht.«
    Jetzt grinste auch Matchett. Er beendete sein Mahl, schob die Platte in den Schlitz des Tischmechanismus und lehnte sich zurück.
    »Wir sind nun schon seit einigen Monaten unterwegs, und wenn ich die Bildschirme richtig interpretiere, befinden wir uns bereits in den Randgebieten unserer Milchstraße. Damit rückt der Augenblick heran, in dem der Kapitän seine versiegelten Orders öffnet. Zweifellos wird er Sie dann auch über meinen Harem aufklären.«
    Er erhob sich mit einem verabschiedenden Nicken. Als er in seine Abteilung zurückkam, fand er im Ausgabedrucker des Computer-Bordnetzes eine offizielle Mitteilung des Direktors vor, mit der die erste Generalversammlung an Bord der TELLUS seit ihrem Start anberaumt wurde. Mit Ausnahme der diensthabenden
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