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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur
Autoren: Mara Lang
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ist zurück.
    Er antwortete laut: »Ja, der Quell hat mich geheilt.«
    Wer Heilung verdient, der darf sie erwarten.
    »Du hast für mich gesungen. Und mir die Schmerzen genommen. Danke.«
    Der Übergang ist meine Heimat. Sterben ist meine Stimme.
    So war das. Die Nymure wurde also nicht bloß von den Quellbrüdern dazu gezwungen, sie sah es vielmehr als ihre Aufgabe an, für Sterbende zu singen. Das war schön.
    »Was ist mit ihm?« Matteo deutete auf das Hanforo, das sich in ihren Armen bewegte, als würde es atmen.
    Es ist ein Sterbendes.
    Fragend blickte er zur Nymure auf. »Wieso stirbt es?«
    Einmal von einem Puls berührt, muss das Hanforo sterben.
    »Oh.« Instinktiv wusste er, dass dieses Hanforo dazu bestimmt gewesen war, seinen Puls aufzunehmen. »Das … tut mir leid«, stammelte er.
    Deine Qual ehrt dich. Die Schuld trägst du nicht.
    Da hatte sie Recht.
    Das Hanforo zuckte ein letztes Mal. Dann lag es still.
    Die Nymure beendete ihren Gesang mit einigen sachten Tönen und legte das Hanforo auf dem Altar ab. Erwartungsvoll wandte sie sich Matteo zu.
    Er erwiderte ihren Blick verständnislos. »Was soll ich tun?«
    »Was du tun sollst, liegt nicht an dir«, sagte die Nymure und Matteo zuckte zusammen. Angesichts ihrer Gesangskünste hatte er nicht mit einer derart schnarrenden Stimme gerechnet. Sie klopfte mit ihrer Schnabelklaue auf den Altar. »Was du tun willst, entspringt deinem Herzen.«
    Äh. Ja. Das brachte ihn aber auch nicht weiter. Offenbar benötigte sie seine Hilfe. Dazu war er gern bereit, nur hatte er keinen Schimmer, wie er ihr seine Dankbarkeit zeigen sollte.
    Wie beiläufig hakte sie ihre Klaue in die Silberkette, die um ihre Taille gewickelt war. Natürlich! Ich Idiot! Sie war immer noch eine Gefangene der Quellbrüder.
    »Die Kette«, sagte er. »Soll ich sie abnehmen?«
    Ihre wulstigen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Was du tun sollst, liegt nicht an dir«, wiederholte sie geduldig.
    Matteo musste grinsen. »Erwischt. Ich will es tun. Gern sogar.« Er stand auf und ging zu ihr. »Darf ich?«
    Sie antwortete nicht und er wertete dies als Einverständnis. Die Enden der Silberkette hingen lose herab, die Kette selbst bestand aus feinsten Gliedern. Sie hätte jederzeit fliehen können. Nymuren wandeln zwischen den Welten , hatte Sebastján erzählt. War es das Silber, das sie hier in Eznar hielt?
    Matteo musste sich strecken, um zu ihrer Taille hinaufzureichen. Nach einigem Suchen fand er einen Schraubkarabiner, zu winzig für die Klauen der Nymure. Er öffnete ihn, hakte das Kettenglied aus und die Silberkette fiel herab.
    Die Nymure stieß ein tiefes Seufzen aus. Noch während er die Kette zur Seite räumte, zerrte sie an ihrem lächerlichen Kleid und riss es entzwei. Ein geschlechtsloses, unförmiges Wesen mit einem außergewöhnlich großen Soplex stand vor ihm, dehnte und streckte sich.
    »Metall entwächst der Erde. Es bindet mich«, erklärte sie knapp. »Jetzt will ich gehen.«
    Er sah zu, wie sie nach und nach verblasste.
    Licht sei dir.
    »Ja, dir auch!«, rief er ihr nach, aber sie war bereits entschwunden.
    Das saubere Hemd passte nicht unbedingt zu seiner blutbefleckten und dreckstarrenden Hose. Dass Matteo mit diesem Gedanken nicht allein war, konnte er an Yassins Augen ablesen. Ehe er ihn darum bitten konnte, versprach der Junge auch schon, sich um eine andere Hose für Seinen Prinzen zu kümmern. Er habe da eine im Auge, die ganz sicher passen würde. Zuerst aber müsse er Seiner Lordschaft die Kleidung bringen.
    Grinsend beobachtete Matteo, wie er davonflitzte. Yassin war kein Soldat. Eher konnte er sich ihn als übereifrigen Verkäufer in einem Jeansshop vorstellen.
    Der Audienzsaal war zu einem Lazarett umfunktioniert worden. Blutgeruch hing in der Luft, vermischt mit dem herben Kräuterduft von Lev-Chis Heilpaste. Der Asiate und seine Tochter kümmerten sich gemeinsam mit Veloy um die verletzten Soldaten.
    Matteo hatte nicht erwartet, Saya hier anzutreffen. Ihr Vater schien sie überallhin mitzunehmen, ungeachtet der lauernden Gefahren. Sei nicht komisch. Er ist ein Magier. Sie ist nirgendwo sicherer als an seiner Seite. Außerdem konnte Saya im Notfall gut auf sich allein aufpassen, das hatte sie bei dem Angriff auf Nadors Lager bewiesen.
    Die beiden versorgten einen Soldaten, um den es nicht besonders gut stand. Den Blick auf Saya gerichtet, wartete Matteo, bis sie aufsah und winkte. Sie nickte ihm kurz zu und legte ihrem Vater eine Art Skalpell in die
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