Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht in Angst

Nacht in Angst

Titel: Nacht in Angst
Autoren: André Marx
Vom Netzwerk:
19.00 Uhr – Der gewagte Plan
    »Wo bleibt er denn? Er ist längst überfällig.« Peter sah immer wieder auf die Uhr. Die klobige Taucheruhr, die er sonst trug, hatte er gegen das edle Modell seines Vaters eingetauscht: mit goldenem Armband und Zeigern statt Digitalanzeige. Es passte besser zu seinem restlichen Outfit, dem schwarzen Anzug, weißen Hemd und schicker Krawatte. Die Sohlen seiner glänzenden schwarzen Schuhe klapperten auf dem Kunststoffboden, während er unruhig in der Zentrale auf und ab wanderte.
    »Nur fünf Minuten«, korrigierte Justus ihn, der entspannt auf dem Schreibtischstuhl saß und den Zweiten Detektiv bei seinem Marsch durch den Campinganhänger beobachtete. »Gönn Bob doch auch mal eine kleine Verspätung.«
    »Ja ja, schon gut. Ich will bloß nicht zu spät kommen. Das ist das Ereignis! Ich würde mich bis an mein Lebensende ärgern, wenn ich es verpasse!«
    »Keine Panik, Bob wird schon auftauchen.« Justus blickte an sich herunter und strich betont gelassen einen Fussel von seinem schwarzen Jackett. Ein bekanntes Geräusch ließ ihn aufhorchen: das Knattern von Bobs altem Käfer. »Da ist er!« Peter atmete auf. »Dem Himmel sei Dank! Dann kann es jetzt endlich losgehen.« Doch als Bob die Tür zur Zentrale öffnete und Peter sein Gesicht sah, verließ ihn schlagartig alle Vorfreude. Mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf betrat der dritte Detektiv den Raum und ließ ein kaum hörbares »Hi« vernehmen. »Oh, mein Gott«, stöhnte Peter. »Du hast die Karten nicht, stimmt's? Du hast die Karten nicht! Gib's zu, Bob!«
    »Nein!«, rief Peter und krümmte sich wie unter körperlichen Schmerzen. »Warum nicht? Ich dachte, die Sache ginge klar!«
    »Mein Vater hat keine bekommen.«
    »Wieso hat dein Vater keine bekommen? Er arbeitet in Los Angeles bei der Zeitung! Die bekommen immer Karten!«
    »Ja, aber diesmal waren es nur zwei oder drei. Und die gingen natürlich an die Filmkritiker vom Kulturteil.«
    »Zwei oder drei!«, stöhnte Peter und ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Du hast behauptet, es wäre überhaupt kein Problem, drei Einladungen zu besorgen!«
    »Meine Güte, Peter«, erwiderte Bob gereizt. »Nun mach mich nicht dafür verantwortlich. Ist es etwa meine Schuld, dass die Produktionsgesellschaft so knauserig mit ihren Freikarten umgeht?« Auch Justus, der bisher schweigend zugehört hatte, konnte seine Enttäuschung nicht mehr verbergen. »Natürlich nicht, Bob. Außerdem glaube ich gar nicht, dass es am Geiz liegt. Vielmehr daran, dass Journalisten aus der ganzen Welt angereist sind, um den Film zu sehen. Es ist schließlich nicht irgendein Streifen. Es ist der neue S tar-Wars -Film!«
    »Und wir wären um ein Haar bei der Premiere gewesen, hätten alle Stars gesehen und anschließend auf der Party mit George Lucas Sekt getrunken«, brummte Peter. »Es ist zum Heulen.«
    »Dann sehen wir ihn uns eben nächste Woche an, wenn er in den normalen Kinos startet«, schlug Bob versöhnlich vor. »Glaubst du, das tröstet mich?«
    »Oder ich versuche Karten für die nächste Verleihung des Gol denen Raben zu kriegen. Vielleicht kriegt George Lucas ja einen Preis.«
    »Dann freue ich mich wochenlang darauf, stehe in Schlips und Kragen in den Startlöchern und es klappt doch nicht«, ent Justus schlug mit solcher Wucht auf die Tischplatte, dass Peter und Bob erschrocken zusammenzuckten. »Wir fahren zur Premiere!«, rief der Erste Detektiv voller Tatendrang. »Tolle Idee. Wir lassen uns von tausenden von Fans tottrampeln, die vor dem Chinese Theater stehen und einen Blick auf ihren Lieblingsstar erhaschen wollen.«
    »Ich rede nicht davon, vor dem Kino zu stehen, sondern uns den Film anzusehen.«
    »Ach. Und wie sollen wir reinkommen?«, fragte Peter missmutig.
    »Wir gehen einfach rein.«
    »Na, sicher«, erwiderte Peter spöttisch. »Ich frage mich, warum das die anderen Star-Wars -Freaks vor dem Kino eigentlich nicht machen. Mal sehen, ob wir noch einen Platz kriegen.«
    »Das ist mein Ernst. Wir gehen einfach über den roten Teppich ins Gebäude und tun so, als gehörten wir dazu.«
    »Und du meinst, die lassen uns durch? Weil wir schwarze Anzüge tragen oder weil wir wie Filmstars aussehen?« Justus grinste überlegen. »Weil wir aus einem goldbeschlagenen Rolls-Royce steigen werden.«
    »Ha!«, rief Bob und klatschte vor Begeisterung in die Hände.
    »Das ist die Idee! Justus, was würden wir nur ohne dich machen?«
    »In allen Lebenslagen verzweifeln.«
    »Du meinst,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher