Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht
Autoren: Poul Anderson
Vom Netzwerk:
mir nur ein paar Sandwiches heraufschicken.“
    „Mir ist auch was Tolles eingefallen“, meinte Lewis, „aber ich weiß noch nicht, ob ich wirklich auf dem richtigen Weg bin. Deshalb möchte ich es gern mit dir besprechen.“
    „Oh, na gut. In der Kantine, ja?“
    „Wenn du nur irgend etwas hinunterwürgen willst – gut, einverstanden.“ Lewis liebte drei Stunden lange Gelage, komplett mit Wein und Violinen, eine Gewohnheit, die er während seiner Dienst jähre im Nachkriegswien angenommen hatte.
    „Paßt dir ein Uhr? Das Fußvolk ist dann schon abgefüttert.“
    „Okay.“ Corinth hängte auf und verlor sich wieder in der kühlen Ekstase seiner Arbeit.
    Als er wieder auf die Uhr schaute, war es bereits halb zwei, und er hastete fluchend zur Kantine.
    Lewis nahm gerade Platz, als Corinth sein Tablett herüberbrachte. „Danach, wie du dich am Telefon angehört hast, habe ich mir schon gedacht, daß du zu spät kommen würdest“, sagte er. „Was hast du dir geholt? Das normale Caféteria-Menü, nehme ich an. In Magermilch ertränkte Mäuse, Filets von See-Igeln, dazu gebackene … na ja, ist ja auch egal.“
    Er trank einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht.
    Er sah eigentlich gar nicht verwöhnt aus, ein kurz gebauter vierschrötiger Mann von achtundvierzig Jahren, der langsam dick und kahl wurde mit scharfen Augen hinter einer dickglasigen, randlosen Brille. Beim Essen und Trinken langte er allerdings auch wirklich kräftig zu. Aber acht Jahre in Europa hatten seinen Geschmack beeinflußt, und er bestand darauf, daß seine Nachkriegsreisen rein gastronomischer Natur gewesen seien.
    „Was du brauchst“, sagte Corinth mit der Selbstgefälligkeit des Bekehrten, „ist eine Frau. Heirate.“
    „Ich hatte ähnliche Gedanken, als meine Sturm- und Drangzeit vorbei war. Aber, na ja, was soll’s. Jetzt ist es zu spät.“
    Lewis nahm ein Minutensteak in Angriff, das er immer so aussprach, als ob „Minute“ ein Synonym für „winzig“ sei, und nuschelte mit vollem Mund. „Im Moment bin ich weit mehr an der histologischen Seite der Biologie interessiert.“
    „Du hast gesagt, du hättest Ärger …“
    „Ja, mit meinen Assistenten. Jeder scheint heute irgendwie aufgekratzt zu sein, und der junge Roberts hat noch wildere Ideen als sonst. Aber genau das ist meine Arbeit. Ich habe dir schon davon erzählt, oder? Ich untersuche Nervenzellen-Neuronen. Ich versuche sie in verschiedenen künstlichen Medien am Leben zu erhalten und dabei festzustellen, wie ihre elektrischen Eigenschaften unter den verschiedenen Bedingungen variieren. Ich arbeite mit herausgeschnittenen Gewebestreifen – modifizierte Lindbergh-Carrel-Technik. Es lief alles wirklich gut – und dann heute, als wir eine Routineüberprüfung durchführten, kamen völlig andere Resultate raus. Also habe ich alle anderen auch noch mal getestet. Jede einzelne hat sich verändert!“
    „Hm?“ Corinth zog die Brauen in die Höhe. „Stimmt etwas mit deinen Apparaten nicht?“
    „Nicht, daß ich wüßte. Nichts hat sich verändert – bis auf die Zellen selbst. Eine kleine, aber bedeutungsvolle Verschiebung.“ Lewis’ Stimme wurde lauter. Er sprach schneller, mit einer Andeutung steigender Erregung. „Du weißt, wie ein Neuron arbeitet? Wie ein Digitalcomputer. Es wird stimuliert von einem … einem Stimulus, gibt ein Signal ab und ist danach für kurze Zeit inaktiv. Der nächste Neuron in der Nervenzelle empfängt das Signal, gibt selbst eins ab und ist ebenfalls kurzfristig inaktiv. Nun, wie es aussieht, ist heute anscheinend alles verrückt geworden. Die Zeit der Inaktivität ist um wirklich viele Mikrosekunden kürzer geworden, das … also, ich will es einfach mal so nennen: Das ganze System reagiert bedeutend schneller als normalerweise. Und die Signale sind zudem intensiver.“
    Corinth verdaute die Information kurz und sagte dann langsam: „Es sieht so aus, als ob du über etwas Großes gestolpert bist.“
    „Na ja, aber wo steckt die Ursache? Das Medium, das Gerät, es ist alles noch genauso wie gestern. Ich werde noch verrückt bei dem Versuch herauszufinden, ob ich es mit einem potentiellen Nobelpreis oder einfach nur mit fehlerhafter Technik zu tun habe.“
    Sehr langsam, als ob sein Verstand vor einer undeutlichen Erkenntnis zurückschreckte, sagte Corinth: „Es ist seltsam, daß dies gerade heute passiert ist.“
    „Hm?“ Lewis blickte scharf auf, und Corinth berichtete von seinen eigenen Erlebnissen.
    „Sehr eigenartig“,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher