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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur
Autoren: Mara Lang
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würden den Schock ihres Lebens kriegen, wenn ich so« , er wies an sich herab, »bei ihnen auftauche. Mit einem Soplex! Eher würde ich hierbleiben, als in Khors Körper zurückzukehren.«
    »Oh.« Sie kaute an ihrer Unterlippe und schien krampfhaft nachzudenken. »Also schön«, sagte sie endlich. »Das trifft sich gut. Ich habe nämlich eine Lösung für dein Problem.«
    »Ach ja?«
    Sie drehte die Weltenspirale nervös in ihrer Hand. »Ich habe dir doch erzählt, dass dein Körper zwischen den Welten steckengeblieben ist«, sagte sie. »Und dass die Zeit dort anders abläuft.«
    Matteo schwieg abwartend.
    »Um genau zu sein, gibt es zwischen den Welten gar kein Fortschreiten der Zeit. Deshalb kann dein Körper auch nicht gestorben sein. Er hängt im gleichen Zustand dort fest, wie du ihn verlassen hast.«
    Ihm klappte der Mund auf.
    »Ich müsste nur ein wenig magisches Pulver von Lev-Chi ausleihen …«
    »Ausleihen?«
    Lith seufzte. »Klauen. Und schon könntest du deinen Körper wieder übernehmen. Deinen richtigen Körper. Du könntest in dein altes Leben zurückkehren.«
    Ungläubig blickte er sie an. So einfach war das? »Das funktioniert? Ich steige als Khor in die Weltenspirale und komme als Matteo in Wien an?«
    »Nicht ganz.«
    Matteo rang die Hände. »Geht’s ein bisschen genauer?«
    »Du hast nur einen Puls und zwei Körper. Du musst dich entscheiden.«
    Er schluckte schwer. »Weiß Nador davon?«
    Lith schüttelte unmerklich den Kopf.
    Ihm wurde ganz flau im Magen. »Nein. Ich kann Nador nicht im Stich lassen. Ich habe eine Aufgabe in Jandur. Ich bin der Lichtpuls und nur mit Khors Soplex kann ich meine Fähigkeiten gegen Dylora einsetzen …«
    Lith stöhnte. »Nicht das schon wieder. In erster Linie bist du Matteo«, betonte sie, »sogar Nador hat das erkannt. Hör zu, das alles war meine Schuld. Als Khor starb, hatte ich nichts, was ich Dylora im Austausch für Veloy anbieten konnte. Dann kam mir die Idee, dich in der Splitterwelt aufzuspüren – den einen Jungen, der über die gleiche Pulsenergie verfügt wie Khor. Ich habe also meine Fascia benutzt, um Lev-Chi im Schlaf ein paar Gedanken einzuflüstern. Am nächsten Morgen ließ Nador schon nach einem Squirre suchen und da habe ich mich einfach angeboten. Du siehst, dass du überhaupt hier bist, habe ich dir eingebrockt. Jetzt kannst du heimkehren – als Matteo. Vergib diese Chance nicht.«
    Matteos Schläfen pochten. In seinem Gedächtnis regte sich ein federndes Abbild einer Wirklichkeit, die er erfolgreich verdrängt hatte. Brizio, an seinem Flügel sitzend, als er noch den Traum von der eigenen Karriere gehabt hatte. Andrea, die ihm den Nacken massierte. Ihr atemloses Lachen, als sie sich zu dritt ein Tischtennismatch lieferten, Matteo gegen die Eltern.
    Tränen brannten in seinen Augen. Das war sein Leben, nichts anderes. Ich will es zurück , dachte er und verdrängte absichtlich, dass sein Familienglück längst zerbrochen war.
    »Verdammt, Lith«, er fuhr sich mit allen Fingern verzweifelt durchs Haar. »Kann ich … kann ich denn meinen Körper nicht später wieder wechseln? Kann ich erst zu Matteo und dann wieder zu Khor werden?«, fragte er, obwohl er die Antwort schon kannte. Lev-Chi würde Khors Körper nicht auf Dauer am Leben halten können.
    »Nein«, flüsterte Lith. Sie zwinkerte mehrmals, als kämpfte auch sie gegen Tränen. »Sobald du wieder Matteo bist, wird Khors Körper sterben.«
    Matteo senkte den Kopf. Er hatte es geahnt, als er den Saal betreten hatte. Dies war ihr Abschied. Vielleicht für immer.

Einundzwanzig
    Im Tempel war es ruhig geworden. Bestimmt fand drüben im Palast bereits Nadors Lagebesprechung statt. An ihn zu denken schürte die Gewissensbisse in Matteo. Er fühlte sich hin- und hergerissen zwischen seinen beiden Leben, zwischen dem, wonach er sich sehnte, und dem, was ihn an Nador band – Khor. Nicht mehr lange, und der fremde Körper mit seinem Soplex und dem Puls würde der Vergangenheit angehören. Er würde wieder Matteo sein, ganz und gar.
    Das ist richtig so. Mach dich nicht verrückt.
    Schließlich hatte Nador ihm angeboten zurückzukehren. Er würde Verständnis für Matteo haben. Ihm verzeihen. Hoffentlich.
    Als Lith wenig später von ihrem Beutezug bei Lev-Chi zurückkam, fing Matteo den Ausdruck in ihren Augen ein. Prompt fuhren die Gefühle in seinem Bauch Achterbahn.
    Und schon war er bereit, seine Entscheidung über den Haufen zu werfen.
    Eben hatte er noch gedacht, das Schlimmste
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