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Im Blut vereint

Im Blut vereint

Titel: Im Blut vereint
Autoren: Pamela Callow
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    Freitag, 27. April, 17:00 Uhr
    Vom Frühling in Halifax ließ sich nicht behaupten, dass er besonders angenehm und freundlich war. Gleiches galt für
Lyons McGrath Barrett
, eine der Top-Anwaltskanzleien in Halifax.
    Kate Lange genehmigte sich eine kurze Pause und schaute aus dem Fenster ihres Büros auf der Mitarbeiteretage von LMB . Durch die mit feinen Tropfen übersäte Scheibe erkannte sie verschwommen die Autoschlange auf der Lower Water Street. Die Rushhour am Freitagabend hatte gerade begonnen.
    Kate wandte sich wieder ihrem Schreibtisch zu – einem eleganten Stück im Mahagoni-Look mit dazu passendem Aktenschrank – und versuchte, sich auf die Trennungsvereinbarung zu konzentrieren, die auf dem Tisch lag. Die vierte in dieser Woche. Die siebenundzwanzigste, seit sie bei LMB arbeitete. Kate verzog das Gesicht. Was für eine Ironie. Schließlich hatte sie
Marshall & Associates
verlassen, weil es dort vor allem Familienrechtsfälle zu bearbeiten gab.
    Rasches Klopfen unterbrach ihre Gedanken.
    Kate schlug das Herz bis zum Hals.
    Es war Randall Barrett. Persönlich.
    Sie hatte den Managing Partner von LMB noch nicht kennengelernt. Bei ihrem Bewerbungsgespräch war er nicht dabei gewesen. Den Grund vermutete sie darin, dass sie die Exverlobte von Ethan Drake war, dem Detective, der seiner Ansicht nach einen Unschuldigen ins Gefängnis gebracht hatte. Vor zwei Jahren hatte Ethan gegen Randall Barretts alten Fußballfreund Dr. Don Clarkson ermittelt. Dabei ging es um den Tod einer schwer kranken Patientin, eine Geschichte, auf die sich die Medien nur so stürzten: Hatte Dr. Clarkson falsch eingeschätzt, wie viel Morphium seine Patientin vertrug, oder war es ein Fall von Sterbehilfe? Die Autopsie brachte kein klares Ergebnis. Den Ausschlag gab die Aussage des Sohns der Patientin: Er behauptete, Dr. Clarkson habe ihm versichert, dass seine Mutter bald nicht mehr zu leiden haben würde. Randall Barrett glaubte, dass Ethan den jungen Mann in unzulässiger Weise beeinflusst hatte.
    Don Clarkson gab sein gesamtes Vermögen für die Verteidigung aus, wurde aber dennoch verurteilt. Bei der Berufung übernahm Randall Barrett seine Vertretung. Er versuchte das Berufungsgericht davon zu überzeugen, dass Ethan bei den Ermittlungen gepfuscht hatte. Die Richter erhielten das Urteil jedoch mit zwei zu eins Stimmen aufrecht. Damit war die Sache aber weder für Randall Barrett noch für Ethan Drake abgeschlossen. Die Feindschaft zwischen ihnen saß tief.
    Kate stand auf, strich ihren Rock glatt und lächelte strahlend. »Hallo, Mr Barrett.« Sie war froh, dass sie das neue Kostüm trug, das sie von ihrem letzten Gehalt gekauft hatte. Zu dem Zeitpunkt hatte sie zwischen neuer Garderobe oder neuen Wasserleitungen für ihre Küche wählen müssen, aber das Kostüm im Jackie-Kennedy-Stil war einfach zu verlockend. Als sie am selben Abend die Leitungsrohre ächzen hörte, bereute sie die Ausgabe schon. Trotzdem brachte sie es nicht über sich, das cremefarbene, seidig glänzende Kostüm zurückzugeben. Außerdem hatte sie vor langer Zeit gelernt, dass man im Leben nichts erstattet bekam.
    Als sie jetzt Randall Barretts erstklassig geschnittenen grauen Anzug sah, war sie froh, dass sie das Kostüm behalten hatte. Gerade er sollte sehen, dass sie in dieses Büro gehörte, dass ihr Name im Briefkopf von LMB stehen müsste. Denn das tat er bisher noch nicht. Erst in zwei Monaten würde es so weit sein.
    Und das auch nur, wenn sie es schaffte.
    Randall lächelte und zeigte dabei seine kräftigen weißen Zähne. Auf Kate wirkte das nicht gerade beruhigend. »Bitte, nennen Sie mich Randall.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Kann ich hereinkommen?«
    Sie errötete. »Natürlich.«
    Als er näher trat, füllte er den Raum mit seiner männlichen Ausstrahlung.
Himmel. Jetzt weiß ich, warum alle weiblichen Singles in der Kanzlei nervös werden, wenn sein Name fällt.
    Er blieb vor ihrem Schreibtisch stehen. Unter dem Arm trug er eine Aktenmappe. In den hochhackigen Pumps war Kate fast so groß wie er, aber sein Charisma verlieh ihm ein paar Zentimeter extra. Aus strahlend blauen Augen sah er ihr voll ins Gesicht.
    Sie zwang sich, seinen Blick zu erwidern. Seine Miene verriet ihr nichts. Das war zu erwarten gewesen, wurmte sie aber trotzdem. Er war für seine scharfen Analysen und seine Redegewandtheit bekannt. Sie konnte eine Menge von ihm lernen. Wenn er ihr die Chance dazu gab.
    Sein Blick wurde durchdringend und glitt dann von ihr weg zu
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