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Der Meisterdieb

Der Meisterdieb

Titel: Der Meisterdieb
Autoren: Hans Kneifel
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Antwort.«
    »So erging es mir auch«, beschied ihn Mythor und entspannte sich. »Aber jetzt höre ich aus dem Innern dieses Hauses gewisse Geräusche. Mir scheint es, als sei ein hoher Herr mit Gefolge erschienen.«
    Die Sklavin huschte davon und flüsterte voller Begeisterung: »Croesus ist zurückgekommen!«
    Der Vorhang schlug hinter ihr zu. Sadagar und Mythor wechselten einen überraschten Blick.
    »Wenigstens scheint dieser Croesus seine Sklaven oder Diener nicht zu peitschen.«
    Langsam folgte Mythor dem jungen Mädchen. Der Palast war an die Südseite des Stadtfelsens gebaut. Unterhalb von ihm schmiegten sich viele Gebäude an den Fels, die wie Kaufmannshäuser und Lagerhallen aussahen. Zahlreiche kleine und große Terrassen sprangen an allen Mauern des Croesus-Palasts vor. Die Wurzeln uralter Bäume verschwanden in riesigen Löchern im Fels oder in gemauerten, hausgroßen Kästen, die in Sarphand als Ayolen bezeichnet wurden.
    »Was für seinen blütenweißen Charakter spricht«, murmelte Sadagar.
    Ein Torbogen führte in eine große Halle. Die Decke wurde von kostbar bemalten Rundbögen gebildet. Zahlreiche schlanke Säulen erhoben sich aus dem spiegelnden Boden des Saales. Als Mythor und Steinmann den Saal betraten, öffnete sich am oberen Ende einer breiten Treppe abermals ein Vorhang. Das Tageslicht wurde von dünnen, weichen Stoffen gefiltert.
    Zwei große Männer, in weißes Zeug gekleidet, bauten sich neben den Säulen auf. Sadagar und Mythor blieben überrascht stehen, als zuerst ein Mann leichtfüßig die Treppe herunterkam und dabei den Gesichtsschleier abriss .
    »Luxon!« entfuhr es Steinmann. »Beim Nadomir! Du musst jener…«
    »Richtig«, sagte Luxon lachend. »Ich spiele in Sarphand notgedrungen eine Doppelrolle.«
    Er sagte es so leise, dass es nur die zwei Männer hören konnten. Dann drehte er sich um und zeigte auf die Treppe. »Eure Überraschung wird nicht geringer sein als die jener beiden, die gleich eintreten.«
    Ein dritter Leibwächter führte eine junge Frau und einen Jungen in den Saal. Nach den ersten Schritten erkannten Mythor und Steinmann, dass es keine anderen waren als Kalathee und Samed.
    Kalathee blieb auf der Treppe stehen und blickte schweigend von einem zum anderen. »Ich traue meinen Augen nicht mehr«, sagte sie überrascht. »Mythor! Sadagar! Und scheinbar ein Herz und eine Seele!«
    Samed starrte die Männer schweigend an. Luxon setzte sein freundlichstes Lächeln auf und hakte die Daumen in den Gürtel seines kostbaren Gewandes. »Hoffentlich wird Abudirg mit dem Erlös seines Sklavenpaars zufrieden sein! Hätte er gewusst, dass ausgerechnet ich sie ersteigert habe, hätte es wohl einige Aufregung gegeben.«
    »Abudirg?« fragte Mythor, dem die Zusammenhänge erst langsam klar wurden. »Dann hast du also als Croesus, der Geheimnisvolle, Kalathee und Samed demjenigen Mann abgekauft, der sie in der Wüste gefangengenommen hat?«
    »So ist es«, sagte Luxon. Er sah im Blick Kalathees die ersten Zweifel auftauchen. Hatte sie sich, so dachte sie wohl, dem falschen Mann angeschlossen? Mythor sah nicht so aus, als sei er von Luxon besiegt worden.
    »Hast du«, wandte sie sich leise an Luxon, »eingesehen, dass Mythor ein größeres Anrecht auf das ersehnte Ziel hat? Wie darf ich eure neue Freundschaft verstehen?«
    Luxon winkte einen seiner Bewaffneten herbei und antwortete: »Der Schein trügt. Zuerst einmal werden wir es uns nach den langen Tagen der Kämpfe und Entbehrungen gutgehen lassen. Tahara! Geh hinunter zum Meister meiner Küche und trage ihm auf, er soll in zwei Stunden ein köstliches Mahl zubereiten. Wir wünschen auf der kleinen Terrasse zu essen, von der aus wir den Palast Sarpha Yahids sehen können.«
    »Es wird augenblicklich geschehen, Herr«, sagte Tahara und verbeugte sich tief.
    Mythor lehnte seinen Rücken gegen eine Säule, sah sich schweigend um und versuchte, die Stimmung in diesem Palast richtig zu deuten. Luxon war Croesus, und abermals tat sich eine neue Facette seiner überraschenden Persönlichkeit auf. Tarnung, Verstellung und ständig wechselnde Rollen schienen sein Leben zu bedeuten.
    »Zum Sohn des Kometen wird man nicht geboren«, sagte Mythor etwas sarkastisch. »Man muss es werden. Man muss darum ringen. Wie es schon Vangard, der Süder, richtig sagte.«
    »Wir werden beim Essen genügend Gelegenheit haben«, meinte Luxon geschmeidig, »diese Fragen zu klären.«
    Mythor blieb weiterhin skeptisch. Aber immerhin hatte sich Luxon in
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