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Der Neue im Sportinternat

Der Neue im Sportinternat

Titel: Der Neue im Sportinternat
Autoren: Thomas Mindt
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deiner Maman zum Abschied.«
    »Das geht nicht!«, sagt Leon. Er will eisern bleiben. Die leiseste Regung, ein Hauch einer Emotion würde alles zunichte machen. Das könnte er sich nie verzeihen! In ihrer Erinnerung will er wie in Stein gehauen sein. Stoneface! Null Gefühl. Wie tiefgefroren.
    »Es ist deine Entscheidung!«
    »Ganz genau!«
    Der Mercedes beginnt zu rollen, kommt langsam in Fahrt. Claude lässt sich Zeit. Es scheint, als wolle er Leons Abschied dramatisch in Szene setzen. Obwohl Leon sein Pokerface aufgesetzt hat, hegt er tief in seinem Inneren den Wunsch nach einer fairen Aussprache und nach Verständnis. Allerdings weiß er, dass dieser Wunsch unerfüllt bleiben wird.
    Der Mercedes entfernt sich vom Haus. Per Knopfdruck schließt Leon das Fenster. Leise surrend kommt die Fensterscheibe aus der Versenkung in der Türverkleidung nach oben gefahren. Der letzte Vorhang ist gefallen. Leons Welt steht nicht nur still, soeben ist sie untergegangen!
    In Leons Kopf herrscht ein wildes Durcheinander. Die unterschiedlichsten Gedanken sorgen für Chaos. Was liegt vor ihm? Was erwartet ihn am Ende dieser Reise? Und vor allem, wer erwartet ihn an einem Ort, den er noch nie zuvor gesehen hat? Diese Ungewissheit gefällt Leon überhaupt nicht. Dies ist sein Leben, und er will eigene Entscheidungen treffen. Alt genug dafür ist er! Und für sein Alter hat er eine erstaunlich reife Persönlichkeit mit Strukturen, die auf ein großes menschliches Potenzial deuten, das hat zumindest Frau Sommerfeld gesagt. Frau Sommerfeld ist, besser gesagt war, bis zur vergangenen Woche Leons Geschichts-und Deutschlehrerin. In seiner alten Schule hat Leon sich wohlgefühlt und sich einer großer Beliebtheit erfreut. Er konnte mit jedem gut, und die meisten kamen mit ihm gut klar. In seiner Klasse gab es eine eingeschworene Gemeinschaft. Das hatte schon fast einen Touch von Familie. Die Vertrautheit war etwas ganz Besonderes für Leon.
    Und genau aus diesem Grund gab es an diesem speziellen Tag keinen Konfettiregen weder in Leons Gedanken noch in seinem Herzen! Es schien Leon, als würde zum ersten Mal in seinem Leben diese Vertrautheit einer Ungewissheit Platz machen, die für einen bisher nicht gekannten Druck sorgt. Allerdings kann Leon den Druck überspielen. Er wird ganz bestimmt nicht daran kaputtgehen, wenn er authentisch ist und er selbst. Diese väterliche Prophezeiung wird er Lügen strafen! Verzichte auf diese Seite an dir!, hallt es in Leons Kopf.
    Wie konnte sein Vater nur so etwas Inakzeptables fordern? Wieso sollte Leon auf sein Ich verzichten?! Seine innere Stimme flüstert ihm >Scheiß auf alle!    »Was amüsiert dich?«, will Claude wissen. Leons Schmunzeln ist ihm nämlich nicht entgangen, weil er immer wieder mal in den Rückspiegel blickt und nach ihm sieht.
    »Fuck them all!«, sagt Leon und atmet tief aus.
    »Aha.« Claude legt die Stirn in Runzeln und sagt: »Das ließe sich mit Sicherheit präziser formulieren, Monsieur Farrell.«
    »Wie förmlich!« Leon holt eine Packung Kaugummi aus seiner Hosentasche, nimmt einen Streifen heraus, öffnet die Verpackung und schiebt sich das Kaugummi mit der Fingerspitze langsam in den Mund. »Sorry!«, haucht Leon. Während er mit einer Hand die Verpackung seines Kaugummis zerknüllt, reicht er mit der anderen die restlichen Kaugummis nach vorn und bietet Claude eins an.
    »Merci! «, bedankt sich Claude und greift zu. »Verrätst du mir jetzt, was du eben gemeint hast?«
    »Das war ne Erkenntnis!«, erklärt Leon kauend. Er stülpt das Kaugummi über seine Zungespitze, weitet es und bläst seinen Atem hinein. Es entsteht eine Kaugummiblase, die immer größer wird und mit einem Plong! platzt. Mit der Zungenspitze sammelt Leon die klebrige Masse von seinen Lippen auf und kaut munter weiter. »Meinem Vater werde ich es zeigen! Nur weil ich Julian geknutscht habe, läuft er Amok und schickt mich in so ein beknacktes Internat in der Pampa. Ein Jungeninternat! Uups!, wird er sich denken, sollte der Schock jemals nachlassen. Mal ehrlich, Claude. Wäre deine Freundin 'ne Nymphomanin, würdest du sie in einem Haus voller Männer übernachten lassen? Ha! Haha! Schön blöd, findest du nicht auch? Damit meine ich jetzt nicht, dass ich zur Nymphomanin werden will.«
    »Schon klar«, grinst Claude. »Apropos Pampa. Ich sollte besser mal
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