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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen
Autoren: David Morrell
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selbstbestimmten Lebens. Sie wird nicht ein Gefängnis gegen das andere tauschen.«
    »Was dann …?«
    »Hilfe wird sie suchen. Es gibt nur zwei Gründe, einem anderen zu helfen. Geld und Liebe. Ich nehme an, daß eine Frau in ihrer Lage sich eher auf Liebe verläßt oder zumindest auf Freundschaft. Wer aus ihrem bisherigen Leben kann ihr helfen?«
    »Wie ich schon sagte – Familie, Freunde und ehemalige Bezugspersonen werden beobachtet.«
    »Das genügt nicht. Sie wäre nicht ohne Plan geflohen. Irgendwo gibt es jemanden, mit dessen Hilfe sie rechnen kann. Jemand, der uns nicht auf Anhieb einfällt. Einer, dem sie vertraut.«
    »Ich kümmere mich sofort darum.«
    »Sie haben mich enttäuscht. Ihr Erfolg in Chicago und Guatemala hat mich so beeindruckt, daß ich an eine Belohnung dachte. Aber ich fürchte, daraus wird jetzt nichts.«
    Die Gegensprechanlage neben dem Sessel des Alten summte. Er drückte auf einen Knopf. »Ich habe gesagt, keine Störung.«
    »Scheich Hazim, Herr Professor«, ertönte eine weibliche Stimme.
    »Ach ja. Stellen Sie durch.« Er griff zum Telefon, doch bevor er den Hörer abnahm, warnte er seinen Besucher: »Enttäuschen Sie mich nicht noch einmal.« Er regulierte den Tropf, aus dem mit Lämmerhormonen angereichertes Blut in seine Vene floß. »Fassen Sie das Miststück, bevor sie alles kaputtmacht. Wenn Delgado erfährt, daß sie entkommen ist, dann ist sie dran – und wir wahrscheinlich auch.«
    »Mit Delgado werde ich fertig.«
    »Das bezweifle ich nicht. Aber ohne Delgado sind die Ruinen unerreichbar für mich. Das würde mich sehr enttäuschen und für Sie sehr unangenehm werden.«
    »Ja, Sir.«
    »Raus.«

Zweites Kapitel
     
    1
     
    Cancún, Mexiko
     
    Die terrassenförmig angelegten Hotels waren Maya-Tempelpyramiden nachgestaltet und säumten den vierspurigen Highway, der die vor fünfundzwanzig Jahren noch unbewohnte Sandbank durchschnitt. Während die Dämmerung in Nacht überging, beobachtete Buchanan beunruhigt die Touristen in seiner Nähe, das bedrohliche Donnern und die grellen Autoscheinwerfer zu seiner Rechten, die verdächtigen Schatten unter den Palmen zu seiner Linken, tat aber so, als würde er gelassen weitergehen.
    Etwas stimmte nicht. Instinkt und Intuition warnten ihn. Er verspürte Magendruck und versuchte sich einzureden, daß es lediglich eine Art Lampenfieber sei. Doch die Erfahrung vieler gefährlicher Einsätze hatte ihn gelehrt, die aus dem Bauch kommenden Warnsignale nicht zu überhören.
    Was aber war ungewöhnlich? Er dachte angestrengt nach. Seine Vorbereitungen waren gründlich gewesen. Der Köder für den Gegenspieler würde einwandfrei funktionieren. Warum in Gottes Namen war er so nervös? Zu viele Einsätze? Zu viele Identitäten? Zu viele riskante Unternehmen? Nein, dachte Buchanan, ich weiß, was ich tue. Acht Jahre habe ich das überlebt und kenne den Unterschied zwischen schwachen Nerven und …
    Trotz des beklemmenden Gefühls in der Brust änderte Buchanan seine Gangart nicht. Er bewegte sich im Schatten dichter, bunt blühender Sträucher, die die Zufahrt säumten, und näherte sich allmählich der strahlenden Pyramide des Club Internacional.

2
     
    Buchanan war für halb zehn Uhr verabredet, doch er wollte zehn Minuten eher da sein, um den Treffpunkt noch einmal zu überprüfen und sich davon zu überzeugen, daß sich vor Ort nichts verändert hatte, was das Vorhaben gefährden konnte. An den drei vergangenen Abenden hatte er das Hotel zur selben Zeit besucht und jedesmal kontrolliert, ob alles in Ordnung war.
    Ein Plan, der auf dem Papier ideal aussah, mußte zur »wirklichen Realität« passen, und diese konnte sich von einem Tag zum andern wandeln. Es gab zu viele veränderliche Größen. Falls ihm etwas störend auffiel, würde er wieder in der Nacht untertauchen, als sei nichts geschehen. Wenn dann der Gesprächspartner um halb zehn erschien und Buchanan nicht entdeckte, bedeutete dies – so war es vorher ausgemacht –, daß die Umstände nicht günstig waren und das Treffen am nächsten Tag um acht Uhr morgens in einem anderen Hotel stattfand. Selbstverständlich hatte Buchanan einen Reserveplan vorbereitet, falls das zweite Treffen ebenfalls verschoben wurde. Es galt, der anderen Seite zu beweisen, daß alles getan worden war, um jedes Sicherheitsrisiko zu vermeiden.
    Buchanan schlenderte an den beiden Portiers vorbei. Am Ende des Foyers zögerte er ganz kurz, als ein japanischer Gast links neben der Geschenkboutique durch eine
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