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Der Preis des Lebens

Der Preis des Lebens

Titel: Der Preis des Lebens
Autoren: Christian Endres
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Haupt.
»Wenn du die Signatur eines Zauberspruchs hast, hast du auch die seines Schöpfers.« Lorn nahm einen weiteren tiefen Schluck. »Und wenn du diese Signatur hast, kannst du wiederum einen Bann weben, der dich in deinem Tagwerk nicht einmal großartig beeinträchtigt, wenn du genügend magische Kompetenz besitzt. Der Spruch bleibt aktiv und gibt dir nur dann Bescheid, wenn du dich dieser Signatur näherst.«
»Oder umgekehrt, ansonsten vollkommen richtig. Aus Euch wäre ein guter Zauberer geworden, Jagam.« Nugal übernahm wieder den Rest der Ausführungen, und Viscos Blick wanderte von seinem Partner, der sich schon wieder hinter dem Silberkelch verschanzte, zurück zu dem Magier, der Visco einst vom fragwürdigen Segen der vampirischen Unsterblichkeit befreit hatte. »Viele meiner Zunftgenossen verwenden diesen kleinen, aber feinen Trick, um sich frühzeitig darüber in Kenntnis setzen zu lassen, wenn ein Konkurrent sich nähert. Es gibt aber auch weitaus lapidarere Anwendungsgebiete – etwa einen König, der sich von seinem Hofmagier mit diesem Spruch belegen lässt, um gewappnet zu sein und seine Gespielin in den Geheimgang zu schieben, sobald die Kutsche seiner Gattin im Hof vorrollt.« Er hüstelte diskret. »Eure Narben glühten auch damals noch wie Elmsfeuer, kaum dass ich mein magisches Auge bemühte – was sag ich da! Kaum dass ich euch das erste Mal gesehen habe! Bei näherer Untersuchung fand ich dann eine ungewöhnliche, äußerst markante Signatur, die ich an meine Ordensbrüder weiter gab. Seit dem hält jedes Mitglied des Blauen Falken Ausschau nach jener Signatur. Tag für Tag, Nacht für Nacht. Ein hoher Preis für meine Freiheit, aber immerhin einer, der unwissentlich auf den Schultern meiner Brüder ruht. Und geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid.« Nugal sah Lorns skeptisches Gesicht. »Natürlich halte ich ebenfalls nach der Signatur Ausschau, schaut nicht schon wieder so, als ob Ihr gleich Eure Axt rausholt, verflixt! Aber wie Ihr richtig sagtet, ist es unwahrscheinlich, die entsprechende Person hier in Namask zu treffen.«
Nugal blickte erst Visco, dann Lorn an. »Wie dem auch sei ... glaubt Ihr an Zufälle?«, fragte der Zauberer dann gewichtig. Er wartete die Antwort nicht ab. »Kurz bevor ich von Eurem Hiersein erfuhr, erreichte mich ein Botenvogel aus dem Süden. Einer meiner früheren Lehrlinge hat im letzten Monat ein Zupfen am Rande seiner Gedanken wahrgenommen.«
Lorn versteifte sich kaum merklich; selbst Visco hielt den Atem an; seine Hand verharrte auf halbem Weg zu seinem Kelch.
»Ja. Er war in der Nähe meines Schülers.« Nugals Finger malten eine verschlungene Rune in die Luft. Die Realität über der Tischplatte schien zu flimmern, während über dem Holz ein Stillleben erschien, das Stück für Stück zum Leben erwachte. Es zeigte eine von hohen, lehmfarbenen Mauern umgebene Stadt mit schlanken Türmen und aus gebranntem Ton gebauten, weiß oder gelb getünchten Häusern mit flachen Dächern. Dazu kam ein Wirrwarr bunter Sonnensegel und Markisen sowie Menschen mit langen weißen Gewändern und Turbanen, aber auch einige exotische graue und braune Tiere mit langen Hälsen oder Nasen, die sich durch die kunterbunte Menge auf einem Markt schoben und schwere Lasten trugen. Am Rand des Bildes sah man jenseits der spitz zulaufenden Türme und Zinnen eine ebene, helle Sandfläche und hohe Bäume mit langen grünen Blättern. Eine weitere Geste, und das wie hinter einer Hitzewand flirrende Bild verschwand.
Nugal sah zunächst Visco an. »Ich hoffe, dass das Ritual Eure Sonnenempfindlichkeit wirklich getilgt hat. Euch steht in dieser Sache ein echter Härtetest bevor, mein Freund.«
Visco achtete nicht auf Nugals Worte, sondern sah seinerseits Lorn an. Doch der Blick des Jagam war nicht zu deuten, sein Gesicht eine Maske aus fahlnarbigem Eis.
»Ich bin froh, dass ich nicht lange am Arsch der Welt nach Euch suchen und Euch aus dem Rachen eines Drachen befreien musste«, plapperte der Zauberer indes munter weiter. »So habt Ihr eine gute Chance, Euer Ziel rechtzeitig zu erreichen.«
Nach diesen Worten schwiegen alle drei eine Weile. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach; niemand machte einen Versuch, das Gespräch noch einmal in Gang zu bringen.
Lorn trank irgendwann mit einem letzten tiefen Zug aus, erhob sich und schritt um den Tisch. Hier wartete er vor Nugals Stuhl, bis der Magier sich ebenfalls erhoben hatte.
Jagam und Zauberer sahen einander in die Augen. Plötzlich
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