Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der negative Erfolg

Der negative Erfolg

Titel: Der negative Erfolg
Autoren: Gerhard Branstner
Vom Netzwerk:
hielt. Baltusens Frau hingegen interessierte sich für die Galavorstellung eines Roboters, der kybernetische Zauberkunststücke zum besten gab.
    In dieser Weise ging es noch eine Weile fort, und am Ende hatten wir mehr Vorschläge als Familienmitglieder. Eine Einigung schien unmöglich zu sein, und Sie können sich denken, daß schließlich jeder seiner Wege ging: Markus auf den Sportplatz, Bibbi zur Modenschau, Baltus ins Galaktische Kabinett, seine Frau zum zaubernden Roboter, meine Schwester und ihr Mann aber machten einen Besuch bei ihren Nachbarsleuten. Und ich selbst ging wieder nach Hause. Wenn man Witwer ist und sich darauf gefreut hat, einige gemütliche Stunden bei seinen nächsten Verwandten zu verbringen, sind jedoch die eigenen vier Wände der ungeeignetste Ort, das Gefühl der Einsamkeit zu vertreiben, weshalb ich mich nach einiger Zeit wieder zur Wohnung meiner Schwester auf den Weg machte, um dort auf die Rückkehr der einzelnen Familienangehörigen zu warten. Diesem Umstand habe ich es zu verdanken, Ihnen von einem Vorfall berichten zu können, der wohl nur um das Jahr zweitausend herum möglich war.
    Ich hatte, wie bei meinem ersten Besuch an diesem Tage, nichtsahnend die Haustür geöffnet und war eben wieder im Begriff, Hut und Mantel abzulegen, als ich einen Lichtschimmer bemerkte, der aus dem Wohnzimmer fiel. Da ich alle Familienangehörigen aus dem Hause wußte, kam mir das verdächtig vor, und ich schlich mich den Korridor entlang zur Zimmertür. Dort mußte ich etwas hören, das mir den Atem verschlug. Leise Stimmen tuschelten von Schmuckstücken, die nicht zu finden seien.
    »Wir müssen im Schlafzimmer suchen«, sagte die eine Stimme. »Wenn der Schmuck nicht hier ist, kann er nur im Schlafzimmer sein.«
    »Er ist hier«, sagte die andere Stimme. »Bestimmt steckt er in dem Fach des Vertikos, das wir mit unseren Schlüsseln nicht aufgekriegt haben.«
    »Dann müssen wir es aufbrechen«, meinte der erste der Einbrecher. Denn daß es sich um Einbrecher handelte, war mir jetzt klar. Und tatsächlich befand sich der Schmuck meiner Schwester in dem bewußten Fach des Vertikos.
    Ich nahm mein bißchen Mut zusammen, stieß die Tür auf und rief: »Hände hoch!«
    Die beiden im fahlen Licht des Wohnzimmers hockenden Gestalten hoben jedoch keineswegs die Hände, vielmehr starrten sie wie gebannt auf den Bildschirm des Fernsehgerätes, wo sich zwei Einbrecher an einem Vertiko zu schaffen machten. Ich hockte mich schweigend zwischen Baltus und seine Frau und verfolgte interessiert das Geschehen auf dem Schirm. Es war ein Krimi von altertümlicher Machart. Und wir konnten uns ausrechnen, daß er es nicht unter zwei Leichen machen würde. Und als es dem einen Einbrecher gelungen war, das bewußte Fach des Vertikos zu öffnen, mußte nach den Spielregeln dieser Kunst der unverhoffte Zwischenfall eintreten. Plötzlich spürte ich heißen Atem in meinem Nacken. Ich fuhr erschrocken herum und stieß dabei den Stuhl um. Baltus und Frau schrien auf und stürzten zum Lichtschalter. Ehe sie ihn erreicht hatten, ertönte jedoch ein fürchterlicher Knall, und das Licht flammte auf. In der Tür stand Bibbi mit schreckgeweiteten Augen.
    »Was geht hier vor?« fragte sie.
    »Ein Krimi«, sagte Markus und stellte meinen Stuhl auf.
    Ich sah Markus verblüfft an. Wie kam der Junge auf einmal ins Zimmer? Da erinnerte ich mich an den heißen Atem im Nacken und konnte mir jetzt die Erscheinung erklären: Markus war gleich nach mir in das Wohnzimmer gekommen und hatte sich, um uns nicht zu stören, hinter mich gestellt und mich mit seinem Atem gestreift.
    Baltus und Frau saßen indessen wieder in ihren Sesseln und schauten auf den Bildschirm. Dort lag eine Leiche in ihrem Blute.
    »Wer hat denn jetzt den Einbrecher erschossen?« fragte Baltus seine Frau. Die wußte es jedoch nicht zu sagen.
    »Markus«, fragte sie, »hast du gesehen, wer den Einbrecher erschossen hat?« Doch Markus wußte es auch nicht zu sagen und Bibbi auch nicht.
    »Zum Teufel!« rief Baltus. »Hat denn keiner gesehen, wer den Einbrecher erschossen hat?«
    Ich wußte natürlich, daß es keiner gesehen haben konnte, denn der Schuß war ja in dem Augenblick gefallen, als ich meinen Stuhl umgeworfen hatte, Baltus und Frau zum Lichtschalter stürzten und Bibbi das Licht einschaltete. Und Markus hatte gerade den von mir umgeworfenen Stuhl auf die Zehen bekommen. In diesem Augenblick aber hatte nicht einer auf den Bildschirm geachtet. Ich hütete mich jedoch,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher