Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schlafende Gott

Der schlafende Gott

Titel: Der schlafende Gott
Autoren: Jesco von Puttkamer
Vom Netzwerk:
Mannschaften wurde das gesamte Schiffspersonal aufgefordert, sich um 14.00 Uhr Schiffszeit zu einer Besprechung auf der Kommandobrücke des Schiffs einzufinden.
    Douglas Matchett grinste, als er den Textstreifen zerknüllte und in den Desintegratorschlitz warf. Der Augenblick war schneller gekommen, als er gedacht hatte.
     

 
2.
     
    Der linke und rechte Flügel des Saales war als Auditorium ausgebildet. Bequeme Sessel erstreckten sich dort in langen Reihen, und sie füllten sich jetzt rasch, als die Wissenschaftler, Techniker, Bordschutzsoldaten und Angestellten des Schiffes durch die breiten Portale auf beiden Seiten hereinströmten.
    Matchetts Spezialausweis räumte ihm das Recht ein, in der vordersten Sesselreihe Platz zu nehmen, und er tat dies, ohne einen Gedanken darüber zu verlieren.
    Die Kommandobrücke der TELLUS war ein titanenhafter Saal, der von Metall blitzte. Seine Wände wurden durch riesige Bildschirme gebildet, die sich auch über die gewölbte Decke der Halle hinzogen und den gesamten Weltraum im Umkreis von 360 Grad zeigten. Die lange, massive Bank der Kontrollpulte befand sich am Fuß der weitgekurvten Vorderwand, dort, wo die Bildschirme in den teppichbelegten Fußboden der Zentrale übergingen.
    Die Rückwand des Saales bestand aus undurchbrochenem Metall: das Hauptdruckschott. Der Fußboden stieg in breiten Stufen zu ihr auf. Die Stufen waren halbkreisförmig geschwungen, und an ihrem höchsten Punkt, im Zentrum des Halbkreises, erhob sich dicht an der Rückwand ein gesondertes Podest, auf dem der mächtige Sessel des Piloten stand. Die breiten, kantigen Armstützen des Sessels enthielten alle Kontrollorgane, die zur Steuerung des Schiffes – über den Zentralcomputer – erforderlich waren.
    Der Pilot saß reglos auf seinem Platz, und seine Augen lagen aufmerksam auf den riesigen Bildschirmen, die sich dreißig Meter unter und vor ihm befanden. Etwa zehn Meter vor ihm hing von der hochgewölbten Decke ein seltsames Gebilde aus Dutzenden von verstellbaren Spiegeln herunter, und Matchett wußte, daß sein Zweck darin bestand, dem Piloten den Blick auf sämtliche Bildschirme zur gleichen Zeit zu gestatten und ihm eine computergesteuerte Hologramm-Wiedergabe der Umgebung des Schiffes zu liefern.
    Matchett warf einen Blick auf die Bildschirme und stellte fest, daß das Expeditionsschiff jetzt im Begriff stand, in den schwarzen, leeren Raum zwischen den Spiralnebeln einzutreten. Über fast zwei Millionen Lichtjahre hinweg erstreckte sich das bodenlose Nichts, und er wußte, daß die TELLUS noch zwanzig Monate benötigen würde, um jenes ferne, schwache Nebelgebilde zu erreichen, das so verschwindend klein erschien und doch ein eigenes Milchstraßensystem von hunderttausend Lichtjahre Durchmesser im Sternbild Andromeda darstellte.
    Obwohl es mit Hilfe des Antriebs theoretisch möglich war, die Massenträgheit des Schiffes und seines Inhalts völlig auszuschalten und eine unendlich große Beschleunigung mit dem Quantenresonanzfeld zu erzielen, hatte es sich jedoch gezeigt, daß es sowohl dem Befinden des menschlichen Körpers als auch der fehlerfreien Funktion der Schiffsinstrumente abträglich war, wenn die Massenträgheit vollständig aufgehoben wurde.
    Matchett hatte das Prinzip der Antigravstation nicht ohne weiteres begriffen, als es nach jahrhundertlangen Forschungen verhältnismäßig kurze Zeit vor Kiellegung der TELLUS ins Stadium der praktischen Anwendbarkeit gereift war.
    Die träge Masse eines Körpers drückt sich darin aus, daß er jedweder Veränderung seines Bewegungszustands einen mehr oder minder großen Widerstand entgegensetzt. Sie ist eine Funktion sowohl der Masse des Körpers als auch der ihm mitgeteilten Beschleunigung. Schon in der Chemie der Atomkerne hatte sich nach der speziellen Relativitätstheorie gezeigt, daß der alte Lavoisiersche Satz von der Erhaltung der Masse nur noch beschränkt gültig war. Jede Energieänderung eines Körpers war nach den neuen Erkenntnissen mit einer Massenänderung verbunden, die sich zuerst im sogenannten Massendefekt zusammengetretener Atome zeigte. Die spätere Entwicklung der Feldtheorie lieferte ferner ein Modell dafür, daß auch der Feldenergie eines geladenen Körpers eine träge Masse zu kommt, und als dies bekannt geworden war, stürzten sich schon die Wissenschaftler des zwanzigsten Jahrhunderts auf dieses Gebiet, mit dem Ziel vor Augen, die Prinzipien der Einheitlichen Feldtheorie zu einer praktisch anwendbaren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher