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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen
Autoren: David Morrell
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und Schrammen mit einer Salbe und untersuchte schließlich Buchanans Blessuren am Kopf. Offenbar hatte er einen Eingriff vor, denn er schabte mit einem Messer die linke Seite des Schädels kahl. Er setzte einen scheibengetriebenen hölzernen Bohrer an, dessen scharfe Spitze Buchanan qualvolle Schmerzen bereitete, so daß er in Ohnmacht fiel, fast verzückt im Gefühl unendlicher Befreiung.

12
     
    »Wie lange bin ich bewußtlos gewesen?« brachte Buchanan mühsam heraus, die Worte wie Steine im Mund. Sein Geist war umnebelt, sein Körper schien nicht zu ihm zu gehören.
    »Zwei Wochen.«
    Er hob die rechte Hand und berührte den Kopfverband.
    »Nicht anfassen«, warnte Holly. Sie tränkte ein sauberes Tuch in Regenwasser, das sie in einer ausgehöhlten Kokosnußschale gesammelt hatte, und wusch ihn. Er lag halbnackt in einer Hängematte vor der Hütte, von den angenehmen Strahlen der späten Nachmittagssonne erwärmt.
    Er befeuchtete sich die trockenen, geschwollenen Lippen mit der Zunge. »Erzähle.«
    »Du bist beinahe gestorben. Du hast viel Blut verloren, doch der Medizinmann konnte es stillen.«
    »Was ist mit meinem Kopf?«
    »Du hast getobt, von Krämpfen geschüttelt. Deine Augen waren riesig, ich dachte, sie fallen dir aus dem Kopf. Er hat dich operiert, um den Gehirndruck zu senken. Hat ein Loch in die Schädeldecke gebohrt, und das Blut ist durch die Hütte gespritzt.«
    Buchanan verließen wieder die Kräfte, er schloß die Augen.
    Holly gab ihm Regenwasser zu trinken.
    »Er hat mir ein Loch in den Schädel gebohrt?« murmelte er.
    »Primitive Chirurgie. Wie vor tausend Jahren. Man könnte glauben, hier ist die Zeit stehengeblieben. Keine Elektrizität, alles, was sie brauchen, gibt ihnen der Wald. Ihre Kleider sind selbstgemacht. Sie verbrennen zum Wasserkochen Maiskolben. Dann lösen sie die Asche im Wasser auf und benutzen sie als Seife zum Wäschewaschen. Sie nehmen die Wäsche wieder heraus und spülen sie in anderen Töpfen aus. Sie ist unglaublich sauber. Zum Schluß düngen sie mit dem Wasser ihre Felder.«
    Buchanan hatte Mühe, sich zu konzentrieren, und ständig fielen ihm die Augen zu.
    Zwei Tage später wachte er wieder auf. Von Holly hörte er, daß sein Gewichtsverlust beängstigend war und daß er unbedingt etwas essen müsse.
    »Okay«, sagte Buchanan.
    Sie tauchte einen Holzlöffel in das Tongefäß, prüfte, ob die Kürbissuppe auch nicht zu heiß war, und fütterte ihn.
    »Köstlich.«
    »Ich habe sie nicht selbst zubereitet. Eine Frau bringt das Essen und erklärt mir mit Gesten, was ich zu tun habe.«
    »Und der Medizinmann?«
    »Kommt zweimal am Tag und flößt dir einen Löffel dicken, süß riechenden Saft ein. Der hat wahrscheinlich eine Infektion verhindert. Wenn ich bloß ihre Sprache verstünde.«
    »Warum haben sie sich soviel Mühe gegeben? Warum haben sie uns leben lassen?«
    »Ich weiß es nicht. Sie behandeln dich wie einen Helden. Ich begreife es nicht.«
    »Das hängt mit dem Spiel zusammen. Mit dem Kampf gegen Raymond. Sie haben erkannt, daß wir Drummonds Feinde waren und damit auf ihrer Seite stehen. Ich habe das Spiel verloren, und doch … Es ist möglich, daß die Maya in alter Zeit den Verlierer so bedauerten, daß sie ihn umsorgten.«
    »Warum sollten sie ihn bedauern?«
    »Weil der Sieger geopfert wurde und zu den Göttern eingehen durfte.«
    »Raymond ist aber nicht bei den Göttern.«
    »Nein, und Drummond auch nicht. Er ist in der Hölle, wo er hingehört«, sagte Buchanan. »Er erinnert mich an den Colonel.«
    »Wieso?«
    Buchanan zögerte. »Über die Ereignisse auf dem Ölfeld kannst du schreiben. Aber laß mich aus dem Spiel. Was ich dir jetzt erzähle, bleibt unter uns.«
    »Wenn du so dumm bist und mir immer noch nicht vertraust …«
    Buchanan rang sich zu einem Entschluß durch. »Dort auf dem Spielfeld habe ich dir wirklich vertraut. Du warst überzeugend, aber eines habe ich dir nicht abgenommen: daß du nur der Story wegen bei mir geblieben bist.«
    »Und ich habe dir vertraut, obwohl du gesagt hast, es sei dir egal, wenn ich den Tod fände. Ich glaubte fest daran, daß du ihnen etwas vorspielst, und ich bin dir gefolgt, obwohl ich nicht wußte, wohin es führt. Was wolltest du damit erreichen?«
    »Raymond hat es zum Teil erkannt. Ich wollte sie so verwirren, daß sie uns leben lassen mußten, bis sie herausgefunden hatten, wer von uns beiden die Wahrheit sagte. Am Ende hätten sie die Telefonnummern ausprobiert, und die automatische
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