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Der Ring Der Jaegerin

Der Ring Der Jaegerin

Titel: Der Ring Der Jaegerin
Autoren: Andrea Schacht
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Füßen ab. Aufmunternd maunzte sie dann. Ich bückte mich und nahm verwundert einen kleinen goldenen Ohrring auf. Das war ja lustig. Seit wann apportieren Katzen denn? Und hoffentlich war der nicht zu wertvoll, denn wem sie ihn geklaut hatte, würde ich wohl nur durch Zufall herausfinden.
    Die Katze stupste mich am Knie. Und miaute in den höchsten Tönen.
    »Hast du Hunger, Kleine? Ich hab heute sogar etwas Hühnerfilet für dich.«
    Das Stupsen ging weiter, dann lief sie ein paar Schritte voraus, aber seltsamerweise nicht in die Küche, sondern in mein Schlafzimmer. Ich folgte ihr verdutzt und fand sie vor meinem Spiegel sitzen und sich heftig das rosige Ohr kratzen, in dem ihr Ohrring baumelte.
    Es durchzuckte mich wie ein Lichtstrahl die Erkenntnis.
    »Ich soll den Ohrring anziehen? Na gut, es ist schon Verrückteres passiert.«
    Mit ein bisschen Mühe öffnete ich den Verschluss des kleinen Perlensteckers, den ich normalerweise trug, und befestigte stattdessen den Goldring im Ohrläppchen. Sah hübsch aus, aber nicht ungewöhnlich. Ähnliches hatte ich auch in meiner bescheidenen Schmucksammlung. Irgendwie schäme ich mich ja fast zuzugeben, dass ich ein Faible für Ohrringe habe, je größer desto lieber. Aber ich halte mich zurück damit. Sie passen nicht zu meiner grässlichen Nase. Und auch nicht zu meinem Kleidungsstil. Ich finde eben, streng steht mir am besten. Da sieht diese zu große, leicht gebogene Nase dann so aus, als ob sie zu den kühlen grauen Augen gehört. Und den Vergleich mit der Streisand finde ich an den Haaren herbeigezogen.
    »Nicht schlecht, Katharina.«
    »Was war das?«
    Verdutzt sah ich mich nach der Sprecherin um. Wer konnte denn unbemerkt in die Wohnung kommen?
    »Setz dich aufs Bett, damit du nicht vor Schreck umfällst.«
    Das tat ich auch ganz unwillkürlich. Die Katze hüpfte neben mich und sah mich wieder so abgründig an.
    »Mit dem Ohrring kannst du mich verstehen. Fall jetzt BITTE nicht in Ohnmacht.«
    Nein, in Ohnmacht würde ich nicht fallen, obwohl alles in mir sich sträubte, zu glauben, was ich da hörte. Ob ich Halluzinationen hatte?
    »Akzeptiere es einfach.«
    »Spinn ich denn?«, fragte ich mich laut, nachdem mein Atem wieder normal ging.
    »Oft genug, jetzt nicht. Ich spreche mit dir, Katharina. Erinnerst du dich an deine Urgroßmutter Elfriede?«
    Ich erinnerte mich kaum, aber ganz vage war mir in Erinnerung, dass sie im hohen Alter wunderlich geworden war. Sie war gestorben, als ich dreizehn war, und in der Familie wurde gemunkelt, sie habe sich gegen Ende ihres Lebens mehr mit Tieren als mit Menschen unterhalten.
    »Du meinst, sie verstand auch Tiere?«
    Ich fragte doch wirklich diese verrückte Katze. Ja war ich denn völlig abgetreten?
    »Sie verstand sie – auf ihre Weise. Jetzt akzeptiere doch endlich mal, dass ich mit dir rede. Der Ring hilft dir dabei. Wenn du ihn herausnimmst, verstehst du mich nicht mehr. Aber ich habe ihn dir extra gebracht, damit wir miteinander sprechen können, Katharina.«
    Wieder sah sie mich eindringlich an, und meine Hand, die zum Ohr fassen wollte, blieb wie erstarrt in der Luft hängen. Ich schaffte es beim besten Willen nicht, sie weiter nach oben zu bewegen. Aufseufzend gab ich nach und ließ sie sinken.
    »Nun gut, Katze. Vielleicht bin ich nur überarbeitet, und es sind die Nerven. Ja, es müssen die Nerven sein. Die Anstrengung, meine Diplomarbeit fertigzumachen, hat mich erschöpft. Am besten, ich spinne einfach weiter.«
    »Gute Idee. Du darfst mich Minerva nennen.«
    »Danke. Aber das ist mir zu hochgestochen für eine Katze. Für mich bist du Minni.«
    »Auch recht.«
    Dieses Tier konnte man noch nicht einmal ärgern.
    »Könntest du uns jetzt wohl etwas zu speisen richten? Ich verspüre einen kleinen Appetit.«
    »Nein, meine Liebe, das könnte ich nicht, ich muss erst noch die Wäsche machen.«
    Je alltäglicher die Beschäftigung, desto eher würde sich dieser Spinnkram legen, dachte ich mir.
    »Katharina, ich würde es dennoch vorziehen, wenn du uns zuerst eine kleine Mahlzeit kredenzen würdest. Hühnerfilet, leicht in Butter gedünstet, ein Schälchen Sahne mit lauwarmem Wasser gemischt, ja?«
    »Minni, ich habe Haushaltsarbeiten zu erledigen, die haben Vorrang vor deinem kleinen Appetit.«
    »Du gehst jetzt in die Küche und machst mir einen Happen, du blöde Kuh. Ich habe einen tierischen Hunger!«
    »Bitte?«
    Ich glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Diese akustischen Halluzinationen sprengten den Rahmen
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