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Der Neue im Sportinternat

Der Neue im Sportinternat

Titel: Der Neue im Sportinternat
Autoren: Thomas Mindt
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sicher! Sollte dir jedoch ein Kerl namens Vlad Tepe§ begegnen und um ein Rendezvous bitten, dann sieh zu, dass du die Beine in die Hand nimmst und schnell wegrennst!«
    Leon schmunzelt, und für einen Augenblick kann er seinen flauen Magen vergessen. Er sieht zum Schloss und ächzt: »In dem Kasten werde ich mich wie lebendig begraben fühlen. Pünktlich zur Geisterstunde erscheint so 'ne abgefahrene Gestalt, die ihren Kopf unterm Arm trägt. Wir bowlen 'ne Runde zusammen, anschließend gebe ich ihm seinen Schädel zurück und das läuft dann unter Training ab. Deswegen auch Sportinternat! Wahrscheinlich lautet ne andere abgefahrene tägliche Disziplin Fangt-die-Fledermäuse-und-Ratten-und-schlagt-sie-tot. In solchen alten Schuppen wimmelt es doch bestimmt von solchen Viechern und wenn auch nur auf zwei Beinen!«
    Claude lenkt den Wagen durch das große Eisentor in der Mauer und fährt am Schloss vor. Aus dem Auto heraus betrachtet Leon das Schloss aus unmittelbarer Nähe. Der Gebäudekomplex ist gigantisch! Die Frontseite lässt erahnen, was Leon im Inneren erwarten wird - eine Welt für sich!
    Claude steigt aus. Er geht zum Kofferraum und holt Leons Gepäck, das aus zwei Koffern und einem Rucksack besteht. Am liebsten würde Leon den Mercedes nicht verlassen. Claude stellt das Gepäck vor dem Wagen ab und öffnet die Autotür. Eine galante Aufforderung, dass Leon den Hintern hochkriegen und aussteigen soll.
    »Nun is' es also wahr geworden. Ich bin in der Verbannung angekommen! Shit!« Leon gibt sich einen Ruck und steigt aus.
    »Komm«, fordert Claude ihn auf und will die Koffer nehmen.
    »Nein, warte!«, hält Leon ihn davon ab.
    »Was ist?«
    »Ich will da allein reingehen!«
    »Aber dein Vater hat mir ausdrücklich aufgetragen ...«.
    »Das is' mir völlig Latte! Ich bin nicht mehr in seinem Machtbereich. Hier hat der Blödmann nix zu melden, klar!«
    Aus der Innentasche seines Sakkos holt Claude ein Handy. »Hier!«, sagt er und überreicht Leon das Handy.
    »Für mich?« Leon bestaunt das Handy. »Is' ja nigelnagelneu!«
    »Von deiner Maman. Zum Geburtstag. Die Nummer hat sie dir hinten draufgeklebt. Du sollst sie aber nicht verraten. Eigentlich sind im Internat keine Handys erlaubt. Und dein Vater ...«.
    »Vergiss den Sack!«
    Claude greift erneut in die Innentasche seines Sakkos und gibt Leon 200 Euro. »Das soll ich dir auch noch von ihr geben«, erklärt er.
    Leon steckt das Geld ein. »War's das? Oder zauberst du jetzt gleich noch einen Strauß Blumen für mich aus deiner Jacke?«
    »Das war's!«, lächelt Claude.
    »Ja, leider«, erwidert Leon mit ernster Miene und besinnt sich wieder auf das, was nur noch wenige Schritte von ihm entfernt ist. »Sag Maman, dass ich sie liebe!«
    »Das mach ich.« Claude reicht Leon die Hand. »Pass auf dich auf!«
    »Danke, dass du mich als Freund hergebracht hast und nicht als Angestellter! Das hat es mir ein bisschen leichter gemacht.«
    »Das hab ich gern gemacht. Du weißt, dass ich dich mag.«
    Leon hält Claudes Hand fest, lässt sie einfach nicht los. »Pass auf Maman auf!«, spielt er erneut auf eine Affäre zwischen Claude und seiner Mutter an.
    »Wir haben keine ...«
    »Ja, schon gut.« Leons Augen werden wässrig. Er zieht die Nase hoch.
    »Hey!« Claude nimmt ihn in den Arm, drückt ihn aufmunternd und sagt: »Du bist nicht der Einzige! Vergiss das nie! Adieu!«
    »Adieu!«
    Claude steigt in den Wagen, winkt noch mal zum Abschied und fährt los. Leon blickt ihm hinterher, bis der Mercedes nicht mehr zu
    sehen ist. Das letzte bisschen Vertrautheit ist auf und davon. So fühlt sie sich also an, die Fremde! Leon empfindet sich wie ein Astronaut, der weit weg von zu Hause ist und den Funkkontakt zur Basis verloren hat. Er ist auf einem fremden Planeten gestrandet in einer fernen Galaxie. Er ist auf sich allein gestellt und muss sich durch den Schlamassel durchboxen. Egal wie!
    Ein Gefühl von Orientierungslosigkeit überfällt Leon. Er bemerkt, dass sein altes Weltbild für ihn endgültig zusammengebrochen ist. All die einstigen Ideale scheinen nicht mehr zu existieren, weil die Werte nicht mehr stimmig sind. Sein Vater hat mit seiner Bestrafung ganze Arbeit geleistet und für eine niederschmetternde Desillusion gesorgt! In Leon ist eine Verwirrung, denn er ist entzaubert und in dieser Minute ist er es viel stärker als je zuvor. Ein neuer Halt muss her!
    Leon will sein eigenes Leben in die Hand nehmen und die Desillusionierung überwinden. Wie er das
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