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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht
Autoren: Poul Anderson
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erzählen, wenn ihr danach ist. Aber sie ist ein prächtiger Mensch, eine wundervolle Frau, wirklich, und wir alle, die sie kennen, möchten, daß sie glücklich wird.“
    Das Metall vor ihm schimmerte auf. Er reichte Brock die Hand. „Viel Glück“, sagte er einfach und trat in das Fahrzeug. Einen Moment später war es nur noch ein Punkt im Himmel.
    Brock starrte ihm nach, bis es ganz verschwunden war.
    Als er sich wieder dem Haus zuwandte, stand die Sonne schon sehr tief, und ein kalter Windstoß ließ ihn erschaudern. Sie würden heute abend den Kamin anzünden müssen. Wenn ein neues Mitglied eintraf, konnten sie vielleicht etwas von dem verbliebenen Ale opfern, Jimmy würde Gitarre spielen, und sie alle würden dazu singen. Die Lieder waren rauh, unbeholfen und oft lautstark, mehr konnte man von Pionieren nicht erwarten, aber es war Wärme in ihnen, Standfertigkeit und Kameradschaft.
    Dann sah er sie, wie sie die Auffahrt heraufkam, und sein Herz stockte.
    Sie war nicht groß, aber ihre Figur zeichnete sich stark und geschmeidig unter der schweren Kleidung ab, bronzefarbenes Haar wehte um ein junges, freundliches und einnehmendes Gesicht. Sie trug ein Bündel auf dem Rücken, die Sonne vieler Tage der Wanderschaft auf offenen Straßen hatte sie gebräunt und ihr großäugiges Gesicht mit einer Vielzahl von Sommersprossen überzogen. Er stand einen Moment lang völlig bewegungslos da und rannte dann los; aber als er sie erreicht hatte und vor ihr stand, fand er keine Worte.
    „Hallo“, sagte sie scheu.
    Er brachte nur ein linkisches Nicken zustande. Er war sich nicht im geringsten bewußt, daß er ein kraftvoll und beeindruckend aussehender Mann war, nicht gerade hübsch oder gar schön, aber mit etwas an sich, das Vertrauen erweckte.
    „Ich habe gehört, das hier sei eine Freistatt“, sagte sie.
    „Ja. Bist du von weit her?“
    „Aus New York City.“ Sie schien zu erschaudern, und er fragte sich, was dort geschehen sein mochte. Aber vielleicht war es auch nur die Kälte. Der Wind war inzwischen eisig. „Ich heiße Sheila“, sagte sie.
    „Ich bin Archie – Archie Brock.“ Ihre Hand lag fest in seiner. Ihr Verhalten zeigte keine Furcht, und er wußte, daß sie, auch wenn sie vielleicht nicht ganz so intelligent war wie er, mehr als genug Willensstärke und Klugheit besaß, um sich dieser erkaltenden, auf den Winter zueilenden Welt zu stellen.
    „Du bist hier willkommen. Es ist immer ein großes Ereignis, wenn jemand neu eintrifft. Aber unser Leben wird dir ziemlich fremd und seltsam vorkommen, und wir müssen alle schwer arbeiten.“
    „Ich fürchte mich vor keinem von beiden“, antwortete sie. „Ich glaube, ich werde mich nie wieder fürchten können.“
    Er nahm ihr Bündel und ging zurück zu den Gebäuden. Im Westen färbte sich der Himmel in Rot und Gold mit einem dünnen Streifen kalten Grüns. „Ich freue mich, daß du zu uns gefunden hast – was sagtest du, wie lautet dein Nachname?“
    „Sheila“, erwiderte sie. „Einfach nur Sheila.“
    Seite an Seite gingen sie, den Hund und den Wind an den Fersen, die Auffahrt entlang bis zum Haus. Dort drinnen gab es Wärme und Geborgenheit.

 
Nachwort
     
    Wenn man die Vielzahl seiner Werke (es sind inzwischen mehr als vierzig Romane) betrachtet und sich an einer Würdigung des Gesamtwerkes von Poul Anderson versucht, sehe ich mich durchaus nicht immer auf der Seite der Bewunderer dieses Autors. Zu oft ist er, nach meinem Geschmack, weit hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben, hat sich mit Konfektionsware begnügt. Das ist der eine Anderson. Aber es gibt noch einen zweiten Anderson, einen Anderson, der großartige Kurzgeschichten wie Call Me Joe (Nennt mich Joe) oder The Man Who Came Early (Der Mann, der zu früh kam) geschrieben hat, der gemeinsam mit Gordon R. Dickson die lustigen Geschichten über die Hokas – pelzige Außerirdische, die irdische Literatur und Metaphern wortwörtlich nehmen – veröffentlichte, der mit dem hier vorliegenden Werk Brain Ware (Der Nebel weicht), seinem ersten Roman für Erwachsene, ein Werk verfaßte, das mich beim ersten Lesen faszinierte und inzwischen nichts von dieser Faszination verloren hat.
    Auch die Fantasy als eigenständige Literaturform in der Nähe der Science Fiction hat schon früh Anziehungskraft auf Poul Anderson ausgeübt. Zwar haben mich persönlich weder Three Hearts and Three Lions (Dreiherz) noch The Broken Sword (Das gebrochene Schwert) in den Bann gezogen, aber man muß
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