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Der Mann mit den hundert Namen

Der Mann mit den hundert Namen

Titel: Der Mann mit den hundert Namen
Autoren: David Morrell
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mitgespielt?«
    »Dieser Theorie zufolge ist der Sieg eine solche Ehre, daß man auf einer Stufe mit den Göttern steht«, antwortete der Alte. »Der nächste logische Schritt war also, daß der Sieger geopfert wurde, damit er seinen Platz an der Seite der Götter einnehmen konnte.«
    »Das hört sich an, als wären nur die Zuschauer auf ihre Kosten gekommen.«
    »Richtig«, sagte der Greis. »Wie gesagt, ich habe eine Schwäche für das Einmalige. Mir steht die Ehre bevor, Zeuge eines seltenen Schauspiels zu sein. Zum ersten Mal seit fünfhundert Jahren wird wieder pok-a-tok gespielt. Für mich.«
    »Und was versprechen Sie sich davon? Erwarten Sie von mir, daß ich auspacke, damit man mir nicht den Kopf abschlägt?«
    »Oh, ich denke schon, es wird im Spielverlauf nicht an schmerzhaften Aufforderungen mangeln, die Wahrheit zu sagen. Aber mir geht es eigentlich nicht um Sie, sondern eher um Miß McCoy. Denn ich bezweifle nicht, daß dieses Schauspiel sie zur Kooperation veranlassen wird. Um Ihnen weitere Mißhandlung zu ersparen, rückt Sie als Gegenleistung mit der Wahrheit heraus.«
    »Es wird Ihnen nichts nützen«, betonte Buchanan. »Sie weiß nichts über meinen Auftrag.«
    »Warten wir’s ab. Raymond, sind Sie bereit?«

9
     
    Der Ball traf Buchanan mit solcher Wucht im Rücken, daß er zu Boden ging und sich das Kinn an einer Steinplatte aufschlug; ohne die Lederrüstung wären wohl einige Rippen gebrochen gewesen. Nach Luft schnappend und ohne Rücksicht auf die Schmerzen, raffte er sich wieder auf und rannte auf den Ball zu. Raymond war zur selben Zeit dort, Buchanan rammte ihm den Ellbogen an die Schläfe und schleuderte ihn zur Seite. Bevor sein Gegner sich erholen konnte, war Buchanan am Ball und warf. An der Hüfte getroffen, taumelte Raymond zurück, das Geschoß prallte von der Lederrüstung und fiel klatschend auf den Boden.
    »Nein, aber nein!« rief Drummond von der Tribüne. »So geht das nicht. Durch den Ring, nicht auf den Mann – darauf kommt es an!«
    »Warum haben Sie Raymond das nicht erklärt? Er hat damit angefangen«, schrie Buchanan zurück.
    »Halten Sie sich an die Regeln, Raymond«, schnauzte Drummond.
    »Was sind das überhaupt für Regeln?« wollte Buchanan wissen.
    »Tja, das ist die Frage.«
    »Ja, das dachte ich mir.«
    »Nein, verstehen Sie doch«, rief Drummond. »Das weiß nämlich niemand. Die Regeln sind uns nicht überliefert. Wir müssen also improvisieren. Wer zuerst zehn Punkte hat, gewinnt.«
    »Und was geschieht danach?«
    »Hängt ganz von den Antworten ab, die ich von Ihnen und Miß McCoy bekomme«, krächzte Drummond.
    Ohne vorherige Warnung stürzte Buchanan auf den Ball zu, nahm ihn auf und lief zum Ring. Als er zum Wurf ausholte, rempelte Raymond ihn mit der Schulter an, so daß er gegen die Steinmauer geschleudert wurde.
    Buchanan stöhnte auf, wirbelte herum und schlug dem anderen den Ball vor die Brust. Ohne ihn loszulassen, drehte er sich um die eigene Achse und kam unter dem Reifen zum Stehen. Er warf und sah mit vor Freude höher schlagendem Herzen, daß er einen Punkt gemacht hatte. Der Ball war durch den Ring geflogen.
    Raymond stieß Buchanan mit der Faust in den Rücken, so daß dieser nach vorn kippte.
    »Nein, aber nein!« nörgelte Drummond. »Das verstößt gegen die Regeln.«
    »Erklären Sie ihm das mal«, brüllte Buchanan. » Ich habe durch den Ring geworfen.«
    »Aber nicht nach den Regeln! Sie dürfen die Hände nicht benutzen!«
    »Nicht die Hände?«
    »Wir wissen nicht viel über das Spiel.« Drummond gestikulierte aufgeregt. »Aber eines ist bekannt: Nicht mit den Händen – höchstens zum Aufnehmen des Balls, sonst nur Stöße mit den Unterarmen, Schultern, Hüften, Knien und mit dem Kopf. Wegen Regelverstoß bekommen Sie einen Strafpunkt. Nun müssen Sie elf Treffer landen, Raymond nur zehn. Es sei denn, er verstößt auch gegen die Regeln.«
    »Weiterspielen!« ermahnte ihn Raymond, jagte zum Ball, warf ihn mit den Händen in die Luft und katapultierte ihn mit dem Ellbogen zum Reifen.
    Mit dumpfem Klatschen landete der Ball in Buchanans Reichweite. Schon hatte er ihn sich geholt, da brachte Raymond ihn durch ein Tackling zu Fall, entriß ihm den schweren Ball und gewann den nächsten Punkt.
    »Das macht aber keinen Spaß, Buchanan. Sie müssen sich mehr anstrengen«, meckerte der Alte.
    Eher als erwartet, schnappte Buchanan sich den Ball, manövrierte listig zum Reifen und wartete auf den Angriff des anderen. Als Raymond ihn zu
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