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Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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zu etwas zu führen. Die Stunden des Mittwochs schleppten sich dahin. Man bekam an die zehn Alarme, aber keiner schien besonders verheißungsvoll, und alle erwiesen sich schließlich als falsch.
    Es wurde Abend, eine kühle Nacht folgte. Die Razzia wurde fortgesetzt. Niemand schlief. Gunvald Larsson fuhr weitere dreihundert Kilo-meter zu je sechsundvierzig Öre den Kilometer.
    »Nun sind selbst die Hunde groggy«, sagte er, als er zurückkam, »sie schaffen es nicht mal mehr, einen Polizisten zu beißen.«
    Da war es bereits Donnerstagvormittag, der 22. Juni. Es schien ein warmer, aber windiger Tag zu werden.
    »Jetzt fahre ich nach Skansen und stelle mich dort auf. Als Maibaum verkleidet!«
    sagte Gunvald Larsson.
    Keiner vermochte ihm noch zu antworten. Martin Beck fühlte sich nicht wohl, und außerdem verspürte er Hunger. Als er den Pappbecher zum Mund führte, zitterte seine Hand so, daß er Kaffee auf Melanders Schreibunterlage schüttete. Und Melander, der sonst sehr pedantisch war, schien es nicht einmal zu merken. Melander war außergewöhnlich ernst. Er dachte an die Zeitfolge. An die Zeitfolge und daran, daß es nun gleich »ein Tag danach« sein würde.
    Um zwei Uhr nachmittags kam endlich die Erlösung. In Form eines Telefongesprächs. Rönn nahm den Anruf an. »Wo? Im Djurgärden?«
    Er hielt die Hand vor die Muschel und sah die anderen an. »Er ist im Djurgärden. Mehrere Personen haben ihn gesehen.«
    »Wenn wir Glück haben, ist er noch auf Södra Djurgärden, und dann sitzt er in der Falle«, sagte Kollberg, als sie im Wagen nach Osten fuhren, dicht gefolgt von Melander und Rönn.
    Södra Djurgärden ist eine Insel, die durch zwei Brücken über den Djurgärdsbrunnsviken und den Kanal mit dem Festland verbunden ist. Man kann sie auch mit der Fähre oder im eigenen Boot erreichen. Auf dem stadtnäheren Teil der Insel liegen Museen, der Vergnügungspark Gröna Lund und einige Gartenrestaurants, Stege mit kleinen Booten, das Freilichtmuseum von Skansen, der Tiergarten und der kleine Stadtteil, der Gamla Djurgärdsstaden genannt wird. Die Gebäude sind alt, aber gut erhalten. Das Schloß, palastartige vornehme Villen und kleine Holzhäuser aus dem 18. Jahrhundert, die von hübschen Gärten umgeben sind. Das übrige Gelände ist mit gepflegten Parkanlagen oder von wildwachsender Natur bedeckt.
    Melander und Rönn bogen auf die Djurgärdsbron ein, während Kollberg und Martin Beck zum Restaurant Djurgärdsbrunn weiterfuhren. Dort standen bereits ein paar Polizeiautos.
    Die Brücke über den Kanal war von Streifenwagen abgeriegelt, und auf der anderen Seite fuhr ein anderer Streifenwagen langsam in Richtung Manilla-Schwerhörigenschule.
    Ein Häuflein Menschen stand am nördlichen Brückenende. Als sich der Wagen mit Martin Beck und Kollberg näherte, löste sich ein alterer Mann aus der Gruppe. Martin Beck hielt an und stieg aus.
    »Sind Sie der Kommissar?« fragte der Mann. Martin Beck nickte.
    »Ich heiße Nyberg«, fuhr der Mann fort. »Ich habe den Mörder entdeckt und die Polizei angerufen.«
    »Wo haben Sie ihn denn entdeckt?« fragte Martin Beck.
    »Unterhalb von Gröndal. Er stand auf der Straße und sah zu dem Haus hinauf. Ich habe ihn sofort nach dem Bild und der Beschreibung in der Zeitung erkannt. Zuerst wußte ich nicht, was ich tun soll, ob ich versuchen sollte, ihn festzuhalten. Doch als ich näher herankam, hörte ich, daß er Selbstgespräche führte. Es klang richtig unheimlich. Da wurde mir klar, wie gefährlich er ist. Deshalb bin ich so ruhig wie möglich hinaufgegangen zum Gasthof, von wo aus ich dann telefoniert habe.«
    »Sie sagten, er führte Selbstgespräche«, warf Kollberg ein. »Konnten Sie verstehen, was er sagte?«
    »Nicht genau. Er drückte sich sehr merkwürdig aus. Er sagte irgendwas, daß er krank sei. Doch, das habe ich deutlich gehört… Aber als ich vom Telefonieren zurückkam, war er Weg. Ich bin dann sofort zur Brücke gegangen und habe Wache gehalten, bis die Polizei kam.«
    Martin Beck und Kollberg gingen zur Brücke hinunter und wechselten einige Worte mit der Streifenwagenbesatzung.
    Der Mann war von mehreren Zeugen im Gebiet zwischen dem Kanal und der Manilla-Schwerhörigenschule gesehen worden. Dieser Nyberg war offenbar der letzte, der ihn zu Gesicht bekommen hatte. Das Gelände wurde bereits durchsucht, und Verstärkung war unterwegs. Da die Absperrung sehr schnell erfolgt war, hatte man allen Grund anzunehmen, daß er sich noch im Bereich von Södra
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