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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht
Autoren: Poul Anderson
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schön es gewesen wäre, von der Arbeit nach Hause zu fahren, nur daß er beim Fahren natürlich immer ganz durcheinander geriet – es hatte schon einige Zusammenstöße gegeben. Komisch, daß er das getan haben sollte, denn ganz plötzlich schien es gar nicht so schwer: Ein paar Verkehrszeichen lernen und die Augen offenhalten – das war alles.
    Das Geräusch seiner Schritte auf der Straße klang hohl. Er atmete tief durch, sog die kühle Nacht in seine Lungen und blickte nach oben, am Mond vorbei. Die Sterne waren heute wirklich besonders groß und hell.
    Eine weitere Erinnerung tauchte in ihm auf, irgend jemand hatte gesagt, daß die Sterne wie die Sonne seien, nur weiter entfernt. Damals hatte das keinen Sinn gegeben. Aber vielleicht war es so … wie ein Licht, das klein war, bis man dicht herankam, dann war es vielleicht sehr groß. Nur, falls die Sterne so groß wie die Sonne waren, mußten sie schrecklich weit entfernt sein.
    Er blieb abrupt stehen und fühlte, wie es ihn kalt durchrann. Jesusmaria! Wie weit entfernt die Sterne waren!
    Die Erde schien unter ihm wegzufallen, er hing an einem winzigen Felsen, der irrwitzig durch eine immerwährende Dunkelheit rotierte, und um ihn herum brannten und brüllten die großen Sterne, so weit entfernt, daß es ihn wimmern machte.
    Er fing an zu rennen.
     
    Der Junge stand früh auf, obwohl er Sommerferien hatte und das Frühstück noch auf sich warten lassen würde. Die Straße und die Stadt lagen hell und sehr sauber in den Strahlen der Morgensonne. Ein einsamer Lastwagen ratterte die Straße herunter, und ein Mann in blauem Arbeitsanzug ging mit einem Butterbrotpaket auf den Milchladen zu; ansonsten war es, als ob er die Welt für sich allein hatte. Sein Vater war schon unterwegs zur Arbeit, Mom ging gerne noch mal für eine Stunde ins Bett, nachdem sie ihm das Frühstück gemacht hatte, und Sis schlief noch – also war der Junge ganz allein im Haus.
    Sein Freund wollte herüberkommen, um ihn zum Angeln abzuholen, aber zuerst wollte er ein wenig an seinem Modellflugzeug weiterbasteln. Er wusch sich, schnappte sich eine Semmel aus der Speisekammer und kehrte in sein Zimmer mit dem unaufgeräumten Schreibtisch zurück. Das Flugzeug würde eine wirkliche Schönheit werden, ein Shooting Star, mit einer CO 2 -Patrone als Düsenantrieb. Nur sah es irgendwie heute morgen nicht so gut aus wie gestern abend. Er wünschte sich, einen wirklichen Düsenantrieb dafür bauen zu können.
    Er seufzte, schob die Arbeit beiseite und nahm sich ein Blatt Papier. Er hatte schon immer gern mit Zahlen herumgespielt, und einer der Lehrer hatte ihm ein wenig Algebra beigebracht. Einige seiner Klassenkameraden hatten ihn deshalb einen Streber genannt, bis er sie verprügelte, aber es war wirklich interessant, nicht so, wie bloß das Einmaleins auswendig zu lernen. Hierbei konnte man die Zahlen und Buchstaben wirklich etwas tun lassen. Der Lehrer hatte gesagt, daß er eine Menge Mathe lernen müsse, falls er später wirklich einmal Raumschiffe bauen wolle.
    Er fing an, einige Kurven zu zeichnen. Die verschiedenen Gleichungen ergaben verschiedene Linien. Es machte Spaß, zu sehen, wie x = f (y + c) eine Gerade ergab, während x 2 + y 2 = c immer zu einem Kreis führte. Aber was geschah, wenn man eines der x veränderte und es gleich 3 setzte anstatt 2? Was geschah dann mit dem y? Daran hatte er nie zuvor gedacht!
    Fest umspannte er den Bleistift, seine Zunge lugte aus einem Mundwinkel. Man mußte sich irgendwie an das x und das y heranschleichen, eines von den beiden nur ein ganz kleines bißchen verändern und dann …
    Er war auf dem besten Weg, die Differentialrechnung zu erfinden, als seine Mutter ihn zum Frühstück herunterrief.

 
2
     
    Peter Corinth kam, immer noch aus vollem Halse singend, aus dem Duschkabinett und fand Sheila eifrig damit beschäftigt, Eier und Speck zu braten. Er zerzauste ihr weiches braunes Haar, küßte sie in den Nacken, und sie drehte sich lächelnd zu ihm um.
    „Sie sieht aus wie ein Engel, und sie kocht wie ein Engel“, sagte er.
    „Nanu, Pete, du hast nie so …“
    „Hab’ nie die richtigen Worte gefunden“, stimmte er zu. „Aber es ist die reine Wahrheit, mein Liebling.“ Er beugte sich über die Pfanne und atmete den appetitlichen Duft mit zufriedenem Seufzen ein. „Ich habe eine Ahnung, daß dies einer der Tage ist, an denen alles klappt. Eine kleine Hybris, für die mir die Götter sicherlich eine Nemesis schicken werden, Ate: Gertie, das
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