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Der pfeifende Mörder

Der pfeifende Mörder

Titel: Der pfeifende Mörder
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ergeben, daß neben dem Mord ein Sexualverbrechen vorliegt, denn einige Anzeichen deuten darauf hin …«
    »Nach oder vor dem Mord?« unterbricht der Kommissär.
    »Wohl vor dem Mord. Da uns der Kopf fehlt, können wir nur annehmen, daß der Mörder das Mädchen betäubte, sich an ihm verging und dann erst tötete, indem er ihm den Kopf …«
    »Schon gut. So hübsch ist das nicht, daß ich es dauernd hören möchte.« Leerdam, ein großer, schwerer Mann mit dem Gesicht eines Boxers, erhebt sich und geht an eine Karte Westfrieslands, die an der Wand des Zimmers hängt. »In der See bei Ferwerd wurde die Leiche aus dem Wasser geholt, und zwar von dem Fischer Peer van Hoest. Was ist das für ein Mann?«
    »Ein Fischer wie tausend andere an der Küste. Unbescholten, ehrlich, arbeitsam, verheiratet, drei Kinder. Alter: 55 Jahre.«
    »Keine Verdachtsmomente?«
    »Überhaupt keine.«
    Paul Leerdam kratzt sich am Kopf. »Ist jemand aus der Umgebung Leeuwarden als vermißt gemeldet worden?«
    »Bis heute nicht.« Schouwen, der Assistent, ein langer, dürrer Mann von 32 Jahren, blätterte wieder in den Papieren. »Die Obduktion hat ergeben, daß die Tote vor etwa drei Tagen ins Meer geworfen wurde. Damit steht auch die ungefähre Mordzeit fest. Was versprechen Sie sich von einem Fahndungsaufruf in der Öffentlichkeit?«
    »Nichts.« Leerdam wendet sich von der Karte ab und geht in dem großen, heißen Raum hin und her. »Wir wollen die Bevölkerung vorläufig aus dem Spiel lassen. Bis heute weiß sie von dem Mord nichts, nicht einmal die Presse hat davon Wind bekommen. Der Mörder wiegt sich also in Sicherheit. Er ahnt nicht, daß wir sein Opfer bereits in der Anatomie haben. Das kann für uns von Vorteil sein. Wichtig ist natürlich, daß wir rasch herauskriegen, wer die Tote ist …« Er hebt die Schultern und lächelt grimmig. »Vielleicht angeln wir uns in deren unmittelbarer Umgebung den Mörder. Hoffen wir das.«
    Wilm Schouwen läßt vom Aktenstück ab und schaut an die Decke. »Wir wissen jedenfalls so viel, daß es kein Mann ist, der über anatomische Kenntnisse verfügt. Der Kopf ist mit roher Gewalt, wahrscheinlich mit einem Beil, einfach abgeschlagen worden!«
    Leerdam verzieht den Mund. »Sie wollen damit sagen, daß Chirurgen, vielleicht sogar auch schon Metzger, als mutmaßliche Täter ausscheiden. Tierärzte würde ich auch noch hinzunehmen. Wie viele Chirurgen, Metzger und Tierärzte gibt's in Holland? Tausende, hoffe ich. Ich sage ›hoffe ich‹, damit der Rest, der übrigbleibt, nicht so groß ist und uns dadurch die Suche erleichtert.«
    Leerdams Ironie erzielt Wirkung. Wilm Schouwen zeigt eine beleidigte Miene. Er erhebt sich. Er sieht zur Uhr, sie zeigt die achte Abendstunde. »Soll ich den Fall schon dem Distriktkommissär in Groningen zur Übernahme melden?«
    Paul Leerdam fährt herum. »Sind Sie verrückt? Gleich zu Beginn ein solches Armutszeugnis? Wenn Sie sich nicht zutrauen, den Fall zu klären – ich schon! Wir lassen die ganze Küste absuchen, Schouwen. Von Ferwerd bis Oostinahorn. Der Kopf muß mit der Strömung getrieben sein und irgendwo dort an Land kommen. Und dann sehen wir weiter.«
    Noch in dieser Nacht erhalten die Küstenboote die nötigen Instruktionen. Die Deichwärter werden informiert. Polizisten kämmen die Küste durch. Wie Schemen huschen sie durch den Nebel und kriechen auf dem Strand herum. Meter um Meter wird abgesucht. Aller Aufwand ist jedoch vergebens. Drei Tage lang findet sich nichts.
    Am vierten Tag nach dem Mord aber bringt ein Mann einen Kopf zu Paul Leerdam. Einen blutigen, blondlockigen Mädchenkopf.
    Er liegt auf dem Tisch des Kommissärs, bedeckt mit dem Sack, in dem er steckte. Der Mann, der ihn gefunden hat, in der Nähe von Ferwerd im Sand der Küste, heißt Dan Paldoorn.
    Aus dem Protokoll des Kommissärs Paul Leerdam, des Leiters der Kriminalpolizei in Leeuwarden/Westfriesland, Holland:
    Leeuwarden, den 17. September
    Heute erschien der Lumpen- und Schrotthändler Dan Paldoorn, 31 Jahre alt, nicht vorbestraft, wohnhaft in Leeuwarden, Gracht van Willem 17, und meldete, daß er bei der Schrottsuche an der Küste auf einen menschlichen Kopf stieß, den das Meer angespült hatte. Der Kopf lag am Ufer, halb bedeckt mit Muscheln und nassem Sand. Mijnheer Paldoorn steckte den Kopf in einen Sack und brachte ihn sofort zur Kriminalstation. Mehr weiß er nicht zu sagen.
    Anmerkung: Dan Paldoorn ist ein unbescholtener Bürger unserer Stadt mit einem gewissen
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