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Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch
Autoren: Léo Malet
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dieser Paul Grillat,
dachte ich.
    «Ich werd’s ihm ausrichten», erwiderte sein so
gut wie angeheirateter Patenonkel. «Nun, ich möchte Ihre Zeit nicht länger in
Anspruch nehmen, Monsieur Burma. Vergessen Sie nicht, daß Sie seit einer
Viertelstunde Monsieur Durocher gehören!»
    Wenige Stunden später saß ich in einem Flugzeug
der Air Inter und flog nach Nîmes.
     
    In Nîmes erlebte ich einen Reinfall. Monsieur
Durocher, von dem man — Bankier oblige! — einen souveräneren Umgang mit Zahlen
hätte erwarten können, hatte sich im Datum geirrt oder war falsch informiert
worden. Der Gefängnisdirektor — ein prima Kerl, der übrigens schon von mir
gehört hatte und mich zu schätzen schien — teilte mir mit, daß Monsieur Legrand
bereits seit gut drei Wochen auf freiem Fuß sei. Er habe seine Strafe
abgesessen und unterliege keinerlei Auflagen, wie es so schön auf dem
Entlassungsschein stehe.
    Also, nichts wie hinterher! Von meinem Hotel aus
rief ich die Banque Métropolitaine an. Monsieur Durocher sei gerade
nicht zu erreichen, hieß es. Ob ich eine Nachricht hinterlassen könne? Oder ob
ich vielleicht mit Monsieur Buard... falls der zu erreichen sei...
    Monsieur Buard war zu erreichen, und ich teilte
ihm die schlechte Nachricht mit.
    «Tja...» brummte er. «Ich möchte offen zu Ihnen
reden: Monsieur Durocher wird wütend sein. Es wäre mir lieber, wenn Sie es ihm
beibringen würden. Rufen Sie doch in einer Stunde noch einmal an...»
    Ich rief in einer Stunde noch einmal an und
mußte mich tatsächlich anschnauzen lassen. Als wäre es meine Schuld gewesen,
daß uns der Ganove durch die Lappen gegangen war!
    «Gibt es denn keinen Hoffnungsschimmer?» fragte
der Bankier, nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hatte. «Vielleicht könnten
Sie versuchen, dort unten seine Spur aufzunehmen?»
    Zu dem, was von den 1960 geklauten Wertpapieren
übriggeblieben war (falls was übriggeblieben war), und zu Monsieur X. (falls er
existierte) geführt werden zu wollen, und zwar durch jemanden, von dem man
nicht genau wußte, ob er an dem Coup beteiligt gewesen war — das ließ sich
schon als reichlich kindisch bezeichnen. Und anzunehmen, daß Legrand nach
seiner Entlassung in der Nähe des Gefängnisses herumstrolchte, war auch nicht
gerade intelligenter. Alles in allem bewies der Finanzier außerhalb der Börse
nicht besonders viel Köpfchen!
    «Na schön», sagte ich, da ich erkannte, welchen
Vorteil ich aus der Lage der Dinge ziehen konnte (ein paar Tage Urlaub auf
seine Kosten!), «ich werde sehen, was sich in dieser Richtung unternehmen
läßt.»
    Vor allen Dingen unternehmen!
    Monsieur Durocher bedankte sich, und als er
auflegte, war er wieder etwas liebenswürdiger geworden.
    Noch am selben Abend fuhr ich ins Lavandou, wo
Hélène, meine Sekretärin, ihren Jahresurlaub verbrachte. Ich verlebte ein paar
nette Tage an ihrer Seite, ohne mich noch weiter um Legrand zu kümmern. Dann
kehrte ich wieder nach Paris zurück. Man darf den Bogen nicht überspannen.
    Mein erster Besuch galt Monsieur Durocher. Ich
erstattete ihm Bericht, über den er etwas enttäuscht zu sein schien. Doch
schließlich mußte auch er zugeben, daß meine Mission etwas zu sehr auf Zufall
aufgebaut gewesen war. Als er mich hinausbegleitete, fügte er seufzend hinzu,
daß, wenn ich, man wisse ja nie, zufällig etwas hören würde... und aus diesem
Grund bitte er mich, die Akte Bodin aufzubewahren, denn man wisse ja nie...
usw. Aber der Fall schien ihm nicht mehr sonderlich am Herzen zu liegen.
Monsieur X. war, was seine Sorgen anging, offenbar in den Hintergrund getreten.
    Die Erklärung für die Veränderung in seiner
Haltung war vielleicht in der neuesten Ausgabe des Crépuseule zu finden,
die ich mir kaufte, um sie in der Métro zu lesen. Der Skandal um die Austro-Balkans schlug immer höhere Wellen. Zwei Bankiers, die durch den Konkurs ruiniert
worden waren, hatten Selbstmord begangen, und ein Verwaltungsratsmitglied des
bankrotten Unternehmens war verhaftet worden. Ein weiteres Verwaltungsmitglied
konnte seinen Kopf zunächst aus der Schlinge ziehen, indem er einen alles
andere als heiligen Mann namens Saint-Genest beschuldigte, einen bekannten
Sensationsjournalisten und Leiter des Espion Parisien, eines Käseblatts
mit mehr oder weniger erpresserischen Absichten.
    Von der Banque Durocher war nicht die Rede,
nicht einmal in Anspielungen. Aber wie hatte ihr Big Boss noch gesagt? Man kann
nie wissen...

Die Wunde an der
Brust
     
     
    Das junge
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