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Der pfeifende Mörder

Der pfeifende Mörder

Titel: Der pfeifende Mörder
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schouwen!«
    »Ja?« fragte der Assistent.
    »Es ist zum Kotzen!«
    Und Wilm Schouwen konnte dem nicht widersprechen.
    Als sie zurück nach Leeuwarden fuhren, hing das Bild des unbekannten Mädchenkopfes schon an allen Säulen und vielen Hauswänden. Die Zeitungen brachten es auf der ersten Seite. ›Vermißt wird …‹ Es war das Foto eines schönen Mädchens. Lange, blonde Locken umrahmten ein blasses, schmales Gesicht. Die Lider lagen flach über den Augen. Das Bild einer sorglos Schlafenden. Leerdam nickte grimmig.
    »Gute Arbeit des Gefängnisfriseurs«, meinte er leise, vor einem Plakat anhaltend.
    Zustimmend nickte auch Wilm Schouwen und sagte: »Wir werden in kürzester Zeit wissen, wer sie ist, wenn sie aus Leeuwarden stammt. Ein so hübsches Mädchen hat viele Bekannte.«
    »Hoffen wir's, Wilm. Hoffen wir's, sonst wird die Sache kompliziert.«
    Als sie in ihr Büro zurückkamen, lag schon ein Zettel mit dem ersten Telefonanruf auf dem Schreibtisch Leerdams. Der diensttuende Wachtmeister hatte den Anruf vor einer halben Stunde, kurz nach Erscheinen der Morgenzeitungen, entgegengenommen.
    Ein Büroangestellter namens Jan Sehlke hatte sich gemeldet und erregt mitgeteilt, daß das Mädchen auf dem Bild seine Arbeitskollegin Ruth Kappel sei. Es stimme, daß sie vermißt werde … sie sei seit vier Tagen nicht mehr zur Arbeit gekommen. Man habe sich das nicht erklären können. Ruth Kappel und er seien beschäftigt bei der Fa. Termath, Fischeinkoch-Gesellschaft.
    Zufrieden griff Leerdam nach seiner Kaffeetasse, die ihm der Wachtmeister hinschob. Es war so Usus, daß dem Chef, der Junggeselle war, jeden Morgen auf einem kleinen Elektrokocher in der Wachstube Kaffee zubereitet wurde. Schouwen blätterte schon im Telefonbuch und suchte die Nummer der Termath-Gesellschaft.
    »Der entscheidende Schritt ist getan«, meinte Leerdam mit Genugtuung in der Stimme. »Wir haben den Namen – falls er stimmt –, wir haben einen Bekanntenkreis, den wir systematisch durchkämmen können, wir werden eine Menge von Aussagen haben, aus denen wir herausfiltern können, wo sich Ruth Kappel vor vier Tagen aufhielt, was sie vorhatte, was sie sagte, was sie Freundinnen anvertraute. Ich nehme an, daß ein galantes Erlebnis ihr den Tod brachte.« Leerdam trank in großen Zügen seine Tasse Kaffee aus und setzte sie ab. »Ich glaube, wir haben den Burschen schon fast am Kragen, Schouwen. Was jetzt noch kommt, ist reine Routinearbeit.«
    Kommissär Paul Leerdam war eben immer noch in seinem Irrtum befangen, einem Irrtum, der ihm nun aber bald klar wurde, nämlich schon am Abend, als er erschöpft in seinem Zimmer saß und die Protokolle noch einmal durchlas, mutlos, deprimiert, enttäuscht.
    Als er mit Wilm Schouwen und zwei Stenografen zehn Stunden vorher im Bürohaus der Termath-Fischeinkocherei erschienen war, hatte ihn schon der Direktor und Jan Sehlke sowie drei Sekretärinnen, mit denen zusammen Ruth Kappel in einem Zimmer der Firma gearbeitet hatte, erwartet.
    Die Leute waren in heller Aufregung. Nicht nur ein Betriebsangehöriger hatte am Morgen in der Zeitung das Foto der hübschen Kollegin Ruth Kappel entdeckt, von der inzwischen alle gewußt hatten, daß sie abgängig war. Ewald Termath, der Chef der Gesellschaft, hatte daraufhin sofort den Anruf bei der Kriminalpolizei veranlaßt.
    Paul Leerdam ging bei den Ermittlungen nach bewährtem Muster vor. Er ließ die sich meldenden Zeugen, hauptsächlich Damen, einzeln in das Direktionszimmer kommen, aus dem er den Chef der Firma – mit dessen Einverständnis natürlich – verbannt hatte. Er saß hinter dem großen Schreibtisch, flankiert von den beiden Stenografen. Das sah sehr amtlich aus und verfehlte nicht seinen Eindruck auf die eintretenden Sekretärinnen. Wilm Schouwen lehnte am Fenster und beobachtete still die einzelnen Zeugen, sich ab und zu Notizen in seinem kleinen Taschenbuch machend.
    Jan Sehlke wußte nicht viel auszusagen. Er kannte Ruth Kappel seit zwei Jahren, von dem Tag an, an dem sie in die Firma eingetreten war.
    »Fräulein Kappel war sehr hübsch«, sagte Leerdam und betrachtete das Zeitungsbild, das vor ihm auf der Tischplatte lag. »Sie hatte sicherlich Freunde, Verehrer.«
    »Das weiß ich nicht. Wir sprachen nie darüber.« Jan Sehlke hob bedauernd die Schultern. »Ruth war ein stilles Mädchen, immer freundlich, kameradschaftlich, aber sie hielt stets Abstand zu uns Männern in der Firma. Leider«, fügte er mit einem schwachen Lächeln hinzu.
    Leerdam
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