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Der pfeifende Mörder

Der pfeifende Mörder

Titel: Der pfeifende Mörder
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hob die Augenbrauen. »Sie hatten Interesse an Fräulein Kappel?«
    »Welcher Mann hätte das nicht gehabt? Sie war wirklich sehr hübsch, und ihr ganzes Wesen strahlte irgendwie einen anziehenden Reiz aus.«
    »Einen erotischen Reiz?«
    »Wenn Sie's genau wissen wollen, ja.« Jan Sehlke sah den Kommissär herausfordernd an. »Aber wer sich bei ihr etwas auszurechnen gedachte, erlebte eine Enttäuschung. Sie war in Wirklichkeit sehr zurückhaltend, ja spröde.«
    Leerdam erwiderte Sehlkes Blick mit unbewegter Miene. »Sie scheinen das Wesen Fräulein Kappels genau gekannt zu haben. Darf ich annehmen, daß auch Sie den Versuch einer Annäherung machten und abgewiesen wurden.«
    Jan Sehlke zögerte, dann nickte er entschlossen. »Ja, Sie dürfen. Der Korb, den ich mir aber holte, war eindeutig. Ich trug mich daraufhin sogar mit dem Gedanken, die Firma zu wechseln.«
    »Sie haben eine gute Stellung hier?«
    »Ja, mir untersteht ein Teil der Exportabteilung.«
    Paul Leerdam betrachtete das Spiel der eigenen Hände mit dem Bleistift, den er zwischen den Fingern rollte. Nach einer Weile meinte er ruhig: »Es ist gut. Schicken Sie mir bitte jene Sekretärin herein, von der Sie glauben, daß sie Fräulein Kappel am nächsten stand.«
    Rasch verließ Jan Sehlke den Raum. Er war froh, daß es so schnell gegangen war. Im Vorzimmer gab er einem der wartenden Mädchen einen stummen Wink, daß sie an der Reihe sei. Die betreffende drückte die Zigarette, die sie halb geraucht hatte, aus, erhob sich und ging durch die Tür ins Chefzimmer.
    Paul Leerdam sah die Sekretärin kurz stumm an, ehe er das Wort an sie richtete. Es war ohne Zweifel eine sogenannte Suggestivfrage, welche nur die einzig mögliche Antwort zuließ.
    »Fräulein Kappel hat mit Ihnen darüber gesprochen, daß sie einen Mann kennengelernt hat?« Die Sekretärin nickte erwartungsgemäß und sagte: »Ja.«
    Paul Leerdam wechselte einen kurzen Blick mit Wilm Schouwen, der sich auf wichtige Einträge in sein Notizbuch gefaßt zu machen schien.
    »Das ist ja sehr schön.« Leerdam sprach sehr jovial und nickte dem Mädchen freundlich zu. »Erzählen Sie mal, was Fräulein Kappel Ihnen in diesem Zusammenhang alles sagte.«
    »Nicht viel.« Die Sekretärin zuckte die Achseln. »Sie sprach nur davon, daß sie im Kino einen Mann kennengelernt habe und ihn treffen wolle.«
    »Das war vor vier Tagen?«
    »Ja. Sie ging vom Büro gleich zu dem Treffpunkt, der vereinbart worden war. Sie sagte noch: ›Jetzt habe ich nicht einmal mehr Zeit, einen Happen zu essen. Hoffentlich geht der mit mir dann in ein Restaurant.‹«
    »Welcher Treffpunkt?«
    »Das sagte sie nicht. Aber etwas anderes mag Ihnen wichtig erscheinen. Sie erwähnte ein Zeichen, das zwischen den beiden ausgemacht worden sei, falls es sehr neblig wäre. Und zwar wollte der Mann ein kleines Lied pfeifen.«
    »Ein Lied pfeifen?«
    »Ja. Ein Liebeslied. Etwa so …« Die Sekretärin spitzte die Lippen und wollte die Melodie pfeifen, aber plötzlich schossen ihr die Tränen in die Augen, deren sie sich nicht mehr erwehren konnte. Sie weinte um ihre Freundin. Das Schicksal derselben war ihr zwar noch unbekannt, sie ahnte aber Schreckliches. Es war auch nichts mehr zu machen mit ihr, Kommissär Leerdam mußte das Gespräch abbrechen, so daß ihm nichts anderes übrigblieb, als zu sagen: »Es ist gut, Fräulein, Sie können gehen.«
    Nachdem das Mädchen den Raum verlassen hatte, zündete sich Leerdam eine Zigarre an und stieß ein paar dicke Wolken wütend gegen die Decke. »Verdammte Weiber!« brummte er.
    »Ich hätte mir noch ein bißchen mehr Zeit gelassen mit ihr«, ließ sich Wilm Schouwen vernehmen. Eine noch dickere Wolke stieg empor.
    »Jaja, das hätten Sie, ich weiß. Die Beine von der waren aber auch zu lecker, nicht? Und ihre Hüften waren auch nicht von schlechten Eltern, was? Wilm, wir zwei kennen uns doch!«
    »Darf man denn nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Das muß doch auch Polizeibeamten erlaubt sein.«
    »Wilm, wir untersuchen hier einen bestialischen Mordfall!«
    »Gewiß, Chef.« Schouwen blickte in sein Notizbuch. »Ich habe auch schon einen Titel für den Unhold.« Er las vor: »Der pfeifende Mörder.«
    Leerdam erhob sich, trat ans Fenster und blickte hinaus auf den Fabrikhof. Als spräche er nur mit sich selbst, begann er dann leise: »Was haben wir hier Neues erfahren? Die hübsche Ruth Kappel war ein anständiges Mädchen, keines, das Männer sammelte. Es war nicht leicht, sie
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