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Der Meisterdieb

Der Meisterdieb

Titel: Der Meisterdieb
Autoren: Hans Kneifel
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wurde. Vor ihren Augen tanzten feurige Räder, und schließlich hüllte sie für kurze Momente eine wohltuende Dunkelheit in ihren schützenden Mantel.
    Samed starrte Luxon an und begriff fast nichts. Das Bewusstsein, einem schlimmen Schicksal entgangen zu sein, stellte sich erst viel später ein.
    *
    Schon an Bord von Garaschis Galeere hatten sich seine aufgeregten Gedanken beruhigt. Zahllose neue Abenteuer hatten in seinem Bewusstsein unauslöschliche Spuren hinterlassen. Und nun war in Mythor die Überzeugung, wirklich der Sohn des Kometen zu sein, weiterhin gewachsen. Es war eine zwangsläufige Folge der Ereignisse, die mit der Bekanntschaft des Süders Vangard am Koloss von Tillorn ihre logische Fortsetzung gefunden hatten. Jetzt, im wohltuenden Schatten der duftenden Bäume, ein Glas kühlen Weines in der Hand, gab es abermals eine Gelegenheit, nachzudenken und die Einzelheiten der Expedition nach Logghard zu planen, die Gegenwart und die eigenen Empfindungen mit der wahrscheinlichen Zukunft zu verbinden. Fronja! Logghard! Der Sonnenschild. Und schließlich, nach den Andeutungen des Stummen Großen Vierfaust, das Erlebnis am Meteorstein – das alles hatte schwerwiegende Gründe. Nichts geschah aus Zufall. Die Regeln dieser Welt mochten verwirrend und ihre Auswirkungen mehr als rätselhaft und verschlungen sein, aber es gab jene Regeln.
    »Eine davon«, sagte sich Mythor leise und blickte über die abfallenden Ränge und Terrassen der Stadt hinunter, »ist sicherlich auch die Bereitschaft Luxons, mir den Bogen und den Köcher zu geben.«
    Am nachhaltigsten hatte ihn das Erlebnis am Meteorstein berührt, dort, wo ihn die Marn vor siebzehn Sommern beim Schrei seines Bitterwolfs aufgefunden hatten. Er war ein Ausgesetzter, verlassen in der Steppe von Salamos. Der Bitterwolf hatte damals seine Warnung hinausgeheult, und das hatte ihn vor siebzehn Jahren gerettet.
    Hastig stürzte er einen großen Schluck aus dem Becher hinunter.
    In ihm hatte vor kurzer Zeit jenes fremde Bewusstsein -oder was immer es war – getobt. Er nannte es in Gedanken manchmal den Feind, manchmal den Schatten oder den Feind im Dunkeln.
    »Und jetzt…?« fragte er sich.
    Nun, er hatte den Sonnenschild, das Schwert, den Helm der Gerechten sowie den Sternenbogen und den Mondköcher. Er schien frei zu sein von den Fesseln, die ihn an seine unmittelbare Vergangenheit banden. Bevor er versuchte, den siebenten Kristallisationspunkt des Lichtboten aufzusuchen, musste er sich in Sarphand bemühen, von den Großen die letzten Rätsel seiner Herkunft zu erfahren.
    »Ich ahne«, sagte er leise und bewegte unruhig den Pokal in seinen Fingern, »dass sie vor meiner Zeit bei den Marn mit mir in einem bestimmten Zusammenhang stehen. Irgendwie kennen wir uns.«
    Auch der neue »Freund«, Luxon, der Mann vieler Rätsel, hatte ihn dazu ermuntert. Er war sicher, dass die Großen sagen und beweisen konnten, ob Mythor wirklich der Sohn des Kometen sei. Mythor war weit davon entfernt, an einen klaren und andauernden Sinneswandel seines Konkurrenten glauben zu können – zu oft war er schon von Luxon betrogen worden.
    Trotzdem hatten Steinmann Sadagar, Luxon und er die Lichtsplitterinseln verlassen und waren von Bord der Galeere gegangen. Gestern nacht hatten sie die Stadt betreten.
    Sie hatten einen schmalen Weg gewählt und waren zu Fuß gekommen, nachdem sie die Waffen und die Ausrüstung bis zur Unkenntlichkeit verkleidet und sich selbst mit Hilfe von Farbe und Kleidungsfetzen maskiert hatten. Sowohl für Luxon-Arruf als auch für Mythor bedeutete die Stadt ein mehr als gefährliches Pflaster. Im Sternenlicht schlichen sie über den Pfad, wichen den dunklen Stellen aus, und Luxon führte sie auf ein Gebäude zu, das von Bäumen umgeben auf einer der obersten Plattformen oder Stufen lag.
    »Hier gibt es Dutzende von Männern«, flüsterte Luxon in der Dunkelheit, »die nichts lieber täten, als sich an mir zu rächen. Ich habe ihnen in meiner Jugend zum Teil recht übel mitgespielt.«
    Zwischen Büschen, in denen Leuchtkäfer umherschwirrten, tappten sie eine grasbewachsene Treppe aufwärts. Von rechts waren die bedächtigen Schritte einer Doppelwache zu hören.
    »Und ich gelte als Frevler wider Shallad Hadamur«, knurrte Mythor, während Sadagar um sich schaute und die Finger an den Griffen seiner Wurfmesser entlanggleiten ließ.
    Stundenlang waren sie über Pfade, die nur Luxon kannte, durch die Nacht geschlichen.
    Hadamur ließ sich als die Reinkarnation
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