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0074 - Söldner des Teufels

0074 - Söldner des Teufels

Titel: 0074 - Söldner des Teufels
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Ruhig und gelassen stand die junge Frau auf der hölzernen Plattform. Ein blütenweißes, fliegendes Gewand umschmeichelte ihre schlanke Gestalt. Sie lächelte, und in ihren Augen lag ein ferner, weltentrückter Ausdruck. Ihre ganze Erscheinung war von einer nahezu überirdischen, ätherischen Schönheit.
    Marcel de Marteau blickte unschlüssig auf die langläufige Sportpistole in seiner Hand. Irgendwie widerstrebte es ihm, auf das Mädchen anzulegen.
    Bist ein Idiot, Marcel, sagte er zu sich selbst. Ist doch alles nur Schau – wie im Variete. Vögel und Blumen aus dem Taschentuch, der indische Seiltrick, die zersägte Jungfrau…
    Der ebenfalls weißgewandete Glatzkopf, der sich großspurig Priester des Lichtes nannte, nickte ihm aufmunternd zu.
    »Schießen Sie ruhig, junger Mann. Sie brauchen nichts zu fürchten. Der Geist des Lichts hat seine Tochter durchdrungen und schützt sie gegen alles Ungemach. Eine Pistolenkugel kann ihr nichts anhaben.«
    Unangenehm berührt wurde sich Marcel bewußt, daß ihn zahllose Augen anstarrten. Diese Demonstrationen der Sekte ›Kinder des Lichts‹ hier mitten im Bois de Boulogne hatte viele Neugierige und Schaulustige angelockt. Er ärgerte sich kriminell über sich selbst.
    Warum war er auch nicht Manns genug gewesen, abzulehnen, als ihn der Priester willkürlich aus den Reihen der Gaffer ausgewählt und gebeten hatte, bei dieser lächerlichen Scharlatanerie mitzumachen?
    Er mußte jetzt etwas tun, wenn er sich bei den Zuschauern nicht blamieren wollte.
    »Klar kann die Pistole dem Mädchen nichts anhaben«, sagte er und lächelte dabei etwas gequält. »Sind ja sowieso nur Platzpatronen im Magazin.«
    Der Glatzkopf, der diesen ganzen Quatsch hier managte, lächelte zurück.
    »Sie glauben nicht, daß die Pistole scharf geladen ist, junger Mann?«
    »Natürlich nicht!«
    Der sogenannte Priester nickte. »Die Kinder des Lichts sind es gewohnt, daß man ihnen mit Mißtrauen und Unglauben begegnet. Um aller Welt zu beweisen, wie gewaltig die Macht des Großen Meisters ist, sind wir hier. Junger Mann, sehen Sie die Tonkrüge dort am Rand der Plattform?«
    Marcel hatte bisher nur Augen für das Mädchen gehabt, das die ganze Bühne mit seiner Präsenz auszufüllen schien. Diese Gefäße, normale, herkömmliche Weinkrüge offenbar, waren ihm bisher noch gar nicht aufgefallen.
    »Ich sehe sie, ja«, antwortete er.
    »Schießen Sie auf einen der Krüge. Dann werden Sie erkennen, daß die Pistole geladen ist. Oder trauen Sic sich etwa nicht zu, zu treffen?«
    Jetzt forderte der Kerl ihn auch noch heraus! Natürlich würde er treffen. Aus drei, vier Metern Entfernung war das nun wirklich keine große Kunst.
    Spontan hob er die Waffe, zielte kurz auf den vordersten Krug und zog den Abzugshahn durch.
    Bei dem Schießprügel handelte es sich um eine Luftpistole, denn Feuerwaffen durften hier in der Öffentlichkeit natürlich nicht eingesetzt werden. Dennoch hatte die Pistole eine unerhörte Durchschlagskraft. Scheppernd zerbarst der Weinkrug in tausend Scherben.
    Kein Bluff! fuhr es Marcel siedendheiß durch den Kopf. Kein Zweifel, mit dieser Waffe konnte man aus wenigen Metern Entfernung einen Menschen ohne weiteres töten. Wenn er jetzt auf das Mädchen anlegte…
    »Haben Sie sich überzeugt, junger Mann?« drang sie Stimme des Glatzkopfes an sein Ohr.
    Unsicher bejahte Marcel.
    »Dann schießen Sie, schießen Sie auf die Tochter des Lichts, über die der Große Geist schützend seine Hand hält.«
    Gott, auf was habe ich mich hier eingelassen, dachte Marcel. Unglücklich blickte er in die Gesichter der Umstehenden. In fast allen zeichnete sich die Sensationsgier ab. Mit solchen Gesichtern hatten die alten Römer damals wahrscheinlich im Kolosseum gesessen, wenn die Gladiatoren gegen Löwen und Tiger kämpften. Solche Gesichter sah man häufig an Autorennstrecken, wo die Gefahr bestand, daß es zu verhängnisvollen Unfällen kam.
    Die Leute wurden unruhig.
    »Schieß endlich!« wurde er von verschiedenen Seiten energisch aufgefordert.
    Einer wurde sogar ganz deutlich. »Schick den Engel zum Teufel!« mußte Marcel hören.
    Natürlich sparte man auch nicht mit Bemerkungen, die seinen Mut in Frage stellten und ihn als windelweichen Waschlappen abstempelten.
    Marcel war noch jung. Solche Schmähungen gingen ihm unter die Haut und kränkten ihn zutiefst. Und dann sagte er sich noch, daß ihn niemand verantwortlich machen konnte, wenn etwas passierte.
    Der Priester hatte ihn zum Schießen
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