Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen
Autoren: David Morrell
Vom Netzwerk:
Pistole unter der Serviette. »Nennen Sie uns einen Grund, warum wir Sie nicht töten sollten.«

3
     
    Die Einsatzbesprechung hatte vor drei Monaten an einem sicheren Ort in Fairfax, Virginia, stattgefunden, in einer Wohnung im ersten Stock eines verzweigten Gebäudekomplexes. Buchanan hatte sie unter dem Decknamen Brian MacDonald gemietet. Er besaß einen Führerschein, einen Reisepaß, eine Geburtsurkunde und mehrere auf diesen Namen ausgestellte Kreditkarten, außerdem eine detaillierte erfundene Lebensgeschichte. Brians angeblicher Beruf war Programmierer. Für Computer besaß Buchanan Interesse und Talent, so daß dieser Teil seiner Identität realistisch war. Jeder, der ihn fragte, bekam zu hören, daß er zu Hause arbeite, eine Behauptung, die der leistungsfähige IBM-Computer in seiner Wohnung bestätigte.
    Er bemühte sich, die erforderliche Geduld und Disziplin aufzubringen, während er gespannt auf seinen eigentlichen Job wartete. Als endlich ein leitender Angestellter der angeblichen Computerfirma New Age Technology in Boston bei ihm anrief und mitteilte, er habe geschäftlich in Fairfax zu tun und würde gern bei ihm vorbeikommen, dachte Buchanan: Bald habe ich eine Aufgabe. Bald ist Schluß mit dem Frust.
    Der Leitoffizier klopfte an einem Freitag nachmittag pünktlich an die Tür, und Buchanan-MacDonald ließ ihn ein, nachdem er durch den Spion gespäht hatte. Der kleine, hagere Mann im zerknitterten Anzug stellte seine Aktentasche auf den Couchtisch im Wohnzimmer und wartete, bis Buchanan-MacDonald die Tür verriegelt hatte. Routinemäßig musterte er den Raum. »Was ist Ihnen lieber? Spaziergang oder hier?«
    »Die Wohnung ist clean.«
    »Gut.« Der hohlwangige Typ öffnete die Aktentasche. »Ich brauche Ihren Führerschein, den Reisepaß, die Geburtsurkunde, Kreditkarten – alle Dokumente, die auf den Namen Brian MacDonald ausgestellt sind. Hier ist meine Vollmacht, und dies sind Ihre neuen Dokumente. Ihr neuer Name lautet Edward Potter. Sie waren tätig als … Na, es steht alles in den Unterlagen. Jedes Detail Ihrer neuen Identität. Ich weiß, Sie haben ein blendendes Gedächtnis, also denke ich, Sie können sich die Informationen bis morgen früh einprägen. Ich komme vorbei und hole die Unterlagen wieder ab.«
    »Warum hat es ganze zwei Monate gedauert, bis Sie wieder Kontakt zu mir aufgenommen haben?« fragte Buchanan.
    »Nach Ihrem letzten Einsatz mußten Sie eine Zeitlang aus dem Verkehr gezogen werden. Außerdem dachten wir, wir könnten Sie noch einmal als Brian MacDonald gebrauchen. Wir haben jetzt aber eine viel interessantere Aufgabe für Sie. Wird Ihnen gefallen.«
    »Lassen Sie hören.«
    Der Leitoffizier fixierte ihn. »Manchmal vergesse ich, wie hochmotiviert unsere Geheimagenten sind, direkt geil auf einen neuen Auftrag. Gerade deshalb sind sie ja Agenten geworden. Weil –«
    »Weil? Das habe ich mich selber schon oft gefragt. Wie lautet die Antwort?«
    »Das liegt doch auf der Hand. Es macht Ihnen Spaß, die Identität zu wechseln.«
    »Ja, genau. Also verraten Sie mir: Was motiviert mein neues Ich?«

4
     
    Im Restaurant des Club Internacional in Cancún ließ sich Buchanan nicht aus der Ruhe bringen, als der eine Zwilling ihn bedrohte. » Einen Grund, mich nicht zu töten?« wiederholte er scheinbar nachdenklich. »Ich meine, da gibt es viele Millionen Gründe.«
    »Millionen haben wir genug«, scherzte der zweite Zwilling. »Wie kommen Sie darauf, daß wir wegen ein paar Millionen ein Risiko eingehen und Ihnen vertrauen?«
    »Die menschliche Natur. Egal, wieviel Geld einer hat, es ist nie genug. Übrigens biete ich Ihnen nicht ein paar Millionen, sondern viele.«
    »Wir haben etwas gegen Konkurrenz.«
    Buchanan blieb gelassen. »Ich will nicht mit Ihnen konkurrieren, im Gegenteil. Ich weiß, daß Sie einen Partner brauchen. Ich habe mich gründlich informiert, bevor ich mich hier etablierte.«
    »Nicht nur hier, sondern auch in Merida, in Acapulco und in Puerto Vallarta«, warf der erste Zwilling wütend ein.
    »Und in mehreren anderen Urlaubsorten, wovon Sie offenbar noch nichts wissen.«
    »Sie geben also zu, daß Sie sehr fleißig gewesen sind, und zwar auf unsere Kosten.«
    »Wie sonst hätte ich Sie auf mich aufmerksam machen sollen? Stellen Sie sich mein Risiko vor. Ich, ein norteamericano , steige auf Ihrem Territorium, in den Urlaubsorten Ihres Landes, noch dazu in Cancún, ins Geschäft ein. Trotz meiner guten Informationen hatte ich keine Ahnung, an wen ich mich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher