Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer ist der andere, Alissa

Wer ist der andere, Alissa

Titel: Wer ist der andere, Alissa
Autoren: Ginna Gray
Vom Netzwerk:
Kapitel 1

    In dem Augenblick, als er das Büro betrat, wusste sie schon, dass er es war. Er hatte weder etwas gesagt, noch war er sonst zu hören gewesen, als er den dicken Teppich überquerte. Sie hatte nicht einmal von der Arbeit hochgesehen. Das brauchte sie auch nicht. Das ihr bereits vertraute Prickeln unter der Haut zeigte es ihr an. Alissa seufzte. Es schien ganz so, als hätte sie ihr eigenes Radarsystem entwickelt, wenn es um Dirk Matheson ging. Sie setzte eine gleichmütige Miene auf, ehe sie vom Bildschirm des Computers hochsah, als er neben ihrem Schreibtisch stehen blieb. Wie immer versetzte es ihr einen kleinen Schock, als ihr Blick seinen silbergrauen Augen begegnete.
    "Guten Morgen, Mr. Matheson. Kann ich Ihnen helfen?"
    "Ist Henry beschäftigt? Ich müsste ihn schnell sprechen", sagte er so kurz angebunden wie auch sonst immer. "Einen Moment, bitte. Ich erkundige mich." Ungeduldig klopfte er mit einer zusammengerollten technischen Zeichnung gegen sein Bein, während Alissa durch die Sprechanlage mit gedämpfter Stimme ihren Boss verständigte. Henry Battle war der Präsident der Firma Texas Consolidated Electronics, auch als Tex-Con bekannt, und Alissa Kirkpatrick arbeitete bereits seit fast fünfzehn Jahren als seine Sekretärin. Es gab nur eine Handvoll Menschen, gleichgültig ob innerhalb oder außerhalb des Unternehmens, die Henry Battle ohne vorherige Vereinbarung zu sehen bekamen. Dirk Matheson, einer der Topleute von Tex-Con, gehörte zu ihnen.
    Alissa nahm den Finger vom Knopf der Sprechanlage und sagte mit einem freundlichen Lächeln: "Mr. Battle erwartet Sie, Mr. Matheson." Der nickte, drehte sich um und marschierte auf Henrys Tür zu. Seine Haltung drückte Autorität und Selbstsicherheit aus. Alissa blickte ihm nach. Dieses Prickeln, das sie seit einiger Zeit empfand, wann immer er in ihre Nähe kam, hatte sich noch nicht gelegt. "Also wirklich, Alissa. Was, um Himmels willen, ist nur los mit dir? Jemandem wie Dirk Matheson hinterherzuträumen ..." murmelte sie vor sich hin, als sie sich wieder dem Bildschirm zuwandte. "Du kennst den Mann seit fünfzehn Jahren, und während all dieser Zeit hat er in dir kein einziges Mal etwas anderes gesehen als einen Teil der Büroeinrichtung."
    Doch auch sie hatte Dirk Matheson bis vor kurzem kaum größere Beachtung geschenkt.
    Nicht, dass sie ihn nicht attraktiv gefunden hätte. Welche Frau würde das nicht tun? Groß, schlank und doch muskulös, schwarzes Haar, das an den Schläfen ein paar Silbersträhnen zeigte, graue Augen und ein scharf geschnittenes Gesicht mit fast harten Zügen. Er war ein dynamischer, maskuliner Typ, gegen den die meisten anderen Vertreter seines Geschlechts verblassten, sobald er nur in ihre Nähe kam. Sein unergründliches, grüblerisches Wesen wirkte auf Frauen geheimnisvoll. Gern hätte Alissa herausgefunden, was sich hinter den undurchdringlichen Gesichtszügen und den silbergrauen Augen verbarg. Natürlich war er ihr bereits an ihrem ersten Tag bei Tex-Con vor fünfzehn Jahren aufgefallen, aber auf eine eher objektive Weise ... Vielleicht so, wie man einen faszinierenden Kunstgegenstand bewunderte.
    Zu der Zeit war sie auch noch glücklich verheiratet gewesen und hatte kein Interesse an anderen Männern gehabt.
    Wie die Dinge sich doch verändert haben, dachte sie traurig. Es war nun etwas länger als ein Jahr her, dass sie nach sechzehn Ehejahren Witwe geworden war. Sie war noch immer nicht an anderen Männern interessiert. Jedenfalls nicht ernsthaft. Doch zu ihrem Leidwesen fühlte sie sich neuerdings zu dem jüngsten Vizepräsidenten des Unternehmens hingezogen.
    Ihr Herz fing an wie wild zu klopfen, sobald er in ihre Nähe kam, und sie ertappte sich des Öfteren dabei, wie sie sich in ihren Tagträumen mit ihm beschäftigte. Was einfach albern ist, hielt sie sich vor und klickte die Computermaus härter als nötig an. Als ob Dirk Matheson ihr auch nur einen zweiten Blick schenken würde. Mit seinen vierzig Jahren gehörte er zu Houstons begehrtesten Junggesellen. Er traf sich mit weltgewandten, schönen Frauen und nicht mit jemandem, der so unerfahren und häuslich war wie sie.
    Und dafür sollte ich meinem Glücksstern dankbar sein, sagte sich Alissa. Auch wenn Dirk sie aus irgendeinem undurchschaubaren Grunde wirklich wahrnehmen sollte, würde nichts daraus werden können. Sie hätte nicht die geringste Ahnung, wie sie mit ihm umgehen sollte, nicht einmal in einer rein platonischen Beziehung. Seit mehr als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher