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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot
Autoren: Michael Peinkofer
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»so läuft es am Ende also doch wieder auf uns beide hinaus. Bestell deinem Vater schöne Gr…«
    Weiter kam er nicht, denn in einer blitzschnellen Bewegung schleuderte Sarah ihm eine Hand voll Sand ins Gesicht. Laydon schrie vor Wut, und sie sprang auf und fiel wie ein Raubtier über ihn her. Die Wucht ihres Angriffs riss ihn von den Beinen. Im nächsten Augenblick presste sie ihm die noch blutige Klinge des Dolchs an die Kehle.
    »Du hast meinen Vater getötet!«, herrschte Sarah ihn an und war in diesem Moment bereit zuzustoßen. »Du hast du Gard auf dem Gewissen, und auch Kamal und mich wolltest du töten! Ich sollte dir die Kehle durchschneiden, so wie du es bei diesen armen Frauen getan hast!«
    »Nein, bitte«, flehte Mortimer Laydon, der mehrfache Mörder, im Angesicht des eigenen Todes. »Lass Gnade walten…«
    »Du selbst hast keine Gnade gekannt«, konterte sie. »Du hast Vater kaltblütig umgebracht. Ich werde dich aufschlitzen wie…«
    »Nein, Sarah!« Kamal war plötzlich neben ihr und sprach beschwörend auf sie ein. »Tu es nicht. Aus Rache zum Mörder zu werden wird dir nicht den Frieden geben, den du dir erhoffst. Ich weiß, wovon ich spreche…«
    Einen Augenblick lang zögerte Sarah Kincaid, während ein Teil von ihr sie weiter dazu drängte, zuzustoßen und ihrem verräterischen Paten ein blutiges Ende zu bereiten.
    Aber sie tat es nicht.
    Mit einer Verwünschung auf den Lippen ließ sie die Waffe sinken und warf sie angewidert von sich. Gardiner Kincaid war ein Mann des Friedens gewesen. Er hätte nicht gewollt, dass sie Rache übte. Mortimer Laydon sollte sich vor einem ordentlichen Gericht für seine Bluttaten verantworten müssen.
    Schwer atmend kauerte Sarah auf dem Boden. Erst jetzt ging ihr auf, dass der Kampflärm sich gelegt hatte. Die Tuareg und Haydens Husaren hatten das Gefecht für sich entschieden. Laydons Schergen lagen tot oder verwundet im Sand der Wüste, ihr Anführer war bewusstlos und würde keinen Schaden mehr anrichten. Eine dunkle Rauchsäule erhob sich dort, wo zuvor der fünfeckige Turm gestanden hatte.
    Sarah und Kamal umarmten einander, erschöpft und erleichtert zugleich, und spendeten sich gegenseitig Trost und Nähe.
    Der Kampf war zu Ende.
    Thots Schatten war für immer verblasst.

 
    9
     
     
     
    E XPEDITIONSBERICHT
    21. J ANUAR 1884
     
    Dass wir in letzter Sekunde dem Tod entronnen sind und dazu noch verhindern konnten, dass Thots Geheimnis in die Hände skrupelloser Verräter fällt, kann ich noch selbst kaum glauben.
    Nachdem es bereits so ausgesehen hatte, als hätte das Schicksal, von dem Kamal sprach, uns treulos im Stich gelassen, hat es sich am Ende doch noch auf unsere Seite gestellt, und wir wurden Zeugen eines unglaublichen Schauspiels. Was auch immer im Lauf von drei Jahrtausenden über das Feuer des Re geschrieben und behauptet worden sein mag – es entsprach der Wahrheit. Die Vernichtungskraft, die das Jahrtausende alte Artefakt entfesselte, übertrifft in der Tat alles, was ich je gesehen habe, und ich hoffe und bete, dass es künftigen Generationen erspart bleiben wird, solches zu erblicken.
    Ein Mechanismus unbekannter Art bündelte das einfallende Sonnenlicht und formte es zu tödlichen Strahlen. Wie dies bewerkstelligt worden sein mag oder woher das Wissen zum Bau einer solchen Maschine rührte, wird wohl niemals abschließend geklärt werden. Denn nun ruht das Geheimnis des Thot tief begraben unter Massen von Fels, und obwohl ich gerne erfahren hätte, was es mit dem Feuer des Re tatsächlich auf sich hatte, weiß ich, dass es so besser ist.
    Indem wir alles wagten, gelang es, Mortimer Laydons Pläne zu vereiteln und das Versprechen einzulösen, das ich dem alten Ammon el-Hakim gegeben hatte, damals, in jener Nacht am Mokattam.
    Und sollten Sie, geneigter Leser, noch nicht verstanden haben, wie es gelingen konnte, Mortimer Lay don zu überlisten und mit jener Waffe zu schlagen, die er in seinen Besitz zu bringen trachtete, so lassen Sie mich Ihnen versichern, dass Sie damit nicht alleine sind…
     
     
    Z ELTDORF DER T UAREG , L IBYSCHE W ÜSTE
    21. J ANUAR 1884
     
    »Der Kalender war entscheidend? Wieso das?«
    Milton Fox’ von der Sonne gerötete Züge verrieten wachsende Frustration. Zum wiederholten Mal hatten Sir Jeffrey und Captain Hayden ihm zu erklären versucht, wie Lady Kincaid Mortimer Laydon und seine Schergen ausgetrickst hatte – in buchstäblich letzter Instanz, wie der ehemalige Anwalt nicht müde wurde zu betonen.
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