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Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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angerichtet, bedingt durch seine Ansicht, daß alle Menschen anfangen, Scherereien zu machen, wenn plötzlich zwei Polizisten in ihrem Flur stehen - er pflegte leicht zuzuschlagen.
    Sie hatten niemals etwas besonders Hervorragendes geleistet, und niemals war ihr Name in die Zeitung gekommen. Einmal, als sie in Malmö Dienst taten, hatten sie einen betrunkenen Journalisten, der ein halbes Jahr später ermordet wurde, zur Unfallstation der Poliklinik gefahren. Er hatte sich in die Hand geschnitten.
    Höher waren sie auf der Ruhmesleiter nie gekommen.
    Wie andere gleichsam ihr zweites Zuhause in der »Gesellschaft der Arsenalsgatan« hatten, so hatten Kristiansson und Kvant ihres im Streifenwagen, in der schwer zu definierenden Atmosphäre von muffiger Intimität, gemischt mit dem Geruch von Betrunkenen.
    Manche Leute hielten die beiden für überheblich, weil sie den Dialekt von Schonen sprachen, und sie selbst wurden ärgerlich, wenn gewisse Individuen, denen der Sinn für den-Klang und den Wert eines Dialektes völlig fehlte, sie zu imitieren versuchten. Kristiansson und Kvant gehörten nicht einmal zur Stockholmer Poliz'ei. Sie waren Streifenwagenfahrer in Solna und wußten nicht mehr über den Parkmörder als das, was sie in den Zeitungen gelesen und im Radio gehört hatten.
    Kurz nach halb drei am Donnerstag, dem 22. Juni, befanden sie sich direkt vor dem Schloß Karlberg, und in knapp zwanzig Minuten würde ihre Streife beendet sein. Kristiansson, der am Lenkrad saß, hatte eben den Wagen auf dem alten Exerzier und Paradeplatz vor der Militärakademie gewendet und fuhr nun in westlicher Richtung den Karlsbergs Strand entlang. »Halt an«, sagte Kvant. »Warum?«
    »Ich will mir das Schiff da mal näher ansehen.« Nach einer Weile fragte Kristiansson gähnend: »Hast du jetzt genug gesehen.?« »Ja.«
    Sie fuhren langsam weiter.
    »Den Parkmörder haben sie nun«, sagte Kristiansson. »Sie haben ihn im Djurgärden umzingelt.« »Hab ich auch gehört.« »Gut, daß man die Kinder in Schonen hat.«
    »Ja«, stimmte Kvant zu, »es ist merkwürdig…« Er verstummte. Kristiansson schwieg.
    »Es ist komisch«, sagte Kvant, »bevor ich mich mit Siv zusammengetan habe, war ich verteufelt scharf, was Mädchen anbetraf. Ich hatte ständig einige an der Leine. War potent, wie man so sagt. Ich war ganz einfach geil.«
    »Ja, ich erinnere mich daran«, antwortete Kristiansson und gähnte.
    »Aber jetzt, jetzt fühle ich mich wie ein alter Droschkengaul. Schlafe wie ein Stein, kaum daß ich im Bett liege. Und meine ersten Gedanken beim Aufwachen sind dicke Milch und Sonntagskuchen.«
    Er machte eine kurze, gedankenschwere Pause und fuhr dann fort: »Das wird wohl am Alter liegen.«
    Kristiansson und Kvant waren eben dreißig geworden.
    »Ja«, stimmte Kristiansson zu.
    Sie fuhren an der Karlbergsbron vorbei und waren nur noch zwanzig Meter von der Stockholmer Stadtgrenze entfernt. Hätte man den Parkmörder nicht im Djurgärden eingekreist, könnte er auch nach rechts gelaufen sein, den Ekelundsvägen entlang, und dann einen Unterschlupf in dem Waldstück gefunden haben, das nach dem Bau des letzten Hochhauses übriggeblieben war. Ater nun brauchten sie ja nicht mehr zu suchen. Nach Möglichkeit vermieden sie es nämlich, an der Staatlichen Polizeischule vorbeizufahren. Deshalb fuhr Kristiansson die kurvenreiche Straße am Strand entlang in westlicher Richtung weiter.
    Sie rollten an Talludden vorbei, und Kvant betrachtete voller Abscheu die Teenager, die vor dem Cafe und um die Autos auf dem Parkplatz herumstanden.
    »Eigentlich sollte man anhalten und sich mal ihre verdammten Rostlauben ansehen«, knurrte er.
    »Das kann die Verkehrspolizei besorgen«, wehrte Kristiansson ab. »Wir müssen ja in einer Viertelstunde auf dem Hof sein.«
    Sie fuhren eine Weile, ohne ein Wort zu sagen.
    »Gut, daß sie den Sexualmörder haben«, meinte Kristiansson.
    »Wie war's, wenn du mal etwas von dir geben würdest, was nicht schon zwanzigmal vorher gehört hat«, entgegnete Kvant.
    »Das ist nicht so einfach.«
    »Siv war heute früh geradezu unausstehlich«, beklagte sich Kvant. »Habe ich dir von diesem Knoten erzählt, den sie in ihrer linken Brust zu haben glaubt? Jetzt bildet sie sich ein, sie hätte Krebs.«
    »Ja, das hast du erzählt.«
    »So. Nachdem sie nun so lange über diese Beule geschwafelt hat, wollte ich einmal selbst ordentlich nachfühlen. Ich bin vor ihr aufgewacht. Aber bis der Wecker klingelt, liegt sie doch nur da
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