Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur
Autoren: Mara Lang
Vom Netzwerk:
meinte es ehrlich. Ein Punkt für ihn. Matteo ging neben ihm in die Hocke. Eine Frage wollte ihm einfach keine Ruhe lassen. »Haben Sie Darak getötet?«
    Reylan blinzelte verwirrt. »Wen? Ach so! Darak von Emkarrah. Nein.«
    »Aber Sie haben gegen ihn gekämpft …«
    »Nicht lange. Das Zelt fing Feuer. Wir mussten uns voneinander verabschieden.« Er klang nicht allzu betrübt.
    »Hm.« Matteo wog den Kopf. Vielleicht war Reylan doch ein Ehrenmann. Er wusste es nur nicht. Zu dumm, dass er auf der falschen Seite stand.
    Matteo fand Lith dort, wo er sie nie vermutet hätte. Bei Nador in der Quellhalle.
    Der Lord sah nicht länger aus wie zerfleischt. Sein Haar war noch feucht vom Bad und fiel ihm offen auf die Schultern, was ihm ausgezeichnet zu Gesicht stand. Er war komplett neu eingekleidet, nur seine Stiefel hätten eine Ladung Schuhcreme vertragen können, genau wie Matteos.
    Die beiden hatten seine Anwesenheit noch nicht bemerkt. Sie standen einander mit gesenktem Kopf gegenüber. Wie in einem stummen Einverständnis. Das war mehr als merkwürdig. Noch merkwürdiger war, dass Nadors Hand auf Liths Schulter lag.
    Matteo musste ein Geräusch von sich gegeben haben, denn sie blickten gleichzeitig zu ihm herüber. Lith trat beiseite, Nadors Hand fiel herab.
    Und da konnte Matteo es in ihren Gesichtern lesen. Sie brauchten es nicht auszusprechen.
    Das Wort Abschied stand ihnen auf die Stirn gedruckt.
    Matteo schnappte nach Luft. Daran … daran hatte er gar nicht mehr gedacht. So überhaupt nicht mehr.
    Ihm zitterten die Knie, als er zu ihnen trat.
    Nador öffnete seine Hand. Die Weltenspirale sah genauso aus, wie Matteo sie in Erinnerung hatte. Ein feinst gearbeitetes Schmuckstück aus Gold, über und über mit braunen Schriftzeichen versehen.
    »Ihr schickt mich fort?« Er konnte es nicht fassen, nicht nach allem, was geschehen war.
    »Matteo …« setzte Lith an, aber Nador hatte schon das Wort ergriffen.
    »Es ist momentan viel zu gefährlich für dich, in Jandur zu bleiben. Du musst auf dem schnellsten Wege verschwinden.«
    »Aber warum denn?«, entgegnete Matteo verwirrt. »Die Prophezeiung hat sich nicht erfüllt. Du brauchst mich doch, um Dylora zu vernichten.«
    »Dylora kann jederzeit zurückkommen. Sie wird nichts unversucht lassen, dich in die Finger zu bekommen. Ich kann dich nicht vor ihr beschützen.«
    »Ich kann mich selbst beschützen.« Der Trotz in seiner Stimme passte eher zu einem Vierjährigen, dessen war sich Matteo bewusst. Aber seine Gefühle hingen wie Kletten an seinen Worten, er konnte sie nicht abschütteln. »Schließlich bin ich der Lichtpuls …«
    »Sei vernünftig, Matteo«, sagte Nador eindringlich. »Hier ist alles in Aufruhr. Noch ist nicht absehbar, wie dieser Krieg sich entwickelt, geschweige denn, wie der heutige Tag endet. Der einzig sichere Ort für dich ist die Splitterwelt.«
    Matteo überlegte fieberhaft. Nadors Sorge war berechtigt. Einen neuerlichen Kampf gegen die Kaiserin würde er nicht überstehen, das war sonnenklar. In seiner Welt war er für eine Weile gut aufgehoben und nach ein paar Tagen, allerhöchstens nach einer Woche, schätzte er, würde er wieder nach Jandur reisen. Prinzipiell ein guter Plan. Aber wie zum Teufel sollte er das – unwillkürlich zuckte seine Hand zu seinem Soplex –, dieses ganze verdrehte Schlamassel, seinen Eltern erklären?
    Und was hielt Lith eigentlich davon? Er suchte nach Zustimmung oder Ablehnung in ihren braunen Augen, fand aber nur wirbelnde Dunkelheit vor.
    »Also gut«, willigte er zögernd ein – hauptsächlich, weil Nador so ungeduldig auf eine Antwort wartete. »Einverstanden. Aber versprich mir, dass wir uns wiedersehen. Dass du mich sobald wie möglich holen lässt.«
    Nador zog ihn in seine Arme und drückte ihn an sich. »Ich verspreche es. Und nun geh. Geh zurück in deine Welt.«
    »Vorerst.«
    »Ja, vorerst.« Mit einem bedauernden Lächeln löste sich Nador von ihm. »Ich kann nicht länger bleiben. Meine Männer erwarten mich zu einer Lagebesprechung.« Er überreichte Lith die Weltenspirale. »Ich verlasse mich auf dich, Lith. Bring Matteo sicher nach Hause.« Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern eilte grußlos aus dem Saal.
    In Matteo war alles wie erstarrt. Die Sekunden glitten träge dahin, während er Zugang zu einem sinnvollen Gedanken suchte. Dann holte er tief Luft.
    »Lith, du musst mir helfen.«
    »Wobei?«, fragte sie gedehnt.
    »Ich kann nicht als Khor nach Hause zurück. Unmöglich. Meine Eltern
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher