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Der Neue im Sportinternat

Der Neue im Sportinternat

Titel: Der Neue im Sportinternat
Autoren: Thomas Mindt
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Liebe, ich weiß. Tu ihr nicht weh!«
    »Wir haben keine Affäre!«
    Leon hält inne. Er schaut auf Claudes Kinn, sieht die dunklen Bartstoppeln. »Bei dir sprießt es schon wieder«, lächelt er.
    »Ich könnte mich zweimal am Tag rasieren, und trotzdem wäre mein Gesicht nicht glatt wie ein Kinderpopo. Den starken Bartwuchs habe ich von meinem Großvater.«
    »Testosteron! Du bist voll davon. Mon dieu!« Mit dem Finger streift Leon über Claudes Kinn und lässt sich mit einem schweren Seufzen nach hinten fallen.
    »Willst du mir erzählen, was genau vor drei Tagen geschehen ist? Ich kann gut zuhören. Reden hilft!«, bietet Claude seine Hilfe an. »Du kannst mir vertrauen, das weißt du.«
    »Julian und ich haben uns verlobt! Mein Vater is' ausgetickt, weil wir ihn nicht rechtzeitig eingeladen haben«, scherzt Leon mit einem ironischen Grinsen. Doch die Ironie ist nur von kurzer Dauer. Traurigkeit schleicht sich in sein Gesicht. Für eine Weile ist Leon voller Sorge. Vor seinem geistigen Auge läuft das Geschehene wie ein Film im Zeitraffer ab. Seufzer reihen sich aneinander zu einem Lamento. »Was soll schon geschehen sein? Im Grunde nicht viel und irgendwie ne ganze Menge! Julian is' mein Freund, seit ich denken kann. Wir teilen die meisten Geheimnisse. Ich mag ihn wirklich sehr. Vor einiger Zeit habe ich ihm von den Gefühlen in mir erzählt. Das musste ich ihm stecken, sonst wäre ich geplatzt. Ich musste mich jemandem anvertrauen! Logo, dass nur Julian dafür in Frage kam. Ihm habe ich meine ersten Schamhaare gezeigt, weil ich es nicht fassen konnte, als Haare an meinem Sack sprossen. Daraufhin hat er mir seine gezeigt. Das war echt cool! Zur selben Zeit begannen unsere Lümmel Chinchillas zu tragen. Wir erlebten die Veränderungen bei uns gemeinsam. Du weißt schon, Claude, noch kein richtiger Mann, aber auch kein Junge mehr. Das war so schön! Das kannst du nur mit deinem besten Freund machen! Julian hat mir immer von den Mädels vorgeschwärmt. Jeden Tag fand er ein anderes Chick geil. Ich hab nie geschwärmt, no wayl Hätte ich das gemacht, hätte ich von Jungs schwärmen müssen. Hab mich einfach nicht getraut! Stell dir nur mal vor, alle meine Kumpels denken an Frauen, zumindest kam es mir so vor, und ich dachte an Jungs. In meinem Kopf hat sich alles gedreht. Ich bin anders!, hämmerte es pausenlos in meinem Hirn. Ich hab mich allein gefühlt und mir nie etwas anmerken lassen. Reine Schutzmaßnahme! Beim Schwimmtraining wusste ich gar nicht, wohin ich schauen sollte. Die schönen trainierten Körper der anderen Schwimmer ließen mich innerlich laut Hurra rufen. Ja! Yesl Oui! Das war ein eindeutiges Bekenntnis. Irgendwann hab ichs Julian wissen lassen. Für ihn war das null Problem. Wie immer haben wir uns ausgetauscht und alles miteinander bequatscht. Das war so easy. Als er vor drei Tagen bei mir war, sind wir wieder bei unserem Lieblingsthema gelandet: Ist es ein großer Unterschied, einen Mann oder eine Frau zu küssen? Julian is' der Fachmann, sagte ich mir, weil er mit Mädels schon 'nen Zungentango hingelegt hat. Keine Ahnung, was dann passiert is'. Die Situation hat eine eigene Dynamik angenommen. Hat sich übrigens aufregend und gut angefühlt! Julian is' an mich rangerückt, hat seine Hand auf mein Bein gelegt und wollte es wissen. Wir haben geknutscht und ein bisschen gefummelt. Anfangs haben wir uns dabei angeschaut, irgendwie war uns das nicht geheuer. Ich meine, wir sind beste Freunde! Aber es war schön, und deswegen haben wir die Augen geschlossen und konnten nicht mehr aufhören. Das Nächste, woran ich mich erinnere, is' mein Vater, der vor uns stand. Er war außer sich. Er hat mich wie ein Irrer angeschrien, vom Bett gezerrt und mir mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Zuerst rechts, dann links. Ich war zu keiner Reaktion fähig. Das war so heavy! Was is' in dich gefahren? Ich hab dich nicht großgezogen, damit aus dir ein warmer Bruder, eine widerliche Schwuchtel wird! Das is' abartig, völlig pervers! Dir is' wohl egal, was die Leute sagen. Mir nicht! Mein Sohn is' kein Perverser!, hat er mich angekläfft und durchgerüttelt. Er is' so laut geworden, dass er das ganze Haus zusammengeschrien hat. Maman und Phillip sind ins Zimmer gestürmt, haben kein Wort gesagt. Du kennst meinen Vater, Claude. Bei ihm traut sich niemand was. Er behandelt uns wie seine Angestellten. Julian hat er rund gemacht und aus dem Haus geworfen. Selbstverständlich hat er es sich nicht nehmen lassen,
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