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Der Marschenmörder

Der Marschenmörder

Titel: Der Marschenmörder
Autoren: Werner Brorsen
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die Hinrichtung bemühte.
    Für Auslagen und Diäten im Zeitraum 22.   Mai bis 30.   Juni 1867 erhielten die Ermittler Mohrdieck und Schütt 1367 Taler. Erheblich höher muss der Aufwand für ihre Vorgänger gewesen sein, die acht Monate im Einsatz waren. Nicht eingerechnet die Forderungen der Land- und Kirchspielsvogteien, Gendarmerien, Zoll- und Justizämter für Sonderausgaben bei der landesweiten Fahndung nach einer Räuberbande. Eine Rechnung des Landrats in Meldorf vom 15.   Januar 1869 in Höhe von 1866 Talern für die Sonderaufwendungen der ehemaligen Landvogtei lässt ahnen, welche Summen die vergebliche „Vagabundenjagd“ verschlungen hat.
    Dagegen nehmen sich die Gerichtskosten für die Hauptverhandlung in Itzehoe mit 438   Talern eher bescheiden aus, vor allem, weil die Verhandlung durch das Geständnis des Angeklagten auf sechs Stunden verkürzt werden konnte. Es fehlen in der Kostenrechnung allerdings die Aufwendungen für den Sondereinsatz von Polizei und Militär.
    Die Flut finanzieller Forderungen wuchs Jakob Schwarzkopf, der wenige Tage nach dem Verbrechen zum Vermögensverwalter bestimmt wurde, allmählich über den Kopf. So war er erleichtert, als das Obergericht diese Aufgabe übernahm, und sie am 1.   September 1868 dem neu gegründeten Kreisgericht in Itzehoe übertrug.
    Inwieweit privat Geschädigte Ansprüche stellten und diese gewährt wurden, ist mangels Unterlagen nicht zu beziffern. Es finden sich in den Akten Hinweise auf Helfer, die um Ersatz für durch das Feuer verdorbene Kleidung nachsuchen, sowie ein Schreiben des Pastors Meins aus St.   Margarethen, der sich für Lena Dehn, die Mutter des Dienstmädchens Abel, verwendet. Der Geistliche bittet namens der in Armut geratenen Witwe des Arbeiters Max Dehn „um einen Ersatz für den schrecklichen Verlust, soweit überhaupt möglich“. Sie habe von ihrer Tochter jährlich 20 bis 25   Taler Unterstützung erhalten, die diese von ihrem Lohn als Dienstmädchen erspart habe. Die Frau sei arm und müsse außerdem noch eine nicht konfirmierte Tochter ernähren. Alle hätten ihr zugeredet, einen Schadensersatz von 600   Talern zu fordern. Ob dieser Bitte entsprochen wurde, ist nirgendwo verzeichnet.
    Insgesamt enthalten die Akten im Landesarchiv vortreffliches Material für die wissenschaftliche Analyse des Verbrechens, doch nur unvollständige Dokumente für weitere Aspekte einer einmaligen Familientragödie.
     Diese aufzuhellen und gegebenenfalls für einen Roman zu verwenden, bedurfte es weiterer Nachforschungen. Ein schwieriges Unterfangen, denn das Jahrhundert-Verbrechen hat erstaunlicherweise keinen literarischen Niederschlag gefunden, sieht man von zwei täuschend ähnlichen Tatsachenberichten aus den Jahren 1956 und 1960 in der „Norddeutschen Rundschau“ und der „Hamburger Morgenpost“ ab. Des Weiteren erschienen in den ersten Jahren nach dem Verbrechen Beiträge in Bänkelsängerheften sowie ein längerer Bericht in der in Leipzig herausgegebenen Criminal-Zeitschrift „Der Neue Pitaval“.
    Die Kirchengemeinde Beidenfleth verzeichnet lediglich im Bestattungsbuch unter dem 11.   August 1866: „In der Nacht vom 7ten auf den 8ten August 1866 ist im Hause des Hofbesitzers Johann Thode in Großcampen ein grauenhafter Mord nebst Brandstiftung begangen worden, wodurch nachstehende 8   Personen den Tod fanden und Haus und Scheune ein Raub der Flammen wurden und nur ein Sohn des Johann Thode, Timm Thode, dem Tode entging.“ Es folgen Namen, Alter sowie die Namen der Eltern der Opfer, und am Ende heißt es: „Die 7   Ermordeten nebst dem Dienstmädchen sind begraben worden in Nr.   387, 388, 389 und 390 und wurden mit Geläute und Grabrede begraben.“
    Dass Timm Thode an Trauerfeier und Begräbnis nicht teilgenommen hat, geht aus einer Meldung der Itzehoer Nachrichten hervor. Die Zeitung berichtet von großer Anteilnahme der Bevölkerung und erwähnt am Schluss, das einzige Familienmitglied, das sich schwer verletzt retten konnte, befinde sich auf dem Weg der Besserung.
    Nach Timm Thodes Hinrichtung erwies es sich als umständlich, für das (kaum noch vorhandene) Thode-Vermögen einen Erben zu finden. Die Verwandten zeigten offenbar wenig Interesse an einer Erbschaft, die sie durch weitere Forderungen leicht finanziell ruinieren konnte. Aus einem Nachtrag in den Gerichtsakten geht hervor, dass Marten Krey, der Großvater Timm Thodes, das Erbe annahm: „Universalerbe Marten Krey zu Brockdorf erklärt sich zugleich
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