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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot
Autoren: Michael Peinkofer
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der verletzte Sir Jeffrey hatte seine Mühe damit, und Kamal half ihm nach Kräften.
    Durch zahllose Stollen und über ungezählte Stufen ging es wieder hinauf zur Oberfläche. Auch hier erzitterten Boden und Wände unter den Erschütterungen, die inzwischen die Stärke eines Erdbebens erreicht hatten. Gesteinsbrocken lösten sich von den Decken und prasselten auf die Flüchtenden herab, die von einer Seite des Korridors zur anderen wankten. Mit Bedauern sah Sarah, wie uralte Wandbilder und Friese vor ihren Augen zerfielen, aber der Drang zu überleben war größer als das Interesse an der Wissenschaft.
    Endlich schienen die Erschütterungen nachzulassen, das Tosen und Donnern blieb in den Tiefen des Berges zurück. Und endlich konnten Sarah und ihre Gefährten, die sich mit dem Mut der Verzweiflung immer weitergeschleppt hatten, Licht am oberen Ende der Stufen erkennen.
    Der Ausgang – sie hatten ihn erreicht…
    Atemlos eilte Sarah die letzten Stufen hinauf, den gefangenen Laydon mitreißend. Sie durchquerten das Torhaus, stürzten nach draußen und atmeten erleichtert die freie, heiße Luft der Wüste.
    Aber noch waren sie nicht in Sicherheit.
    Das Grollen aus den Tiefen und der Staub, der aus dem Torhaus quoll, zeigten an, dass die Flucht noch nicht vorüber war. So rasch sie es vermochten, hasteten Sarah und ihre Begleiter die schmalen, von Sand und Staub bedeckten Gassen hinab. Im Gewirr der Ruinen orientierten sie sich, indem sie stets hangabwärts strebten, während es hinter ihnen weiter grollte und Erschütterungen den Berg erzittern ließen. Lehmziegel brachen aus den Ruinen und prasselten auf die Flüchtenden nieder, die ihre Köpfe mit den Armen abschirmen mussten, bis sie endlich den Fuß des Berges erreichten.
    Schnurgerade streckte sich vor ihnen die Gasse, an deren Ende die Weite der Wüste Sicherheit versprach, und Sarah und ihre Gefährten rannten und stolperten sie hinab, während hoch über ihnen der fünfeckige Turm der Gewalt der Erschütterungen endgültig nachgab und unter ohrenbetäubendem Lärm in sich zusammenfiel. Eine dichte Staubwolke stieg auf, als das Jahrtausende alte Bauwerk einstürzte und das Geheimnis, das es so lange Zeit bewacht hatte, tief unter sich begrub.
    Der Gedanke, dass niemand je erfahren würde, welche Geheimnisse Thots Kammer noch geborgen haben mochte, enttäuschte Sarah ein wenig. Gleichzeitig verspürte sie aber auch Erleichterung darüber, dass das Feuer des Re, das sich tatsächlich als mächtige und furchtbare Waffe erwiesen hatte, auf immer verloren war.
    Die Erleichterung währte allerdings nur einen Augenblick – bis Sarah aus dem Augenwinkel heraus die dunklen Schatten wahrnahm.
    Kamal, der sie ebenfalls gewahrte, stieß einen Warnruf aus, aber es war zu spät. Als Sarah sich umwandte, sahen sie und ihre Begleiter sich bereits von einem Dutzend schwarz gewandeter und vermummter Krieger umzingelt: Laydons Schergen, die rechtzeitig aus der Kammer geflüchtet waren. Rasiermesserscharfe Lanzenspitzen ragten den drei Gefährten entgegen, dazu die schussbereiten Läufe mehrerer Flinten.
    »So etwas nennt man wohl vom Regen in die Traufe kommen«, kommentierte Sarah trocken, die nach den überstandenen Schrecken kaum noch etwas erschüttern konnte.
    »In der Tat«, stimmte Laydon zu, der plötzlich wieder Morgenluft witterte, die Augen glänzend vor Wahnsinn. Energisch riss er sich von Sarah los und gesellte sich seinen gesichtslosen Schergen zu.
    »Tötet sie!«, gellte seine kreischende Stimme. »Sie tragen Schuld an dem, was geschehen ist! Ihnen allein ist es zuzuschreiben, dass das Feuer des Re auf immer verloren ist…«
    Blutdurst sprach aus den Augen der Krieger, und Sarah zweifelte nicht daran, dass sie den Befehl ausführen würden. An Gegenwehr war infolge der erdrückenden Übermacht nicht zu denken. Schon legte einer von ihnen die Flinte an und wollte Kamal aus nächster Nähe niederschießen – als er plötzlich erstarrte.
    Zur Verwunderung seiner Kameraden drang ein gellender Schrei unter dem Gesichtstuch ihres Kumpanen hervor. Die Waffe entfiel seinem Griff, und der Mann kippte vornüber in den Sand. Zwischen seinen Schulterblättern steckte der gefiederte Schaft eines Pfeils.
    »Meine Tuareg«, flüsterte Kamal in jäher Hoffnung. »Sie sind gekommen…«
    Die Ereignisse überstürzten sich.
    Unter wildem Geschrei sprengten berittene Kämpfer über die nahen Dünen: Es waren tatsächlich Tuareg-Krieger in indigoblauen Umhängen, aber auch
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