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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin
Autoren: Andrea Schacht
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des Weckers weiter.
    Als ich dann aufstand, war von dem Tier keine Spur zu sehen. Ich streckte mich, schlug die Decke zurück und ging ins Bad. Verschlafen sah mich Katharina Leyden im Spiegel an. Vollmondnächte! Nach Vollmondnächten habe ich immer Ringe unter den Augen – obwohl ich noch nicht einmal dreißig bin. Mal sehen, was eine heiße Dusche da reparieren konnte. Ich zog mir das lange weiße Nachthemd – mein einziges und ganz geheimes Zugeständnis an die Romantik – über den Kopf und wollte gerade in die Duschwanne steigen, als ich die Bescherung sah.
    Hier hatte die Katze einen deutlich sichtbaren und scheußlich stinkenden Haufen hinterlassen. Dieses dreimal verdammte Mistvieh! Angeekelt machte ich also erst mal die Dusche sauber und schimpfte die ganze Zeit über auf das miese Stück.
    Nach der Morgentoilette hatte ich mich dann wieder einigermaßen beruhigt. Vielleicht hätte ich die Katze hinauslassen sollen, als sie mich geweckt hatte?
    Meine Haare waren dann endlich zu einem Knoten geschlungen, ich hatte mäßig Make-up aufgetragen und ein strenges Blazerkostüm angezogen. Ich vertrete die Meinung, dass eine berufstätige Frau möglichst korrekt gekleidet sein sollte. Das verhindert unliebsame Annäherungen. Einige meiner Kolleginnen kamen ja sogar in Jeans oder in supermodischen Fummelchen ins Büro. Das lag mir nicht. Schließlich bin ich Chefsekretärin bei dem kaufmännischen Geschäftsführer, und bald würde ich auch sogar mehr sein, wenn ich erst mein Diplom in Betriebswirtschaft hätte.
    Zum Frühstück gab es wie üblich schwarzen Kaffee und ein Knäckebrot mit Diätmargarine. Mehr war mir nicht möglich, schon weil ich auf meine Figur achtete. Ich hatte eben die Tasse an die Lippen gesetzt, als mir etwas um die Beine strich. Vor Schreck verschüttete ich die heiße Flüssigkeit, die mir durch die weiße Bluse auf den Busen tropfte.
    In solchen Situationen kann mein Wortschatz undamenhaft werden. Und meine Stimme sehr laut. Die weiße Katze saß völlig verschreckt unter dem Sofa, als ich, noch immer wütend vor mich hin murmelnd, die Bluse auszog und mit großen Schritten ins Badezimmer ging, um sie möglichst gleich einzuweichen.
    Der goldgelbe Pulli sah eigentlich viel zu auffallend zu der dunkelbraunen Kombination aus, aber was blieb mir anderes übrig?
    Dann öffnete ich die Balkontür und empfahl dem Tier, sich so schnell wie möglich zu verabschieden. Diesmal gehorchte es.

Kapitel 2
    Der Tag verlief mäßig gut. Dr. Mergelstein – böse Zungen nennen ihn Nörgelstein – hatte wieder einmal seine Berichte zu überarbeiten. Dieser Mann hat einfach keine Disziplin. Bis ihm der Text gefällt, arbeitet er ihn Dutzende Mal um. Und der Aufsichtsratsbericht heute hatte nur vierzig Seiten, siebenundzwanzig Gliederungspunkte mit etlichen Untergliederungspunkten, tausend Tabellen, Anlagen und Graphiken. Gelobt sei die Textverarbeitung, aber gegen krause Formulierungen kann ich damit irgendwann auch nichts mehr ausrichten.
    Die Rähmchen nicht mit Doppelstrich? Ja, Rähmchen mit Doppelstrich. Und die Euro zentriert? Natürlich, die Euro zentriert. Die Unterüberschrift vielleicht doch besser fett? Selbstverständlich, die Unterüberschrift fett. Und noch mal die Tabelle dreizehn A durchrechnen? Sicher doch – aber wäre die Cashflow-Entwicklung nicht schlüssiger gegenüber der Umsatzentwicklung? Woher ich das wissen wolle? Mann Gottes, ich bin doch nicht gänzlich verblödet, nur weil ich derzeit noch seine Sekretärin bin. Er weiß doch, dass ich kurz vor der Prüfung stehe. Und mich in meiner Diplomarbeit mit genau diesen Fragen beschäftige.
    Einigermaßen säuerlich fuhr ich spätabends nach Hause.
    Kurz vor neun klopfte die weiße Katze wieder an die Balkontür. Erst wollte ich ja nicht aufmachen, aber dann dachte ich mir, dass es vielleicht doch ganz unterhaltsam sein würde, sie bei mir zu haben, obwohl die Härchen auf dem Sessel nur äußerst schwierig zu entfernen waren. Ich legte eine alte Decke darauf.
    Die Dame trat ein, als sei sie hier zu Hause. Der erste Weg führte sie in die Küche, und ein hungriges Jammern wurde laut. Darum machte ich der Katze und mir eine Dose Heringsfilets auf, die wir beide mit gleichem Hunger, aber ohne besonderen Genuss verspeisten. Der kulinarische Gipfel war es nicht. Morgen musste ich unbedingt die Zeit finden, etwas Vernünftiges zu kaufen. Vielleicht ein paar Eier oder so. Für heute musste ein Glas Rotwein als Dreingabe reichen, und der
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