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Der negative Erfolg

Der negative Erfolg

Titel: Der negative Erfolg
Autoren: Gerhard Branstner
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Memoirenschreiber schienen völlig normale Menschen zu sein, denn ihre Gesichter waren aschgrau geworden, und die Augen starrten schreckgeweitet ins Leere. Plötzlich drückten beide Herren zur gleichen Zeit auf die Taste, lehnten sich zurück und schlossen die Augen.
    »Wir wollen sie abfangen, bevor sie zu sich kommen und davonstürmen«, sagte er und lief auf den Korridor und von da in den Versuchsraum. Ich folgte ihm leicht benommen. Die Assistentin war noch dabei, die Drähte abzunehmen. Mein »alter Freund« stellte sich den Memoirenschreibern als den Versuchsleiter und mich als einen »alten Freund« vor. Die Memoirenschreiber taten nicht dergleichen. Sie betasteten ihre Köpfe und blickten durch uns hindurch, als ob wir nicht existierten. Wir setzten uns den beiden gegenüber.»Sie haben es am längsten von allen ausgehalten«, begann er das Gespräch. »Als Memoirenverfasser haben Sie ja auch ein berufliches Interesse an Ihren Erinnerungen.«
    Der ältere der beiden fand als erster die Sprache wieder. »Ich habe genug«, sagte er mit schwerer Zunge, »ein für allemal!«
    »Und Sie?« fragte er den jüngeren.
    »Ich auch«, sagte der. »Ich war immer stolz auf mein Gedächtnis. Aber jetzt traue ich ihm nicht mehr. Dabei vergesse ich wirklich kaum etwas. Aber ich habe fast alles anders in Erinnerung, als es wirklich war. Das hat mir der Test bewiesen. Er hat zu jeder Erinnerung die richtige hervorgeholt. Wie soll ich da Memoiren schreiben? Das beste ist, ich erinnere mich überhaupt nicht mehr.«
    »Soll das heißen«, fragte er, »daß Sie das Vorhaben, Ihre Memoiren zu schreiben, aufgeben?«



 
     
     

»Ja!« riefen beide wie aus einem Munde, standen auf und liefen davon.
    Mein »alter Freund« ließ die Schultern hängen und blickte mich traurig an. »Da hast du es! Der Mensch will sich nur an das erinnern, was ihm ermöglicht, es mit sich selber auszuhalten. Das ist durch das Gesetz der Anpassung bedingt. Und ein Naturgesetz kann man nicht überspringen. Ich stehe vor einer unüberwindlichen Barriere. Meine ganze Arbeit war sinnlos.«
    »Aber bei den beiden Memoirenschreibern«, sagte ich. »da hast du doch immerhin etwas erreicht.«
    »Wenn du es so siehst«, sagte er. Und dann lachte er schallend.

Wer hat denn jetzt den Einbrecher erschossen?
     
    Wenn Sie mich fragen, was wir seinerzeit, etwa um das Jahr zweitausend herum, so alles getrieben haben, bin ich einigermaßen um eine Antwort verlegen. Immerhin ist das ein halbes Menschenalter her, und ich war damals schon Witwer. Witwer aber gibt es zu allen Zeiten, und sie werden wohl auch zu allen Zeiten, wenn sie keine Kinder haben, dahin gehen, wo man Onkel zu ihnen sagt.
    Es war ein Tag wie jeder andere, und ich befand mich auf dem Wege, einen meiner gewöhnlichen Besuche bei meinen Verwandten zu machen. Ich hatte jedoch kaum die Wohnung betreten und war eben dabei, Hut und Mantel abzulegen, da rief meine Nichte, sie war damals noch ein siebzehnjähriges Mädel: »Jetzt kommt auch noch der Onkel!«
    Dieser Empfang genierte mich ein wenig, und ich war schon geneigt, wieder meiner Wege zu gehen. Doch Bibbi, so wurde meine Nichte genannt, zog mich ins Wohnzimmer.
    »Du hast uns nämlich noch gefehlt«, erklärte sie mir. »Jetzt haben wir endlich mal alle beisammen.«
    Gewiß werden Sie heute nichts Besonderes darin sehen, einmal alle beisammen zu haben. Damals, um das Jahr zweitausend, war das jedoch ein seltenes Ereignis. Vor mir war nicht nur Bibbi, die öfter mal zu Hause vorbeisah, sondern auch Markus, der Jüngste, und sein älterer Bruder Baltus mit seiner Frau eingetroffen.



 
     
     

»Das hatten wir noch nie«, sagte meine Schwester. »Sieben auf einen Streich. Das müssen wir feiern!«
    Mein Schwager nickte nur. Er sagte selten etwas, denn damals waren die Frauen noch um ihre Gleichberechtigung besorgt und glaubten, es wäre besser, wenn die Männer überhaupt nichts zu sagen hätten.
    Mein Schwager also nickte nur. Markus hingegen rief: »Fein, wir gehen alle miteinander zum Fußball!«
    Das war nun nicht gerade die passende Idee für eine Familienfeier. Weshalb Bibbi die Nase rümpfte und den gemeinsamen Besuch einer Modenschau vorschlug.
    »Was gibt es da schon zu sehen?« raunzte Markus. »Oben frei und unten nichts. Was übrigbleibt, ist ein breiter Gürtel. Ich gehe zum Fußball!«
    Baltus brachte jetzt einen Besuch im Galaktischen Kabinett zum Vorschlag, wo ein Teilnehmer der letzten Kosmosexpedition einen Lichtbildervortrag
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