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Der Schachspieler

Der Schachspieler

Titel: Der Schachspieler
Autoren: Jeffrey B. Burton
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Reuben-Sandwich und Chips zum Mitnehmen bestellte. Er zögerte, als ihn der Barkeeper fragte, ob er etwas zu trinken wolle. Er hatte große Lust auf ein Guinness, doch ihm war klar, dass er eine lange Nacht vor sich hatte. Cady musste noch den bizarren Fall von Adrien und Alain Zalentine – den Zalentine-Zwillingen – durcharbeiten, deshalb entschied er sich für einen großen Kaffee.
     
    Das Juweliergeschäft Zalentine war 1928 von Lionel Zalentine in einer Uhrmacherwerkstatt in San Francisco gegründet worden. Lionels Philosophie war, Schmuck von exquisiter Qualität zu exquisiten Preisen zu verkaufen. Im Jahr 1942, als Lionel an einem heißen Tag ein großes Glas Eistee hinunterstürzte, sich auf eine Bank vor seinem Laden setzte und starb, gab es bereits sechzehn Geschäfte in Kalifornien und Arizona. Lionels einziger Sohn Lansing Zalentine hatte drei Lieblingsworte, die er in jeder Sitzung und bei jeder Firmenveranstaltung zum Besten gab: Expandieren, expandieren, expandieren. Dementsprechend hatte er bis 1985, dem Jahr seines Todes, sein Imperium auf mehr als fünfhundert Läden in den USA und Puerto Rico erweitert. Lansings ältester Sohn Vance – der heutige Diamantenkönig Zalentine – schaffte es, den Erfolg seines Vaters fast zu verdoppeln, indem er überall in den Vereinigten Staaten und Kanada kleine Geschäfte in Einkaufszentren eröffnete. Die Zentrale des Unternehmens verlegte Vance von San Francisco nach Los Angeles. In den späten Siebzigerjahren heiratete er Amanda Whitaker, eine ehemalige Miss Sacramento, und ein Jahr später brachte sie Zwillinge zur Welt: Adrien und Alain Zalentine.
    Cady erinnerte sich noch genau, wie er vor drei Jahren in aller Eile nach Los Angeles geflogen war, um mit den Eltern zu sprechen. Assistant Director Jund hatte sofort angeordnet, dass in Anbetracht des gesellschaftlichen Ranges der Familie sein zuständiger Special Agent persönlich mit dem Diamantenkönig und seiner Frau sprach. Man wollte den Zalentines zeigen, dass man sich auf höchster Ebene um den Mord an ihren beiden Söhnen kümmerte.
    Die einstige Schönheitskönigin, vielfach geliftet und mit Botox vollgepumpt, saß still in der Bibliothek und starrte aus dem Fenster auf den Garten hinaus. Mrs. Zalentine war völlig weggetreten, wie im Koma. Dass sie noch lebt, bestätigt einzig ihr melancholischer Blick, dachte Cady. Ihre beiden Jungen waren ermordet worden, und da saß sie nun allein in der Bibliothek, war in einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, ihre Gefühle mit Medikamenten betäubt.
    Ganz anders ihr Mann. »Diese nichtsnutzigen kleinen Scheißer haben nur Ärger gemacht, seit sie fünf Jahre alt waren«, meinte Vance Zalentine. »Sie standen sich immer schon extrem nahe, waren fast wie eine Person, manchmal waren sie mir richtig unheimlich.«
    Das Haus der Zalentines stand auf einem Hügel in Beverly Hills, auf einem riesigen sündteuren Grundstück, für dessen Betreten – so man nicht willkommen war – es des Schlachtplans eines ausgewiesenen Militärexperten bedurft hätte. Mrs. Zalentine war Cady keine große Hilfe gewesen, sie hatte nur wie ein Vögelchen genickt, wenn Cady ihr eine Frage stellte, sodass er es schließlich aufgab und es bei ihrem Mann versuchte. Mr. Zalentine hielt sich in seinem Fitnessraum von der Größe eines Flughafenrollfelds auf und schnaufte auf dem Stairmaster vor sich hin.
    »Ich glaube, es ist meine Schuld«, meinte Zalentine und deutete mit dem schweißnassen Arm auf die Bibliothek, in der Cady versucht hatte, mit Mrs. Zalentine zu sprechen. »Ich hatte immer zu tun, rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, und hab’s der Alkoholikerin überlassen, die beiden aufzuziehen. Ich werde nie vergessen, wie ich einmal an einem Freitagabend von einer Geschäftsreise nach Hause kam. Als ich aus dem Bentley stieg, hörte ich Knallgeräusche hinten beim Pool, wie Fehlzündungen eines Autos. Ich schlich mich am Gartenhaus vorbei, um nachzusehen, und erwischte die kleinen Irren auf frischer Tat.« Zalentine nahm einen tiefen Schluck aus seiner Evian-Flasche. »Die Zwillinge hatten in einem Tiergeschäft ein Dutzend Hamster gekauft und steckten den armen Viechern diese M-80-Böller in den Arsch oder in den Hals und zündeten sie an, einen nach dem anderen. Bumm! Bumm! Bumm! Überall auf der Wiese lagen die Fetzen der toten Hamster herum. Da waren sie zehn Jahre alt. Ich hätte die kleinen Idioten windelweich prügeln sollen – wissen Sie, so wie sie’s in
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