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Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt

Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt

Titel: Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
Autoren: mainbook
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Kapitel 1
    Die Bruchfeldstraße war mal wieder ein einziges Chaos. Autos, Busse und die Straßenbahn drängelten sich durch die lebhafte, aber ziemlich enge Einkaufsstraße in Niederrad. Sogar der Behindertenparkplatz vor dem Drogeriemarkt, auf den sich Leni manchmal mit schlechtem Gewissen stellte, war heute belegt. Endlich erspähte sie eine Lücke und nahm erleichtert das Gas weg. Da schoss aus heiterem Himmel ein Lieferwagen quer über die Fahrbahn, schnitt ihr den Weg ab und schob sich auf den freien Platz. Wie empört kreischten die Bremsen, und der Sicherheitsgurt drückte schmerzhaft in Lenis Brustkorb, als das Auto mit einem Ruck zum Stehen kam. Puh, das war gerade noch mal gut gegangen. Aber die Erleichterung dauerte nur kurz, dann sah sie Rot. So eine Unverfrorenheit! Seit einer Ewigkeit kurvte sie hier schon herum. Und nun das. Sie ließ das Fenster auf der Beifahrerseite herunter.
    „Sind Sie noch ganz bei Trost? Das ist ja wohl das Letzte“, schimpfte sie. Der Fahrer, ein stämmiger Mittvierziger, grinste von seinem erhöhten Sitz zu ihr hinunter.
    „Pech gehabt! Ich hab’s eilig. Bin sofort wieder weg.“
    „Ich war aber vor Ihnen da.“
    Er stellte ungerührt den Motor ab und sprang aus dem Wagen.
    „Heul doch!“
    Erst als die Beifahrerscheibe wieder nach oben geglitten war, erlaubte sich Leni einen Wutschrei. Ohne Vorwarnung stieg eine Hitzewelle in ihr hoch. Ihre weiße Bluse war sofort nassgeschwitzt. Entsetzt stellte sie fest, dass der dünne Stoff ziemlich durchsichtig wurde.
    „Nicht schon wieder!“
    Sie stellte den Motor ab. Nur die Ruhe. Erfahrungsgemäß dauerte es ein paar Minuten, bis ihr Körper wieder im Normalmodus lief. Sie kramte in ihrer Tasche nach dem Handy. Eine sympathische Frauenstimme meldete sich.
    „Sparkasse Mainpower, Büro von Herrn Brandner.“
    „Hier auch Brandner. Ach Glöckchen, du weißt gar nicht, wie gut du es hast.“
    „Hallo Leni! Du hörst dich so aufgelöst an. Was ist los?“
    „Das Übliche. Hitzewallung.“
    „Aha, Alters-Tsunami. Damit kenn ich mich aus. Ohne was zum Umziehen gehe ich gar nicht mehr aus dem Haus.“
    „Und außerdem hat mir die rasende Mafia die Parklücke geklaut. So ein blöder Kurierfahrer.“
    Die Frauenstimme lachte.
    „Leg dich ja nicht mit denen an. Da hast du keine Chance.“
    Leni musste mitlachen. Mit Glöckchen zu reden tat immer gut.
    „Ist Thomas da? Nur ganz kurz.“
    „Der telefoniert gerade. Kann ich was ausrichten?“
    „Nein. Oder vielleicht doch.“
    Sie hasste es, die ehemalige Kollegin mit privaten Dingen zu belästigen. Aber heute ging irgendwie alles drunter und drüber.
    „Könntest du ihn bitte daran erinnern, dass er eine Flasche Schampus mitbringt? Du weißt schon, aus diesem tollen Laden in der Kaiserstraße. Ich hab’s ihm heute Morgen gesagt, aber er hat es bestimmt schon wieder vergessen.“
    „Klar, mach ich. Euer Hochzeitstag, richtig?“
    Als erstklassige Sekretärin war Elvira Glock über die privaten Termine ihres Chefs im Bilde.
    „Hat er dich etwa wieder los geschickt?“, fragte Leni.
    „Kein Kommentar. Mach dir einen schönen Tag. Ich sorge dafür, dass dein Mann pünktlich nach Hause kommt.“
    Leni seufzte. Es war ihr völlig klar, dass Thomas ohne Frau Glock nie an Geburtstage oder gar ihren Hochzeitstag denken würde. Glöckchen hatte einen erstklassigen Geschmack bei der Zusammenstellung wundervoller Blumensträuße, die Thomas dann zu Hause stolz präsentierte. Vielleicht musste man es ihm nachsehen. Als Filialleiter hatte er viel um die Ohren.
    „Wird’s denn heute noch was?“
    Das unrasierte Gesicht des Kurierfahrers tauchte neben ihrem Fenster auf und jagte ihr einen Schreck ein.
    „Die Parklücke gehört ganz Ihnen. Sie müssen mich nur raus lassen. Noch vor Weihnachten, wenn’s geht.“
    Sein Blick wanderte zu ihrem Ausschnitt.
    „Ganz schön heiß übrigens, dieser Wet Look!“
    Mit zusammengebissenen Zähnen startete Leni den Motor und gab Gas. Der Mann sprang eilends zur Seite, um seine Füße in Sicherheit zu bringen. Fast hätte sie das Auto übersehen, das hinter ihr ausscherte. Sofort trat sie wieder auf die Bremse.
    „Pass doch uff, du aal Schnärsch“, hörte sie jemand schreien. Und dann würgte sie auch noch den Motor ab.
    Bepackt mit Tüten und Taschen bog Leni gegen Mittag in die Goethestraße ein. Als Belohnung für diesen schrecklichen Morgen gönnte sie sich einen Besuch bei Pia. Die Freundin hatte eine edle, kleine Boutique in der Innenstadt.
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