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Der Neue im Sportinternat

Der Neue im Sportinternat

Titel: Der Neue im Sportinternat
Autoren: Thomas Mindt
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den Ort ins Navigationssystem eingeben. Vor lauter Aufregung habe ich das glatt vergessen!«
    »So was passiert dem Profi? Du kannst von Glück reden, dass mein Vater nicht hinter dir sitzt. Was glaubst du, was der dir jetzt erzählt hätte! Vermutlich hätte er dir das Weihnachtsgeld gekürzt. Zahlt er überhaupt Weihnachtsgeld? Und überhaupt, weshalb bist du eigentlich so aufgeregt? Ich werde in die Verbannung geschickt und nicht du!«
    »Jeder von uns hat mitgekriegt, was dein Vater die letzten drei Tage mit dir abgezogen hat. Für mich war das Psychoterror. Tut mir einfach leid für dich!«
    »Wie lange arbeitest du jetzt eigentlich schon bei uns?«
    »Drei Jahre.« Mit einem Auge blickt Claude auf die Straße und mit dem anderen schielt er auf das Navigationssystem. »Fronberg«, brummt er vor sich hin und gibt den Zielort ein. »Hab noch nie zuvor von dem Nest gehört. Die Eifel ist ein schönes Fleckchen Erde, habe ich mir sagen lassen. Das Internat liegt 15 Kilometer von Fronberg entfernt.«
    »Ein schönes Fleckchen Erde«, wiederholt Leon angewidert. »Vielleicht in einem Sarg einsachtzig tief! Die Eifel is' nicht Berlin oder Hamburg. Ich will da nicht hin! Das is' nur was für Partyschranken. Und ein Internat is' was für 'n MOF!«
    »Ein MOF?«
    »Ein Mensch ohne Freunde! Wenns mich total anödet, werde ich mich völlig daneben benehmen, damit ich rausgeschmissen werde. Ich küsse nicht nur Männer, ich sorge auch für Stress! Soll mein Vater doch sehen, wie er damit klarkommt. Wieso sollte ich ihn schonen? Nee, das sehe ich nicht ein! Allerdings weiß er sich immer zu helfen. Innerhalb von drei Tagen hat er meine Verbannung bis ins Detail durchgeplant. Er hat ein Internat gefunden, mich dort angemeldet und bei meiner alten Schule abgemeldet. Nicht mal bis zu den Sommerferien konnte er damit warten. Bei seinen Bestrafungen is' er verdammt konsequent! Anfangs bin ich echt verzweifelt gewesen, das war heavy für mich! Aus meiner Verzweiflung is' allmählich Wut geworden und die hat sich wiederum zu Entschlossenheit gewandelt. Ich werde leben und lieben, auch wenn er mir deswegen den Krieg erklärt. Er flippt doch immer aus. Ich hasse ihn!«
    »Sag das nicht, Leon.«
    »Wieso nicht?«
    »Er ist dein Vater!«
    »Leider hat er vergessen, dass ich sein Sohn bin!« Leon blickt auf die Straße. Er würde so gern schreien und trampeln, seinem Zorn Luft machen. Er hält sich zurück, weil er davon überzeugt ist, dass seine Stunde kommen wird. Am Himmel ist eine einzige Schönwetterwolke zu sehen. Sie wirkt verloren am endlosen Blau. Genau so fühlt sich Leon. Er kaut sein Kaugummi, weil er sich irgendwie abreagieren muss. Er muss ans Internat denken, verdrängt diesen Gedanken jedoch gleich wieder. Ich will nicht! Ich will da nicht hin! Leon starrt auf Claudes Kopf, betrachtet dessen dunkelbraunes Haar und findet, dass Claude sogar von hinten sehr maskulin wirkt. Leon überlegt, ob er Claude die Frage stellen soll, die er ihm schon seit Langem stellen will. Wieso eigentlich nicht? »Hast du 'ne Affäre mit meiner Mutter?«, schießt es dann aus seinem Mund heraus.
    Claude verreißt fast das Lenkrad. Er wirft einen raschen Blick über seine rechte Schulter zu Leon und fragt: »Wie kommst du denn darauf?«
    »Na ja, meine Mutter is' Französin, und du bist Franzose.«
    »Deswegen müssen wir noch lange keine Affäre haben. Ich ... Hat das jemand behauptet?«
    »Nein.« Leon beugt sich nach vorn und hält sein Gesicht zwischen die Kopflehnen von Fahrer-und Beifahrersitz. Er schaut Claude an. Claude guckt demonstrativ auf die Straße. Leon mag Claude. Sollte Claude mit seiner Mutter schlafen, dann hat er kein Problem damit. »Ich habe bemerkt, wie du sie anschaust«, enthüllt Leon seine Beobachtungen.
    »So?«
    »Ja. Du betrachtest sie mit den Augen eines Mannes!«
    »Ich bin ein Mann, Leon! Deine Maman ist für mich ...«.
    »Unefemme comme une autre?«
    »Nein, sie ist für mich nicht eine Frau wie jede andere - sie ist meine Chefin!«
    »Sie hat dich eingestellt, ich erinnere mich genau!«
    »Meine Referenzen haben sie überzeugt. Sicher war es ein Plus, dass ich Franzose bin. Mit mir kann sie sich auf Französisch unterhalten.«
    »Deine Referenzen als Mann oder Chauffeur?«
    »Willst du mich die ganze Fahrt über verhören?«
    »Mal sehen. Ihr solltet euch nicht erwischen lassen«, warnt Leon Claude. »Wenn mein Vater von der Affäre Wind bekommt, dann wird er euch gnadenlos fertig machen. Maman wünscht sich
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