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Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch
Autoren: Léo Malet
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nicht besonders schlau von mir gewesen, es ihm zu sagen. Ich begnügte
mich also damit, seiner These zuzustimmen, gab ihm allerdings die Möglichkeit
zu bedenken, daß der Kerl nach Verbüßung seiner Haftstrafe nur ein einziges
Bedürfnis verspüren könnte: sich in einem ruhigen Winkel zu verkriechen und
auszuruhen, fern von seinen ehemaligen Freunden, und das auf unbestimmte Zeit.
    «Versuchen wir’s trotzdem», entschied Monsieur
Durocher. «Es würde mich doch sehr wundern, wenn der Gangster Sie nicht
irgendwohin führen würde. Kann ich auf Sie zählen?»
    Er konnte. Es war sehr lange her, daß man mir
einen so ruhigen Job angeboten hatte. Ich mußte mir nur einen Klappstuhl
kaufen, mich vor das Tor des Zentralgefängnisses in Nîmes setzen, Legrands Foto
auf den Knien, und darauf warten, daß man ihn freilassen würde, um mich dann an
seine Fersen zu heften. Irgendwohin würde er mich bestimmt führen, und sei es
auch in ein öffentliches Duschbad oder ins nächstbeste Bistro. Apropos Foto...
ob mir Monsieur Durocher wohl das von Legrand mitgeben könne?
    «Sie können die gesamte Akte mitnehmen», sagte
der Boß und reichte mir die Mappe. «Ich habe sie extra für Sie zusammenstellen
lassen. Vielleicht können Sie etwas damit anfangen.»
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren (um sich zum
Beispiel nach meinen Honorarsätzen zu erkundigen), stellte er einen äußerst
großzügigen Scheck aus und drückte ihn mir in die Hand, was gleichzeitig
bedeutete, daß die Audienz beendet war.
    Ich verließ das Allerheiligste zusammen mit
Monsieur Buard, der bisher nicht sehr gesprächig gewesen war. In seinem eigenen
Büro, in das er mich daraufhin einlud und das sich ein Stockwerk tiefer befand,
wurde er ein wenig redseliger.
    «Sie schienen überrascht», begann er, «als
Monsieur Durocher Ihnen mitteilte, daß er Sie auf meinen Rat hin für diesen
Auftrag ausgewählt habe. Stellen Sie sich vor: Ein früherer Mitarbeiter von
Ihnen hat Sie einmal mir gegenüber lobend erwähnt, und als Monsieur Durocher
mir von seiner Absicht erzählte, sich an einen Privatdetektiv zu wenden, habe
ich mich wieder an Sie erinnert.»
    «Ein früherer Mitarbeiter von mir?»
    «Ja. Ein junger Mann, der sich im Moment mehr um
Ziergärten kümmert: Paul Grillat.»
    «Paul Grillat?»
    Ich kramte in meinem Gedächtnis.
    «Ach ja, jetzt erinnere ich mich...»
    Ich erinnerte mich nur sehr schwach, aber das
machte nichts. «Und was ist aus dem Jungen geworden? Er kümmert sich jetzt um
Ziergärten, sagten Sie?»
    «Ja. Er ist das, was man einen
Landschaftsgärtner nennt. So im Stil von Lenôtre, wissen Sie?»
    Ja, jetzt wußte ich es wieder! Ich hatte diesen Grillat
vor etwas mehr als einem Jahr in Saint-Germain-des-Prés kennengelernt, im Café
Flore, wo ich hin und wieder mal ein Gläschen trank und mit Pascal, dem
allseits bekannten Kellner, und Boubal, seinem Chef, über die gute alte Zeit
plauderte. Grillat war einer von den jungen Burschen von heute, ziemlich
eingebildet für meinen Geschmack, ein Schaumschläger mit jeder Menge latenter,
aber wenig konkreter Talente. Ich erinnerte mich tatsächlich daran, daß er sich
vorgenommen hatte, die Gartenbaukunst zu revolutionieren, wie André Lenôtre
eben, der berühmte Gartenarchitekt aus dem 17. Jahrhundert. Was ihn aber nicht
davon abhielt, sich außerdem auch noch für Francis Copian zu halten, mit einem
Schuß Hercule Poirot. Er hatte mich so lange bequatscht, bis ich ihn
spaßeshalber zwei- oder dreimal mit leichten Aufgaben betraute, bei denen er
nicht viel verderben konnte. Übrigens hatte er sich recht ordentlich aus der
Affäre gezogen, aber das zum Anlaß zu nehmen, sich als meinen Mitarbeiter zu bezeichnen...
    «Und dieser junge Mann hat Ihnen von mir
erzählt?»
    Ich fragte mich, was er wohl erzählt haben
könne.
    «Ja», antwortete Buard. «Er ist ein kleiner
Witzbold, wissen Sie? Irgendwann einmal — wir redeten so über dies und jenes — sagte
er zu mir, daß ich als Bankier doch bestimmt ständig Angst vor Erpressern haben
müsse. Aber ich könne ganz unbesorgt sein, er wisse nämlich, wie man
Personenschutz organisiere, denn er habe mal als Detektiv bei Nestor Burma
gearbeitet.»
    «Das hört sich aber sehr familiär an...»
    «Oh, er gehört auch fast zur Familie. Ich habe
durch meine Patentochter kennengelernt, sie und er sind so gut wie verlobt.»
    «Ach was! Na, dann bestellen Sie ihm meinen Glückwunsch,
wenn Sie ihn das nächste Mal sehen.» Ein pfiffiges Bürschchen,
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