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Der negative Erfolg

Der negative Erfolg

Titel: Der negative Erfolg
Autoren: Gerhard Branstner
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Einladung nicht sogleich folgen können, da ich einige Wochen im Ausland arbeitete. In ein paar Wochen kann doch ein Institut nicht vom Erdboden verschwinden. Oder hatte er mich verladen wollen? Das war nicht seine Art. Ich trat in die Dorfkneipe, bestellte an der Theke ein Bier und fragte den Wirt.
    »Ja, da gibts ein Institut« sagte er, ohne zu überlegen, »draußen bei den Rotbuchen, etwa einen Kilometer von hier. Aber da geht keiner mehr hin.«
    »Wer geht da nicht mehr hin?«
    »Na, die Leute. Zwei, drei Monate lang kamen hier dauernd Leute an, die zum Institut wollten. Aber seit vierzehn Tagen kommt keiner mehr. Die letzten waren drei Professoren, die waren wohl eine Kommission. Sie haben vorher hier Mittag gegessen und sich in ihrem Professorenkauderwelsch unterhalten. Dann sind sie zum Institut gegangen. Nach gut einer Stunde kamen sie zurück.
    Wir dachten erst, sie wären sternhagelvoll, weil sie so torkelten. Aber sie sprachen kein Wort, stiegen in ihren Wagen, den sie hier vor der Tür hatten stehenlassen, und fuhren wie vom Teufel gejagt davon. Danach ist keiner mehr gekommen.«
    »Weiß man«, fragte ich, »woran sie im Institut arbeiten?«
    »So recht weiß das keiner. Der Hausmeister vom Institut trinkt hier ab und zu ein Schnäpschen. Und gerne erzählen tut er auch. Wenn der was wüßte, wüßten wirs auch. Dabei behauptet er dauernd, daß er zum Schweigen verpflichtet ist.«
    »Aber irgendwas…«
    »Irgendwas weiß jeder. Nachdem die Professoren durchs Dorf getorkelt waren, hatte ich ein gutes Geschäft. Die einen kamen, um was zu erfahren, die andern, weil sie was an den Mann bringen wollten. Soviel verrückten Unsinn hab ich mein Lebtag nicht gehört. Nur eines schien kein Unsinn zu sein, der Kopf, der kam immer wieder vor. Irgendwas machen die am Kopf, das hat auch der Hausmeister gesagt. Aber was, das weiß kein Mensch.«
    Ich zahlte das Bier, ließ mir den Weg zu den Rotbuchen beschreiben und trat auf die Dorfstraße. Nach wenigen Metern bog ich in eine Seitengasse ab, die nach den letzten Häusern zu einem ziemlich staubigen Weg wurde und in die gleich hinter dem Dorf beginnende Einöde führte. In der Ferne war die Gruppe der Rotbuchen zu sehen, unmittelbar daneben erhob sich das Institutsgebäude.
    Der Weg durch die Einöde zog sich in die Länge. Die Luft flimmerte in der Sommerhitze. Schweiß trat mir auf die Stirn. Eine schrecklich einsame, triste Gegend. Und eine ebenso triste Stille. Der Weg machte eine sanfte Kurve und zielte nun genau auf den Eingang des Instituts. Das Tor der Umzäunung war verschlossen. Ich drückte auf den Klingelknopf. Im nächsten Augenblick wurde ein Fenster aufgerissen, und mein »alter Freund« steckte seinen Kopf heraus.
    »Da bist du ja wirklich!« rief er und warf das Fenster zu.
    Wie er, der eben noch aus dem Fenster geguckt hatte, jetzt schon aus der Tür springen konnte, ist ein Rätsel. Er kam hastig zum Tor gelaufen, schloß es auf und umarmte mich.



 
     
     

»Mein alter Freund, da bist du ja wirklich!«
    »So alt sind wir ja nun noch nicht«, sagte ich leicht abwehrend.
    »Aber nicht gesehen haben wir uns lange genug. Du wirst staunen, was inzwischen…« Er beherrschte sich. »Aber erst mal zu dir. Wie gehts? Ich meine gesundheitlich. Wie es dir beruflich geht, sehe ich ja an deinen Büchern, die werden immer heiterer.« Er faßte mich am Arm und zog mich zum Haus. »Wir müssen uns beeilen. In zwanzig Minuten führe ich ein Experiment durch. Es kann für lange Zeit das letzte sein.«
    »Ich denke, es kommen keine Leute mehr?«
    »Manche lassen sich nicht abschrecken. Es sind zwei Memoirenverfasser, fast so was wie Kollegen von dir.«
    Wir hatten das Haus betreten, und er stieg mir voran die Treppe zur ersten Etage hinauf. Er führte mich in einen ziemlich kleinen Raum, dessen eine Wand aus Glas bestand, durch das man in den angrenzenden, bedeutend größeren Raum sehen konnte. Dort war eine junge Frau, wie er mir erklärte, seine Assistentin, mit der Vorbereitung des Experiments beschäftigt. Ich nickte ihr grüßend zu, aber sie reagierte nicht darauf.
    Er lachte albern. »Sie kann uns nicht sehen, die Wand ist nur von dieser Seite aus durchsichtig.«
    Er stellte eine Filmkamera auf, wechselte einige Male die Linsen aus und richtete den Apparat schließlich auf die Glaswand. Dann brachte er eine Flasche und zwei Gläser und schenkte Kognak ein.
    »Mach dirs bequem. Ich will dir einige Aufklärung geben, damit du das Experiment mit
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