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Der Preis des Lebens

Der Preis des Lebens

Titel: Der Preis des Lebens
Autoren: Christian Endres
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die Visco auf seine eigene Gemütsverfassung zog. »Man kann nicht immer gewinnen. Wie du weißt.« Viscos Lächeln war mindestens so falsch wie das seines alten Freundes. »So ist das eben, Aldair.«
Das L vor eben hatte er gerade noch so verschluckt.
Inzwischen war das Schankmädchen wieder an ihrem Tisch und stellte ihnen beiden einen Krug Wein vor die Nase. Aldair schob ihr ein Trinkgeld zu und strich mit der anderen Hand genüsslich über ihren Hintern.
»Vierzig Kronen«, schnurrte die Kellnerin, die sich von dieser aggressiven Umwerbung keineswegs abgestoßen fühlte.
Visco schüttelte angewidert den Kopf, als Aldair nickte und der Schankmagd lüstern hinterher blickte.
»Sag mir, wenn du hier unten fertig bist«, rief Aldair der jung aussehenden Vampirfrau hungrig hinterher.
Aldair zwinkerte Visco zu. »Entschuldige, aber ... Hölle, dieser Arsch! Hmmm. Ich hab dich immer gemocht, DeRául«, meinte er nach ein paar Augenblicken gut gelaunt und spähte über Viscos Schulter, um seiner Eroberung weiter hinter n her zu schauen; sie flüsterte mit einer ihrer Kolleginnen und übergab ihr das runde Holztablett. »Hier.« Unvermittelt griff da auch Aldair in seinen Umhang. Visco spannte sich unwillkürlich, obwohl Aldairs verlangsamter Vampirherzschlag keinen Verrat fürchten ließ. Aldair bemerkte nichts von Viscos Vorsicht, sondern zauberte einen gefalteten, abgerissenen Fetzen Pergament hervor. »Geh da hin. Vergiss deine Geschäfte eine Weile. Schalt eine Nacht ab. Gönn dir ein bisschen Spaß. Ich brauch's jetzt nicht mehr. Und es wäre schade, die Einladung zu ignorieren.«
Visco wölbte eine Augenbraue in Richtung Stirn. Mit spitzen Fingern griff er nach dem Zettel und entfaltete ihn. Er erkannte eine flüchtig hingekritzelte Adresse hier in Namask.
»Was gibt es dort zu sehen?«, fragte Visco skeptisch.
Aldair war schon wieder voll und ganz damit beschäftigt, seine Eroberung mit Blicken auszuziehen.
Visco war in dieser Sache bestimmt kein Kind von Traurigkeit. Dennoch sah er erneut mit einiger Erleichterung, wie fremd ihm das offen zur Schau getragen dekadente Vampirnachtleben der Stadt geworden war.
»Aldair ...«, seufzte er genervt.
Widerwillig wandte der Angesprochene den Blick von seinem Objekt der Begierde ab. »Ja ja, ist ja gut, Mann! Die Adresse gehört zu einem Haus in der Keltergasse. Der Besitzer ist einer unserer Brüder . Dort steigt heut Nacht eine äußerst exklusive Feier, wenn du verstehst? Ich dachte mir, dass du vielleicht eine Ablenkung suchst, so missmutig wie du dreinschaust ...«
»Du hast deine für heute ja gefunden«, bemerkte Visco trocken.
»Und genau deshalb sollst du ja meinen Platz einnehmen.« Er nickte in Richtung des Papierfetzens zwischen Viscos schlanken Fingern. »Ich schenke dir die Einladung. Sieh es als späte Rückzahlung der Zinsen.«
Visco wog den Zettel nachdenklich in der Hand. »Was haben die da Besonderes zu bieten?«, fragte er wenig überzeugt.
Aldair erhob sich und hakte sich bei seiner Schankmagd ein, nachdem diese endlich an ihren Tisch zurückgekehrt war; ihre Zunge spielte mit Aldairs Ohrläppchen. Ehe er sich ganz von ihr in Richtung Treppe ziehen ließ, tippte Aldair sich noch einmal grüßend an die Stirn und meinte leichthin:
»Geh einfach hin , DeRául. Das wird ein echter Leckerbissen! Eigentlich war es nur als Treffpunkt gedacht, von dem aus wir in die Stadt gezogen wären, um ein bisschen Spaß zu haben. Aber dann ist denen heute Abend ein verdammter Jagam ins Netz gegangen, Mann! Das wird ein Fest, wenn der Kirchenbastard geschlachtet wird. Lass dir das nicht entgehen!«
Während Aldair und die junge Vampirin im Gewimmel zwischen Tresen und Treppe verschwanden, starrte Visco DeRául regungslos auf den Papierfetzen in seiner Hand.
Wahrscheinlich schlug sein Herz nun so schnell wie alle anderen Herzen im Schankraum ...
Zusammen.

3.

Typisch Aldair, dachte Visco, als er voller Skepsis und unguter Vorahnungen auf die geschwärzte Hausruine gegenüber der schmalen Gasse blickte, in deren Eingang er zunächst Position bezogen hatte, um die Lage auszukundschaften.
Für ein paar Kupfermünzen erfuhr er von einem alten Bettler, der in jener Gasse sein Nachtlager aufgeschlagen hatte, dass vor vier Monaten ein Feuer das Haus bis auf die Grundmauern abgefressen und die Familie des Schneiders in den Flammen getötet hatte. Seitdem blickte die Ruine wie ein kaputter, vor sich hin faulender Backenzahn in die Nacht.
Hinter Visco schnarchte irgendwo der
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